Anita Blake 10 - Ruf des Bluts
tut mir leid, Anita.« »Mir auch, Richard.« Er lächelte ein wenig. »Keine Magie, Anita, ich will nur deine Hand halten.« Ich schüttelte den Kopf. »Nein, Richard.« »Angst?«, fragte er.
Ich sah auf. »Wenn wir die Zeichen beschwören müssen, können wir uns anfassen, aber nicht hier, nicht jetzt.«
Er hob den Arm, um meine Wange zu berühren, und ich hörte die Seide reißen. Er schob drei Finger in den Riss. »Das ist das dritte Mal, dass mir das passiert.« Er spreizte den Saum am anderen Arm und schob die ganze Hand hinein. Er drehte sich um und zeigte mir seinen Rücken. Die Nähte an den Schultern waren auf beiden Seiten aufgerissen und klafften wie Münder.
Ich kicherte, und das tat ich selten. »Du siehst aus wie der Hulk.«
Er beugte die Arme und Schultern wie ein Bodybuilder und mimte konzentrierten Ernst. Ich musste lachen. Das Hemd riss mit einem nassen Geräusch. Seide reißt fast wie Haut. Nur Leder hört sich noch lebendiger an.
Seine Haut schimmerte hell durch den schwarzen Stoff, der immer weiter riss, als wäre ein unsichtbares Messer am Werk. Er richtete sich wieder auf. Ein Ärmel war fast abgetrennt, und die Nähte an der Schulterpasse glichen einem doppelten Lächeln.
»Ich spüre einen Luftzug«, sagte er und drehte sich um. Das Hemd hing in Fetzen herab. »Das kannst du wegwerfen«, sagte ich. »Zuviel Gewichtheben, seit an mir für das Hemd Maß genommen wurde.« »Du stehst knapp davor, zu muskulös zu sein«, sagte ich.
»Kann man überhaupt zu muskulös sein?« »Ja, allerdings.« »Das magst du nicht?«, fragte er.
Er griff mit beiden Händen in den Hemdstoff und zog. Die Seide riss mit leisem Protest. Er warf mir die Fetzen zu. Ich fing sie reflexhaft auf.
Er packte den Rest an den Schultern und zog ihn sich über den Kopf, sodass er jeden Zentimeter Brust und Schultern entblößte. Er reckte die Arme hoch, und seine Muskeln formten sich unter der Haut vom Bauch bis zum Hals.
Ich sperrte nicht nur den Mund auf, ich hielt die Luft an und vergaß ein paar Sekunden lang das Atmen, sodass, als es mir wieder einfiel, ein zittriges Keuchen herauskam. So viel zu meiner nüchternen Kultiviertheit.
Er ließ die Arme sinken. Von dem Hemd waren nur noch die Ärmel übrig. Er zog sie über die Hände wie eine Stripperin ihre langen Handschuhe und ließ sie fallen. Von der Taille an nackt, sah er mich an.
»Soll ich jetzt sagen: Mr Zeeman, Mr Zeeman, warum hast du so breite Schultern? Ich weiß, dass du einen prachtvollen Körper hast, Richard. Du brauchst mich nicht mit der Nase darauf zu stoßen.«
Er kam so dicht an mich heran, dass schon ein heftiger Gedanke für Berührung gesorgt hätte. »Gute Idee«, sagte er. Ich sah ihn stirnrunzelnd an, ich konnte nicht ganz folgen. »Was ist eine gute Idee?« »Deine Nase an meinem Körper«, antwortete er ganz leise.
Ich wurde rot und hoffte, es möge in der Dunkelheit nicht zu sehen sein. »Das sagt man nur so, Richard. Du weißt, dass das nicht wörtlich gemeint war.« »Ich weiß. Trotzdem eine gute Idee.«
Ich trat einen Schritt zurück. »Geh weg, Richard.« »Du kennst den Weg nicht zum Lupanar«, sagte er. »Ich werde es auch ohne dich finden. Vielen Dank.«
Er wollte mir über die Wange streichen, aber ich wich aus und stolperte fast. Er schoss mir ein kleines Lächeln zu und war auf und davon. Ich konnte die Wucht seiner Kräfte spüren wie Wind in einem Segel. Er lenkte die Kräfte des Waldes, der Nacht, des Mondes über uns, und wenn ich gewollt hätte, würde ich das jetzt mit ihm gemeinsam tun. Ich stand da, schlang die Arme um mich und konzentrierte mich restlos, um ihn aus mir zu vertreiben, die Macht zwischen uns zu kappen.
Als ich mich wieder allein in meiner Haut fühlte, machte ich die Augen auf. Jason stand so dicht vor mir, dass ich zusammenfuhr. Sofort wurde mir klar, wie unvorsichtig ich gewesen war.
»Verdammt, Jason, du hast mich erschreckt.« »Entschuldigung. Ich dachte, jemand sollte hierbleiben und aufpassen, dass dich kein Vampir wegschnappt.« »Danke. Im Ernst.«
»Alles in Ordnung?«, fragte er. Ich schüttelte den Kopf. »Mir geht's gut.« Er grinste, und das Mondlicht reichte, um die Belustigung in seinen Augen zu sehen. »Er wird allmählich besser«, meinte er.
»Wobei?«, fragte ich. »Als Ulfric?« »Beim Verführen«, sagte Jason. Ich starrte ihn an. »Du weißt doch, dass ich eifersüchtig darauf war, wie du
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