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Anita Blake 10 - Ruf des Bluts

Anita Blake 10 - Ruf des Bluts

Titel: Anita Blake 10 - Ruf des Bluts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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es hungrig ist, jedes Umziehen, wenn es nass ist, jedes Trösten, wenn es Angst hat - diese täglichen Vertraulichkeiten schmieden ein Band zwischen euch. Wahre Elternschaft bildet sich über Jahrelange gegenseitige Abhängigkeit. Das Band zwischen den Rudelmitgliedern bildet sich auf sehr ähnliche Weise.«
     
    Ich sah zum Bett hinüber. Nathaniel lag noch genauso da wie eben. Ich wandte mich wieder Marianne zu. »Wäre er ein Neugeborenes, hätte ich nichts gegen seine Nacktheit. Ich hätte vielleicht Angst, ihn fallen zu lassen, aber ich wäre nicht peinlich berührt.«
     
    »Genau das meine ich«, sagte sie. Sie hielt mir die Bürste hin. »Wenn du den Munin beherrschen würdest, könntest du seine Verletzungen heilen. Du könntest ihm die Schmerzen nehmen.«
     
    »Du willst jetzt aber nicht, dass ich Raina absichtlich rufe?«
     
    »Nein, Anita. Das ist die erste Lektion, nicht die Abschlussprüfung. Heute sollst du nur versuchen, mit fremder Nacktheit besser zurechtzukommen. Ich glaube, wenn du dich gegen zwanglose sexuelle Situationen unempfindlich machst, wird Raina weniger Macht über dich haben. Du fliehst vor solchen Situationen, und damit schaffst du einen leeren Platz, den du freiwillig nicht einnehmen möchtest, den Raina aber sogleich einnimmt und dich dann zwingt, viel weiter zu gehen, als du selbst willst.«
     
    »Und was soll es nützen, wenn ich Nathaniel die Haare bürste?«
     
    Sie verschränkte die Arme. »Es ist eine kleine Sache, Anita. Es beruhigt ihn, bis der Doktor kommt. Patrick wird ihm eine örtliche Betäubungsspritze geben, aber bis er mit dem Nähen fertig ist, wird die Betäubung längst weg sein. Gestaltwandler haben einen zu schnellen Stoffwechsel, als dass Schmerzmittel lange wirken, und mehr zu verabreichen wäre riskant. Bei einem mit so schwacher Machtaura wie Nathaniel könnte es tödlich sein.«
     
    Ich blickte in ihre ruhigen, ernsten Augen. »Du meinst, er wird ohne Betäubungsmittel genäht?« Sie sah mich schweigend an. »Und das ist meine Schuld, weil ich ihn heilen könnte, wenn ich Gewalt über den Munin hätte.«
     
    Marianne schüttelte den Kopf. »Das ist nicht deine Schuld, Anita, noch nicht. Aber der Munin ist ein Werkzeug wie deine Pistolen oder deine Totenbeschwörungen. Wenn man einmal gelernt hat, sie zu beherrschen, kann man wundervolle Dinge damit tun. Du musst die Fähigkeit, den Munin zu rufen, als Geschenk ansehen, nicht als Fluch.«
     
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich glaube, du hast die Lektion für heute schon überschritten, Marianne.«
     
    Sie schmunzelte. »Möglich. Nimm die Bürste, und tu diese Kleinigkeit. Nicht für mich, nicht für Nathaniel, sondern für dich. Überwinde dich, seiner Nacktheit nicht auszuweichen. Gib Raina weniger Raum in deinem Herzen.«
     
    »Und wenn ich nicht umhinkomme, verlegen zu werden oder an Sexuelles zu denken, und Raina kommt und will mich fressen, was dann?«
     
    Mariannes Lächeln wurde breiter. »Dann werde ich dir helfen, Kind. Wir alle werden dir helfen. Dazu ist ein Rudel da.« »Nathaniel gehört so wenig zu den Lukoi wie ich«, wandte ich ein.
     
    »Ob Wolf oder Leopard, das spielt keine Rolle, Anita. Du bist Königin in beiden Schlössern. Wenn du dich mit den einen wohl fühlst, nützt dir das auch bei den anderen.«
     
    Sie zog tatsächlich meine Hand unter meinen verschränkten Armen hervor, drückte mir die Bürste hinein und schloss die Finger um den Griff. »Bleib bei ihm, Kind, Warte auf deinen Anruf. Geh nur an dieses Telefon. Die Nummer wird nur vom Rudel gewählt. Du darfst auf keinen Fall an mein anderes Telefon gehen, weil du offiziell gar nicht mehr hier bist. Geh auch nicht an die Tür, wenn jemand kommt.«
     
    »Das klingt, als würdest du weggehen«, sagte ich. »Du musst lernen, dich in Gegenwart deiner Leute wohlzufühlen, Anita. Und zwar ohne dass ich dir über die Schulter sehe.«
     
    Sie zog mich am Arm zum Bett, wollte mich zum Hinsetzen bewegen, aber ich sperrte mich dagegen. Wenn sie mich nicht gewaltsam aufs Bett drücken wollte, musste sie mich stehen lassen.
     
    Sie schnalzte mit der Zunge. »Dann bleib stehen, und tue nichts, wenn du willst. Es ist deine Entscheidung, Kind, aber bleibe wenigstens hier.« Sie ging hinaus.
     
    Da stand ich wie ein Kind am ersten Schultag, das nicht allein gelassen werden wollte. Die Bürste hielt ich in der Hand. Sie wirkte antik wie alles in dem Zimmer. Sie war aus Holz, aber weiß lackiert. Der Lack hatte ein Netz von

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