Anita Blake 10 - Ruf des Bluts
liege?« Das Grinsen und die Hüftbewegung sollten mich von seinem sehr ernsten Augenausdruck ablenken.
»Geh runter von mir, Jason.« »Nein.« Er stützte sich auf die Arme, drückte sich an mich und tat, als wolle er mich küssen. »Sie sind fast da.,<
Ich zog mit jeder Hand ein Messer. Er flüsterte in meinen Mund. »Denk dran, wir sollen hilflos wirken. Köder sind nicht bewaffnet.«
Ich spürte die Weichheit seiner Wange, roch sein Rasierwasser, spähte an dem hellen Ton seines Haars vorbei. »Das heißt, wir verlassen uns darauf, dass die anderen uns retten?«
Er leckte mir übers Kinn, dann über den Mund. Das war die unterwürfige Begrüßungsart. Ich begriff, dass er mich bat, nachzugeben. Seine Zunge war sehr nass und sehr warm. »Lass die Leckerei, und ich werde es tun«, sagte ich.
Er lachte, aber ein kleines bisschen schrill. Ich konnte die Messer nicht wieder wegstecken, solange er so auf mir lag, darum legte ich sie neben mich ins Laub. Ich ließ die Hände darauf liegen und versuchte, entspannt und harmlos zu wirken. Mit Jason auf mir, der meinen Hals küsste, war es nicht schwer, hilflos zu erscheinen. Nur das mit dem Entspannen klappte nicht.
Jetzt hörte ich sie auch, wie sie über das trockne Laub schlichen. Sie waren wirklich leise. Hätte ich nicht gelauscht, hätte ich vielleicht geglaubt, es sei der Wind oder ein Tier im Unterholz. Aber das war es nicht. Es waren Männer, die heimlich durch den Wald pirschten. Auf der Jagd. Sie jagten Jason und mich.
Ich sah den ersten um den Baum herumkommen und schaffte es nicht, ihm Überraschung vorzuspielen. Ich sah ihn nur an, während Jason auf mir lag und mich am Hals küsste.
Der Kerl hatte gestern schon groß gewirkt. Jetzt, wo ich flach auf dem Rücken lag, kam er mir vor wie ein Baum auf zwei Beinen. Sein Gewehr war lang und schwarz und feindselig. Er hatte es noch nicht auf uns gerichtet, sondern hielt es in der Armbeuge. Ein breites Lächeln teilte sein blasses Gesicht.
Ich hörte den zweiten Mann, bevor er Jason mit dem Doppellauf einer Schrotflinte an die Schulter tippte. Als ich die Flinte sah, wusste ich, dass sie gekommen waren, um uns zu töten. Wenn man die Leute nur erschrecken will, kommt man nicht mit einer Schrotflinte. Im Allgemeinen zumindest.
Wenn er Silbermunition hatte, würde er uns auf die Entfernung beide töten können. Ich hatte noch keine Angst, ich war sauer. Wo blieb unsere Verstärkung?
Jason hob langsam den Kopf. Der Gewehrlauf tippte ihm an die Wange. »Viele Grüße von meinem Bruder Mel«
Ich sah an der Flinte vorbei. Der Besitzer trug ein schwarzes T-Shirt mit dem Harley-Logo darauf. Der Bauch hing ihm über den Gürtel. Es gab eine gewisse Familienähnlichkeit. Ich sagte sehr ruhig, in vorsichtigem, aber nicht verängstigtem Ton: »Was wollen Sie?« Mels Bruder lachte. Der andere fiel darin ein.
Sie standen mit ihren Gewehren über uns und lachten. Kein gutes Zeichen. Wo blieb Jamil? »Steig ganz langsam von ihr runter«, verlangte der Freund von Mels Bruder, das Gewehr an der Schulter, den Lauf am Kinn, als wüsste er, was er tat.
Jason beugte sich über mich, bis ich so weit unter ihm verschwunden war, wie es ging. Da er klein war, konnte er mich nicht komplett abschirmen. »Geh runter«, befahl ich ihm.
»Nein«, sagte er. Er hatte die Schrotflinte ebenfalls gesehen und musste wissen, was das bedeutete. Ich hatte nicht vor, ihn den Heldentod sterben zu lassen. Ich würde ihn ganz gewiss nicht sterben lassen, indem jemand sein Gehirn über mich verspritzte. Von manchen Erlebnissen kann man sich erholen, von anderen nicht. Mir Jasons Gehirn aus dem Gesicht zu wischen gehörte wahrscheinlich zu letzteren.
Ich ließ das rechte Messer los, das mit der Klinge unter Laub lag, und musste mich schwer zusammenreißen, das linke nicht fester zu packen. Ich gab mir alle Mühe, die Hände vollkommen ruhig zu halten. Vielleicht würden sie die Messer wegen der Dunkelheit nicht bemerken. Bisher waren sie noch nicht aufgefallen.
»Steig von ihr runter«, wiederholte der Mann, »oder ich erschieße euch beide auf der Stelle.« »Los, Jason«, sagte ich beschwörend.
Er richtete sich so weit auf, dass wir uns in die Augen sehen konnten. Ich blickte nach rechts auf den Gewehrträger, dann legte ich die Hand an die Brust und blickte auf Mels Bruder, um Jason zu bedeuten, dass das Gewehr sein Problem, die Schrotflinte meines sein
Weitere Kostenlose Bücher