Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Anita Blake 10 - Ruf des Bluts

Anita Blake 10 - Ruf des Bluts

Titel: Anita Blake 10 - Ruf des Bluts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
Vom Netzwerk:
sollte. Hoffentlich begriff er das. Entweder tat er es, oder er hatte seinen eigenen Plan, jedenfalls richtete er sich ganz langsam auf und kniete sich hin. Ich setzte mich auf, nicht zu langsam, nicht zu schnell. Die linke Hand ließ ich am Boden, das Messer nun fest im Griff.
     
    »Hände an den Hinterkopf«, befahl der Gewehrschütze. Jason widersprach nicht. Er verschränkte die Hände hinter dem Kopf, als wäre er daran gewöhnt.
     
    Mir befahl niemand, die Hände hochzunehmen, also tat ich es nicht. Mit etwas Glück würden sie mich als Frau behandeln. Der Gewehrschütze war bewusstlos gewesen, als ich Mel kampfunfähig schlug. Der mit der Flinte war gar nicht dabei gewesen. Was hatte Mel ihnen erzählt?
     
    »Kennst du mich noch, du Arschloch?«, höhnte der mit dem Gewehr. »Meint er dich oder mich?«, fragte ich. Ich schob mich ein bisschen näher an den Kerl mit der Schrotflinte. »Werd bloß nicht frech, Kindchen«, antwortete der Gewehrschütze. »Wir sind wegen euch beiden hier, aber als Erstes will ich ein Stück von dem da.«
     
    Jason schoss mir einen Blick zu. »Du musst ein bisschen an Charme verloren haben, Anita. Er will ein Stück von mir und nicht von dir.«
     
    Das Gewehr zielte fest auf Jasons Brust. Wenn der Kerl Silber geladen hatte, war es aus mit Jason. Der Gewehrschütze sagte: »Chuck.« Darauf packte Chuck meinen linken Arm. Ich ließ das Messer los, bevor meine Hand aus dem Laub auftauchte. Der Gewehrlauf war zu entschlossen auf Jason gerichtet, als dass ich versuchen konnte, Chuck zu erstechen. Mit etwas Glück ergäbe sich eine zweite Chance. Wenn nicht, würde ich wiederkommen und Jamil als Geist verfolgen.
     
    Chucks Hände waren groß und fleischig. Dicke Finger drückten sich so fest in meinen Arm, dass ich mit Blutergüssen rechnete. »Wenn du nicht genau tust, was ich dir sage, ist deine Freundin erledigt.«
     
    Ich wollte fragen, wer ihnen die Dialoge schreibt, aber ich tat es nicht. Der Flintenlauf war einen Fingerbreit von meiner Wange entfernt. Ich konnte das Öl riechen. Die Flinte war kürzlich gereinigt worden. Schön zu wissen, dass der gute Chuck seine Waffen pflegte.
     
    Der Gewehrschütze tat zwei Dinge gleichzeitig: Er machte einen Schritt und ließ das Gewehr herumschnellen. Der Kolben krachte gegen Jasons Kinn. Jason schwankte, fiel aber nicht.
     
    Der nächste Schlag folgte und traf ihn am Wangenknochen. Aus einer schwarzen Linie schoss Blut hervor.
     
    Ich musste mich bewegt haben, denn die Flinte war plötzlich gegen meine Wange gedrückt. »Tu das nicht, Schlampe.« Ich schluckte und sagte sehr vorsichtig mit dem kalten Metall an der Haut: »Was nicht?«
     
    »Egal was«, antwortete er, riss zur Betonung an meinem Arm und presste mir den Lauf noch stärker in die Wange.
     
    Der Gewehrschütze sagte: »Der Arzt meint, du hättest mir die Wirbelsäule brechen können. Er meint, ich hätte Glück gehabt. Ich werde dich zu Brei schlagen, dann werde ich dich umbringen. Wenn du es nimmst wie ein Mann, lass ich die Kleine laufen. Wenn du wimmerst, geht ihr beide drauf.« Er schlug Jason den Kolben in den Mund. Das Blut glänzte im Mondschein. Jetzt wurde es ernst.
     
    Ich hatte erlebt, wie Leute auf der Judomatte verletzt wurden. Das war bei Kampfsport-Turnieren gewesen. Ich war schon ein paarmal von irgendwelchen Schurken bewusstlos geschlagen worden. Aber ich hatte noch nie mit ansehen müssen, wie jemand zu Brei geschlagen wurde. Er machte es methodisch, gründlich, professionell.
     
    Jason tat nichts, um sich zu schützen. Er gab keinen Laut von sich. Er kniete nur im Laub und steckte ein. Sein Gesicht war blutüberströmt. Seine Lider flatterten, und ich wusste, er stand kurz vor einer Ohnmacht. Ich musste etwas tun, bevor er das Bewusstsein verlor.
     
    Die ganze Zeit über hielt Chuck den Lauf gegen meine Wange gedrückt. Er schwankte kein einziges Mal, ließ mir keine Chance, irgendetwas zu unternehmen. Allmählich kam ich zu dem Schluss, dass er kein Amateur war. Ich rechnete nicht mehr mit Jamil oder sonst wem. Da waren nur wir vier in dem dunklen Wald und die Schläge des Gewehrkolbens, die schnaufende Anstrengung des Schützen, der Jason zum Schreien bringen wollte.
     
    Schließlich kippte Jason langsam zur Seite. Er versuchte, die Hände oben zu lassen, schaffte es aber nicht. Er stützte sich ab. Ein leichtes Zittern durchlief seinen Oberkörper. Er kämpfte um aufrechte Haltung.
     
    »Bitte mich, aufzuhören«, sagte der Gewehrschütze.

Weitere Kostenlose Bücher