Anita Blake 10 - Ruf des Bluts
die zerzausten Haare. Sie waren glatt und fein genug, dass sie sich auf diese Weise glätten ließen. Er stand da und schaute.
Schließlich stand ich auf und wickelte die Decke um mich. Ich trug mein übergroßes T-Shirt, das mir bis auf die Oberschenkel reichte. Keine Einheitsgröße, aber trotzdem mein Nachthemd, und ich wollte etwas zwischen mir und den anderen haben. Im Grunde bin ich prüde. Ich stellte mich neben Jason, von den Schultern bis zu den Knöcheln eingehüllt. Nicht, weil ich Jason nicht traute. Es waren die anderen, weshalb mir unbehaglich war.
Cherry lag auf dem Rücken, die Decke um die Knie geschlungen. Sie hatte einen roten Slip an, der hauteng saß. Ihre Hüfte war lang und sorgte zusammen mit den langen Beinen für mehr Körpergröße. Ihre Brüste waren klein und fest. Sie seufzte und drehte sich auf die Schulter, sodass die Brüste sich bewegten und der Matratze näher kamen. Die Brustwarzen richteten sich auf, als träumte sie etwas Aufregendes. Oder vielleicht war ihr bloß kalt.
Ich sah Jason von der Seite an. Er starrte sie an, als wollte er sich jede Kurve und jede Bewegung ihrer Brüste einprägen. Sein Blick war weich. War mehr als Lust im Spiel? Vielleicht war es auch der Blick, mit dem man etwas Schönes bestaunt, das man bewundern, aber nicht anfassen darf?
Die anderen boten keinen so tollen Anblick. Nathaniel lag zusammengerollt mit dem Kopf an Cherrys Taille. Er war so fest eingewickelt, dass man nur noch seinen Scheitel sah. Er wimmerte im Schlaf, und Cherrys Hand fasste nach seinem Kopf, den anderen Arm reckte sie über ihren Kopf, alles ohne aufzuwachen.
Zane hatte sich von hinten an Nathaniel geschmiegt. Aber die Decke war ihm weggerutscht und enthüllte seinen blauen Slip. Der sah verdächtig danach aus, als stammte er aus Cherrys Besitz. Vielleicht eine Leihgabe für nachts.
Jason hatte nur Augen für Cherrys schlanke Gestalt. Ich wunderte mich wirklich, dass sie seinen Blick nicht auf sich spürte.
Ich hielt meinen Quilt mit einer Hand fest, tippte Jason an und winkte ihn mit dem Finger in die andere Zimmerecke, so weit wie möglich vom Bett entfernt.
Ich lehnte mich neben dem Fenster an die Wand. Jason lehnte sich neben mich, seine Schulter streifte meine Decke. Ich protestierte nicht, denn wir flüsterten miteinander. Außerdem wäre es ermüdend, wenn ich mich über jedes bisschen, das Jason tat, beschweren wollte. Es war keine wirklich persönliche Berührung. Er versuchte sein Glück bei jeder.
»Hast du während der letzten Wache jemanden bemerkt?«
Er schüttelte den Kopf und beugte sich so dicht heran, dass ich seinen Atem an meiner Wange spürte. »Sie haben jetzt Angst vor dir.« »Angst vor mir?« Ich sah ihn an und musste den Kopf ein wenig in den Nacken legen, um ihm in die Augen sehen zu können.
Sein Gesicht war ganz ernst. »Sei nicht so bescheiden, Anita. Was du vorige Nacht getan hast, war beeindruckend, und das weißt du.«
Ich zog mir die Decke höher um die Schultern und sah zu Boden. Seit diesem Ansturm von Macht war mir kalt. Ich fror schon die ganze Nacht. Es war dreißig Grad heiß, die Klimaanlage surrte, und ich fror. Leider war das keine Kälte, gegen die eine Decke oder die Wärme eines anderen Körpers etwas ausrichten konnte. Ich hatte es in der vorigen Nacht mit der Angst zu tun bekommen. Und dazu brauchte es inzwischen eine Menge.
Ich hatte von brennenden Vampiren geträumt. Ihre flammenbedeckten Arme jagten mich, die Münder schreiend geöffnet, während die Zähne Feuer sprühten wie bei einem Drachen. Sie boten mir Miras Kopf an. Der Kopf sprach mich von dem Tablett aus an. »Warum?« Weil ich achtlos geredet hatte, schien mir keine ausreichende Antwort zu sein. Ich rannte die ganze Nacht lang vor sterbenden Vampiren weg, in jedem neuen Traum, oder vielleicht war es ein und derselbe, der ein paar Mal unterbrochen wurde. Wer weiß? Jedenfalls hatte ich nicht gut geschlafen.
Richard hatte sich zu mir umgedreht, als die verbrannten Leiber noch am Boden glühten wie heruntergebrannte Lagerfeuer. Er sah mich an, und ich spürte seinen Abscheu, sein Entsetzen über meine Tat wie ein Messer in der Brust. Stünde die Sache andersherum, sodass ich der Werwolf und er der Mensch wäre, er wäre nach dem Erlebnis mit Marcus genauso angewidert gewesen wie ich. Nein, mehr sogar. Richard war nur aus einem einzigen Grund mit den Monstern zusammen: Er war selbst eins.
Dann ging er
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