Anita Blake 10 - Ruf des Bluts
kamen, um zu sehen, was wir gefangen haben, und wenn es zu groß zum Fressen wäre, wollten wir es abschneiden und nicht mitnehmen. «
»Der Spinnenmetapher konnte ich zwei Sätze lang folgen, dann nicht mehr«, sagte ich.
»Das Lupanar ist der Ort unserer Macht, Anita. Ich musste erspüren, was du bist, bevor du ihn noch einmal betrittst.«~ Endlich war die Belustigung aus ihrem Ton verschwunden. Sie war plötzlich ganz ernst. »Ich denke dabei nicht nur an unserem Schutz, sondern auch an deinen, Kind. Überlege, Kind, was würde mit dir passieren, wenn die Munin an diesem Ort dich, einer nach dem anderen überfallen? Ich muss mich vergewissern, dass du sie wenigstens so weit beherrschen kannst.«
Allein das zu hören zog mir den Magen zusammen. »Also gut.« Ich hielt ihr eine Hand hin, aber die linke. Wenn ihr das nicht passte, sollte sie es bleiben lassen.
»Die linke anzubieten ist eine Beleidigung«, sagte sie. »Das ist Ihr Problem, Vargamor. Wir haben nicht die ganze Nacht Zeit.«
»Das ist wahrer, als du glaubst, Kleine.« Sie hielt die Hand über meine, ohne sie zu berühren, und spreizte die Finger. Ich tat es ihr nach. Sie versuchte, meine Aura zu erspüren. Das konnte ich auch.
Als ich die Hände vor die Brust hob, tat sie es ebenfalls. So standen wir voreinander ohne jede Berührung. Sie war gut eins siebzig groß, und ich glaubte nicht, dass da hohe Absätze unter dem Kleid waren.
Ihre Aura war warm, und sie hatte eine Schwere, als hätte ich sie in die Hand nehmen können wie einen Teig. So jemand war mir noch nicht begegnet, doch es bestätigte meinen ersten Eindruck. Festigkeit.
Plötzlich griff sie nach meiner Hand und schloss die Finger darum. Sie stieß meine Aura zurück in mich hinein wie ein Messer. Ich schnappte nach Luft, aber mir war sofort klar, was passierte. Ich stieß sie zurück, dass sie schwankte.
Sie lächelte, aber nicht mehr herablassend. Fast wirkte sie erfreut. Meine Nackenhaare versuchten, mir den Rücken runterzukriechen.
»Machtvoll«, sagte sie, »stark.« »Sie auch.« Ich quetschte es an dem Kloß im Hals vorbei. »Danke.«
Ihre Kräfte brausten über mich, durch mich hindurch wie ein Windstoß. Ich wich so plötzlich zurück, dass wir beide taumelten.
Wir standen nur einen Schritt voneinander entfernt und atmeten schwer wie nach einem Dauerlauf. Das Herz klopfte mir im Hals wie ein gefangenes Tier, und ich spürte ihren Puls auf meiner Zunge. Nein, ich hörte ihn. Ich hörte ihn wie eine kleine tickende Uhr. Und es war gar nicht ihr Puls. Ich roch Richards Rasierwasser, es hüllte mich ein wie eine Wolke. Wenn das Band unserer Zeichen wirkte, war es oft ein Geruch, der mir das verriet. Ich wusste nicht, was das hervorgerufen hatte. Vielleicht die Kräfte der anderen Lykanthropen oder die Nähe der Vollmondnacht. Wer konnte das schon wissen? Irgendetwas hatte mich ihm jedenfalls geöffnet. Ich lenkte mehr auf mich als nur den angenehmen Duft seines Körpers.
»Was war das für ein Geräusch?«, fragte ich. »Beschreibe es«, sagte Marianne. »Ein leises, fast mechanisches Klicken.« »Ich habe eine künstliche Herzklappe«, antwortete sie. »Das kann es nicht sein« , widersprach ich.
»Warum nicht? Wenn ich mich beim Schminken zum Spiegel beuge, höre ich es durch den offenen Mund.« »Aber jetzt höre ich es nicht mehr«, sagte ich. »Doch«, meinte sie.
Ich schüttelte den Kopf. Ich verlor den Kontakt zu ihr, sie' entzog sich mir, richtete Schutzschilde auf. Ich machte ihr keinen Vorwurf, denn einen Augenblick lang hatte ich ihr schleppendes Herz gefühlt, und das Geräusch hatte in mir kein Mitgefühl geweckt.
Es hatte mich erregt. Es weckte Dinge in mir. Fast war es ein I, erotisches Gefühl. Sie wäre langsam, ein leichtes Opfer. Ich I blickte diese große, selbstbewusste Frau an, und für den Bruchteil einer Sekunde sah ich nur Futter.
Scheiße.
25
Wir folgten Marianne und Roland durch die dunklen Bäume. Ich wäre mit dem blöden Kleid an jedem Ast hängen geblieben. Marianne schwebte durch den Wald, als machten die Äste ihr und dem Kleid persönlich Platz. Roland ging an ihrem Arm und glitt dahin wie Wasser in einem glatten Bachbett. Jamil, Nathaniel und Zane bewegten sich ebenfalls anmutig. Wir anderen hatten unsere Schwierigkeiten.
Meine Entschuldigung war meine menschliche Abstammung. Welche Jason und Cherry hatten, wusste ich nicht. Ich wollte auf einen
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