Anita Blake 10 - Ruf des Bluts
Hauswand, während sie auf der kleinen Hintertreppe stand und zu mir herabsah.
Die Firestar drückte mir ins Kreuz. Ich zog sie raus und steckte sie mir vorn in den Bund. War mir egal, wenn sie jemand sah. »Du hast Verne gesehen«, sagte ich. Sie sah mich an, die grauen Augen gleichmütig und undurchschaubar. »Ich habe gesehen, was du mit seinem Hals gemacht hast, falls du das meinst.«
»Ja, das meine ich.«
»Dein Abdruck an seinem Hals zeigt uns allen zwei Dinge: Du hältst dich ihm gegenüber für gleichrangig - kein geringer Anspruch-, und du bist nicht zufrieden mit seiner Gastfreundschaft. Stimmt das?«
Ich überlegte einen Moment, dann sagte ich: »Ich erkenne niemanden als überlegen an. Sie können mich zu Brei schlagen oder mich töten, aber sie sind nicht besser als ich. Stärker heißt nicht besser oder überlegen.« »Da mögen dir manche zustimmen, Anita, aber ich nicht.«
»Und es stimmt: Ich bin nicht zufrieden mit seiner Gastfreundschaft. Ich habe für euch fast alle von Colins Vampiren vernichtet. Verne hat sich mordsmäßig gefreut, aber meine Pistolen hat er trotzdem nicht geduldet. Wenn ich die gestern Abend gehabt hätte, wäre der Überfall im Wald anders verlaufen.«
»Verne hat das bedauert, sonst hätte er dir nicht den Hals dargeboten.«
»Prima, schön, aber ich hatte nicht die Absicht, ihn zu beißen. Ich wollte das gar nicht. Verstehst du, Marianne? Ich habe es nicht mit Absicht getan. Genau wie gestern Nacht mit dem Munin hatte ich heute Morgen keine Kontrolle über mich. Der Geruch von Blut und warmer Haut hat mich überwältigt. Es war ... gruselig.«
Sie lachte. »Gruselig? Ein besseres Wort fällt dir nicht ein, Anita? Gruselig. Du bist der Scharfrichter und eine Macht, die man fürchtet, aber du bist noch so ... Jung.«
Ich sah zu ihr hoch. »Du meinst naiv.«
»Nicht im üblichen Sinne. Ich bin sicher, du hast mehr Blut und Tod gesehen als ich. Diese ganze Gewalt befleckt deine Macht. Du verfolgst sie und ziehst sie zugleich an. Dennoch hast du etwas an dir, eine Frische und ewige Kindlichkeit. Egal, wie sehr du abstumpfst, es wird immer einen Teil in dir geben, der lieber >du meine Güte< sagt als >gottverdammt<.«
Innerlich zappelte ich unter ihrem durchdringenden Blick und wäre am liebsten davongerannt. »Ich verliere die Kontrolle über mein Leben, Marianne, und Kontrolle ist für mich sehr wichtig.«
»Ich würde sogar sagen, sie ist für dich das Wichtigste.«
Ich nickte, und meine Haare verfingen sich in den Rissen der abblätternden Wandfarbe. Ich stieß mich von der Wand ab und stellte mich vor die Treppe. »Wie kann ich sie wiedererlangen? Du scheinst dich damit gründlich auszukennen.«
Sie lachte wieder mit diesem Schlafzimmerklang. »So sehr nun auch nicht, aber für deine Probleme reicht es vielleicht. Ich weiß, dass der Munin wieder über dich herfallen wird. Vielleicht wenn du es am wenigsten erwartest oder wenn du deine Selbstbeherrschung am dringendsten brauchst. Er könnte dich überwältigen und Leute das Leben kosten, die dir lieb sind. Alles was Richard davor bewahrte, töten zu müssen, damit er zu dir gelangen konnte, war Vernes Fürsprache.«
»Raina hätte ihren Spaß, wenn sie einen von uns ins Grab reißen könnte.«
»Ich habe ihre Vernichtungsfreude gespürt. Du wirst von der Gewalt angezogen, aber nur wenn es einem größeren Zweck dient. Gewalt ist ein Werkzeug, das du zu nutzen weißt. Eure alte Lupa wurde von der Gewalt um der Zerstörung willen angezogen. Zerstörung war ihre Absicht. Es ist eine ziemliche Ironie, dass sie bei all dem eine Heilerin war.«
»Das Leben steckt voller Ironie«, sagte ich und gab mir keine Mühe, nicht sarkastisch zu klingen.
»Du hast die Möglichkeit, Rainas Munin, ihr Wesen, in etwas Positives zu verwandeln. in gewisser Weise kannst du ihren Geist vielleicht unterstützen, während er einen Teil seines Karmas abarbeitet.«
Ich sah sie stirnrunzelnd an.
Sie machte eine entschuldigende Handbewegung. »Ich werde die Philosophie auf ein Minimum reduzieren. Ich glaube, ich kann dir helfen, den Munin zu rufen und zu zähmen. Zusammen können wir all die Kräfte nutzbar machen, die dir jetzt angeboten werden. Ich kann dich lehren, nicht nur die Munin zu beherrschen, sondern auch deinen Meistervampir und sogar deinen Ulfric. Du bist ihr Schlüssel, Anita, ihre Brücke. Ihre Gefühle für dich sind Teil der Bindung, die
Weitere Kostenlose Bücher