Anita Blake 09 - Herrscherin der Finsternis
übernehmen. Ich danke Ihnen«, sagte er.
»Gern geschehen.« Ich setzte mir die Sonnenbrille auf und folgte Edward auf den Flur. Sowie ich in sein Gesicht sah, wusste ich, dass etwas Schlimmes passiert war. Er zeigte das nicht wie andere Leute, aber ich merkte es ihm an. Da war diese Angespanntheit, die Art, wie er sich hielt, so vorsichtig, als fürchtet, bei einer schnellen Bewegung zu zerbrechen. Ich glaube nicht, dass ich das ohne meinen Vampirblick bemerkt hätte.
»Was ist los?«, fragte ich leise und trat dicht an ihn heran. Irgendetwas sagte mir, dass das nicht für Polizeiohren bestimmt war.
Er nahm mich beim Arm und zog mich ein Stück den Flur entlang, wo wir außer Hörweite der Streifenpolizisten waren. Riker hat die Kinder.« Seine Finger schlossen sich energisch m meinen Arm, aber ich sagte nicht, dass es wehtat. »Er hat Peter und Becca. Er wird sie töten, wenn ich dich nicht zu ihm ringe. Er weiß, dass wir im Krankenhaus sind. Er hat mir eine Stunde Zeit gegeben für die Fahrt, dann fängt er an, sie zu foltern. Wenn ich in zwei Stunden nicht da bin, bringt er sie um. Wenn ich die Polizei mitbringe, bringt er sie um.«
Ich legte ihm eine Hand auf den Arm. Jeden anderen Freund hätte ich jetzt in den Arm genommen.
»Aber Donna ist nichts passiert?«
Er schien zu merken, dass er die Finger in meinen Arm bohrte, und ließ mich los. »Donna hat heute ihren Gruppenabend. Ich weiß nicht, ob der Babysitter noch am Leben ist, aber Donna wird frühestens in zwei oder drei Stunden nach lause kommen. Sie weiß von nichts.« »Dann los«, sagte ich.
Wir drehten uns um und gingen den Flur entlang. Ramirez ief uns hinterher: »Wohin gehen Sie? Ich dachte, Sie wollten dabei sein?« »Persönlicher Notfall«, sagte Edward und ging weiter.
Ich drehte mich im Laufen um und redete gleichzeitig. >Rufen Sie in zwei Stunden bei Ted zu Hause an. Der Anruf wird auf sein Handy weitergeleitet. Dann schließen wir uns der Monsterjagd an.«
» Wieso in zwei Stunden?«, fragte Ramirez.
»Dann ist der Notfall beseitigt«, antwortete ich. Ich musste mich beim Rückwärtsgehen an Edwards Arm festhalten, um nicht zu stolpern. »Bis dahin kann alles vorbei sein«, meinte Ramirez.
»Tut mir leid«, sagte Edward. Er war an der Tür zum nächsten Flurabschnitt. Er zog mich mit, und die Tür schloss sich hinter uns. Er drückte bereits die Handytasten. »Ich lasse Olaf und Bernardo zu der Abzweigung zu Rikers Haus kommen.«
Ich weiß nicht, wen von beiden er am Apparat hatte, aber er gab eine lange Liste von Dingen durch, die sie mitbringen sollten, und zwang sie, sich alles aufzuschreiben. Wir waren aus dem Krankenhaus, hatten den Parkplatz überquert und stiegen in seinen Hummer, als er endlich auflegte.
Edward fuhr, und ich hatte Zeit zum Nachdenken. Keine gute Sache. Ich erinnerte mich an den letzten Mai, wo ein paar üble Kerle Richards Mutter und seinen jüngeren Bruder entführt hatten. Sie schickten uns eine Schachtel mit einer Locke seines Bruders und einem Finger seiner Mutter. Jeder, der sie angefasst hatte, war jetzt tot. Jeder, der ihnen wehgetan hatte, würde nie wieder jemandem wehtun. Mir taten nur zwei Dinge leid: dass ich nicht rechtzeitig da gewesen war, um sie vor der Folter zu bewahren und dass die Kerle nicht genug gelitten hatten, bevor sie starben.
Wenn Riker den Kindern etwas antat ... Ich war mir nicht sicher, ob ich sehen wollte, was Edward mit ihnen machen würde. Ich betete, während wir durch die Dunkelheit fuhren.
»Bitte, Gott, lass ihnen nichts geschehen, mach, dass ihnen nichts passiert.« Riker konnte natürlich gelogen haben. Sie konnten längst tot sein, aber das glaubte ich nicht. Vielleicht weil ich es glauben wollte. Ich dachte an Beccas Sommerkleid und die Fliederblüten in ihren Zöpfen, sah sie lachend in Edwards Arm. Ich sah Peters unwilligen Blick vor mir, wenn seine Mutter und Edward sich umarmten. Ich erinnerte mich, wie er Russell in dem Restaurant entgegengetreten war, als der seine Schwester bedrohte. Er war ein tapferer Junge. Ich versuchte, nicht daran zu denken, was er vielleicht in dieser, Sekunde durchmachte.
Edward war sehr, sehr still. Meine schwarzen Vampiraugen blickten tiefer in ihn hinein, als ich je geblickt hatte. Ich brauchte nicht zu spekulieren, ob ihm die Kinder am Herzen lagen. Das konnte ich sehen. Er liebte sie. So sehr er dazu fähig war. Wenn ihnen jemand etwas antat, würde seine
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