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Anita Blake 12 - Nacht der Schatten

Anita Blake 12 - Nacht der Schatten

Titel: Anita Blake 12 - Nacht der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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Mensch, war kein submissives Etwas mehr, und bis zu diesem Moment war mir nicht in den Sinn gekommen, dass mir vielleicht nicht immer gefallen könnte, wohin er sich entwickelte.
     
    Als hätten sich die Luftströme verändert, nahm ich die Bewegung wahr, kurz bevor Micah in die Küche trat. Seine Haare waren noch nass vom Duschen und glatt aus dem Gesicht gekämmt. Zum ersten Mal sah ich sein nacktes Gesicht ohne die Ablenkung durch die Locken.
     
    Es war so feingliedrig wie der übrige Körperbau. Ich hatte angenommen, dass nur die langen Locken für sein zierliches Aussehen sorgten. Aber das war ein Irrtum. Wenn man von den breiten Schultern absah, konnte man spontan denken: feminin. Im Ganzen betrachtet war er so wenig feminin wie Jean-Claude, aber zierlich gebaut, schmal. Es war leichter, mit einsachtzig männlich zu wirken, als mit einssechzig. Nur eines störte die Perfektion seines Gesichts: die Nase war nicht hundertprozentig gerade. Sie war einmal gebrochen gewesen und nicht wieder richtig zusammengewachsen. Er war deswegen nicht weniger attraktiv. Im Gegenteil. Wie die Besonderheit der Augen machte ihn das nur interessanter. Vielleicht hatte ich auch bloß genug von perfekten Männern.
     
    Er hatte sich zu der Trainingshose ein übergroßes T-Shirt angezogen. Es reichte ihm bis auf die Oberschenkel, sodass von seinem Körper nicht viel zu sehen war. Trotzdem war meine Wahrnehmung völlig auf ihn gerichtet, genau wie bei Richard und Jcan-Claude. Ich hatte immer geglaubt, das sei Liebe vermischt mit Lust, aber ich kannte Micah nicht genug, um ihn zu lieben. Also entweder fühlte sich reine Lust genauso an wie Liebe oder es gab mehr als eine Art von Liebe. Das war mir heute alles zu verwirrend.
     
    »Was ist los?«, fragte er.
     
    Nathaniel nahm Besen und Kehrschaufel und begann, die Scherben aufzufegen, ohne uns zu beachten. »Nichts. Wieso?« Er blickte mich stirnrunzelnd an. »Ihr seid beide aufgebracht.« Ich zuckte die Achseln. »Das geht vorbei.«
     
    Er trat dicht an mich heran, aber nach Nathaniels grobem Griff zu zielstrebig für meinen Geschmack. Ich wich zurück.
     
    Micah blieb stehen und schaute verwundert. »Was ist passiert? So verstört hast du nicht mal ausgesehen, als die Schießerei losging.«
     
    Ich warf einen Blick auf Nathaniel, der am Boden kniete und fegte. Er war peinlich darauf bedacht, Blickkontakt zu vermeiden. »Wir hatten eine Meinungsverschiedenheit.«
     
    Nathaniel verspannte sich, reagierte mit dem ganzen Körper auf meinen Satz. Langsam drehte er sich um und sah mich mit seinen Fliederaugen an. » Das ist nicht fair, Anita. Ich war überhaupt nicht anderer Meinung als du.«
     
    Ich seufzte, nicht nur weil er recht hatte, sondern auch weil er gekränkt war. Ich ging vor ihm in die Hocke und balancierte auf den Hacken, weil ich mich nicht in die Scherben knien wollte. Ich berührte ihn an der nackten Schulter und an der Wange. »Verzeih mir, Nathaniel, ich habe bloß nicht damit gerechnet.«
     
    »Warum lässt du mich nicht an dich heran, Anita? Ich weiß, dass du es willst.«
     
    Ich strich über seinen Rücken, über die rötlichen Halbkreise der fast verheilten Bisswunden. »Ich lasse niemanden kampflos an mich heran, Nathaniel. Das solltest du inzwischen wissen.«
     
    »Es muss nicht immer ein Kampf sein«, sagte er mit großen, glänzenden Augen. »Für mich schon.«
     
    Er schüttelte den Kopf und schloss die Augen. Die Tränen rollten. Ich stand auf und zog ihn mit hoch wegen der Scherben. Als wir standen, nahm ich ihn in die Arme, lehnte das Gesicht an seine Schulter. Mein Mund ruhte in der Höhlung unter dem Schlüsselbein, und er hielt mich fest. Seine Haut war so weich, so warm. Ich holte bebend Luft. Er roch nach Vanille wie immer. Ich wusste nie, ob das Seife, Shampoo, Rasierwasser oder sein Eigengeruch war. Doch darunter nahm ich einen scharfen Geruch wahr, einen, den kein Parfümeur abfüllen würde, einen wilden, allzu realen: Leopardengeruch.
     
    Ich spürte Micah hinter mir, spürte seine Körperwärme, bevor er sich an mich drückte. Doch er schob die Hände nicht um mich, sondern um Nathaniel. Micahs Arme lagen auf meinen; er zog Nathaniel an uns beide und umarmte ihn mit mir.
     
    Nathaniel ließ zitternd den Atem raus. Ein tiefes Knurren kam von Micah, und ich brauchte eine Sekunde, um zu begreifen, dass er schnurrte. Ein tiefer Ausdruck des Behagens. Es vibrierte an meinem Rücken. Nathaniel fing an zu weinen, und ich hörte mich sagen:

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