Anita Blake 10 - Ruf des Bluts
Tun als böse«, sagte Marianne. »Es bleibt den Opfern überlassen zu entscheiden, was böse ist und was nicht.«
Jason hob die Hand. »Böse.« Cherry ebenfalls. »Böse.« Nathaniel und Zane und sogar Jamil hoben die Hand. Schließlich auch ich. »Einstimmiger Beschluss.«
Marianne lachte, und es klang, als wäre es überall zu Hause, in der Küche wie im Schlafzimmer. Wie sie es schaffte, gleichzeitig erbaulich und schlüpfrig zu klingen, war mir ein Rätsel. Andererseits gaben mir viele Dinge an ihr Rätsel auf.
»Wir werden zu spät kommen«, drängte Roland. Seine Stimme war tiefer, als ich gedacht hatte, außerdem leise und bedächtig, fast zu alt für seinen Körper. Er wirkte einigermaßen friedlich, doch ich nahm ihn nicht bloß mit den Augen wahr. Man konnte es nicht sehen, aber spüren: Er war ein nervöses Kraftpaket. Seine Energie spielte auf seiner Haut, schwebte durch die Dunkelheit wie eine unsichtbare Wolke, warm und fast greifbar wie Dampf.
»Ich weiß, Roland«, sagte sie. »Ich weiß.« »Wir könnten sie tragen« , schlug Jamil vor. Durch die Bäume ging ein leises Beben. Es griff wie mit unsichtbarer Hand nach meinem Herzen.
»Wir müssen gehen«, sagte Roland. »Wo ist das Problem?«, fragte ich.
Roland sah mich an. Seine Augen waren eine undurchdringliche Dunkelheit. »Du bist das Problem«, antwortete er, und mit seiner tiefen Stimme klang es wie eine Drohung.
Jamil stellte sich zwischen uns, sodass ich von Roland fast nichts mehr sah und er wahrscheinlich nichts mehr von mir.
»Also, Kinder«, sagte Marianne, »vertragt euch bitte.« »Wir werden die ganze Zeremonie verpassen, wenn sie sich nicht beeilen«, warnte Roland noch einmal.
»Wenn du eine echte Lupa wärst, könntest du Kraft aus deinen Wölfen ziehen und ihnen zurückgeben wie eine große Recyclingbatterie.« Das klang, als hätte sie die Lektion schon einmal vorgetragen. Wahrscheinlich braucht jedes Rudel einen Lehrer. Unseres brauchte jedenfalls dringend einen. Mir wurde allmählich klar, dass wir wie Kinder gleichgültiger Eltern waren. Wir waren erwachsen, wussten uns aber nicht zu benehmen.
»Du bist ein so starkes Medium, dass du es vielleicht trotzdem bewerkstelligen kannst«, sagte Marianne. »Ich glaube nicht, dass ein Totenbeschwörer dasselbe ist wie ein Medium«, meinte Jamil.
Marianne zuckte die Achseln. »Das ist sich alles viel ähnlicher, als die Leute wahrhaben wollen. Viele religiöse Gruppierungen akzeptieren mediale Fähigkeiten, aber keine Magie. Nennt es, wie ihr wollt, entweder sie tut es jetzt, oder wir rufen ein paar Wölfe her, die sich euch über die Schulter werfen.«
Das Problem war, dass ich nur zwei Methoden kannte, um Macht zu beschwören: mit einem Ritual oder mit Sex. Das mit dem Sex hatte ich vor ein paar Monaten entdeckt. Es ging nicht immer, und ich musste mich zu der beteiligten Person hingezogen fühlen, aber manchmal funktionierte es. Ich wollte vor Fremden allerdings nicht zugeben, dass sexuelle Energie eines meiner Mittel war, um Magie zu entfalten. Obwohl dabei kein wirklicher Sex stattfand, war es mir peinlich. Außerdem wäre das, als würde ich für Rainas Munin den roten Teppich ausrollen.
Wie sollte ich das Marianne erklären, ohne wie eine Nutte dazustehen? Mir fiel nichts ein, wie sich das vermeiden ließe und darum sagte ich nichts.
»Gehen Sie ohne uns weiter, Marianne. Wir kommen alleine nach. Vielen Dank jedenfalls.« Sie stampfte mit dem Fuß auf, dass ihr Saum wehte. »Warum bist du so widerspenstig, Anita?«
Ich schüttelte den Kopf. »Wir können morgen magische li Zusammenhänge diskutieren. Jetzt nehmen Sie Ihren Wolf und gehen einfach voraus. Wir kommen langsam, aber sicher nach.« »Gehen wir«, sagte Roland.
Marianne sah ihn an, dann wieder mich. »Mir wurde befohlen festzustellen, ob du eine Gefahr für uns bist, und das bist du nicht. Aber ich lasse dich nicht gern hier draußen zurück. Ihr drei seid geschwächt.« , »Wir kommen zurecht«, sagte ich.
Sie neigte den Kopf zur Seite, dass die Haare wie ein weißer Schleier über das halbe Gesicht fielen. »Willst du irgendetwas Magisches tun, das ich nicht sehen soll?«
»Vielleicht«, antwortete ich. Das war gelogen. Auf keinen Fall würde ich Jason oder Cherry noch einmal freiwillig anfassen, nicht heute Nacht. Doch wenn Marianne glaubte, wir wollten nur unter uns dreien irgendetwas Mystisches tun, würde sie vielleicht
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