Ankwin - Tod eines Kriegers (German Edition)
aufgeworfenen Fragen zur Zufriedenheit aller zu klären. Der Soldat hatte immer wieder darauf hingewiesen, wie gefährlich der Gefangene und wie angeschlagen die Mannschaft nicht nur körperlich gewesen war. Sie hatten zwar alle Befehle eingehalten und doch wirkte die Entscheidung, den Berisi angebunden hinter einem Pferd herlaufen zu lassen, eher kläglich.
Das Ärgerliche war, das Plikon den Stadtkommandanten eigentlich zuerst vernehmen wollte, um Lavielle den Wind aus den Segeln zu nehmen, doch dieser war heute Morgen nicht zum Dienst erschienen.
Der junge Magier hatte das auch noch zu spät erfahren und erst vor Kurzem einen Boten los geschickt. Nun hatte Plikon sich entschieden, auf Zeit zu spielen. Das war zwar alles andere als fantasievoll, aber dem Magier fiel zu seinem Leidwesen nichts Besseres ein. Ihm war nicht wohl bei dem Gedanken, die Initiative zu verlieren, aber wenn er ehrlich war, hatte er sie im bisherigen Prozess noch gar nicht besessen.
Das Mundwerk der Heilernovizin war zwar ebenso scharf wie ihr Verstand, doch ohne ihren vermeintlichen Zeugen würde sich ihre Lage auch nicht verbessern. Ein weiterer Vorteil Plikons war die Qualität des Zeugen. War es irgendein dahergelaufener Waldarbeiter, würde er ihn problemlos in Widersprüche verstricken oder gar lächerlich machen.
War es jedoch ein aus irgendwelchen Gründen glaubwürdiger oder gar hoch angesehener Zeuge, so würde sich Plikon etwas einfallen lassen müssen oder ihm entglitt der Prozess. Das wäre nicht weiter tragisch, aber es wäre doch eine Scharte in seiner Laufbahn und vor allem in seinem Selbstbewusstsein.
Ein unscheinbarer Bediensteter des Gerichts näherte sich der Verteidigerin und wisperte ihr etwas ins Ohr. Plikon musste sich zusammenreißen. Innerlich pustete er vor sich hin – es war heiß.
Äußerlich wirkte er unverändert gefasst. Ein prüfender Blick zu Richter Bungad bestätigte seinen Verdacht, dass der keine weitere belanglose Frage an den Zeugen ertragen würde, ohne einen beißenden Kommentar an die Anklage zu richten. Das würde Plikon wenig nützen.
»Ich habe an Euch keine weiteren Fragen.«
Richter Bungad richtete seine verbundenen Augen auf Lavielle.
»Hohes Gericht, auch wenn ich einräume, dass es nicht an der Ausbildung der königlichen Stadtwache lag, hat der Zeuge lediglich die von mir aufgeworfenen Unzulänglichkeiten bestätigt. Auch ich habe keine weiteren Fragen.«
Plikon musste sich zusammenreißen, um nicht laut aufzustöhnen. Dieses gewiefte Weib hatte sein zweistündiges Verhör mit zwei Sätzen demontiert. Langsam machte er sich ernsthafte Gedanken, was hier falsch lief.
Er war felsenfest davon überzeugt, dass ein gut ausgebildeter und studierter Magier und vor allem er jeder Berufung, die mit Intellekt zu bestreiten war, nachgehen konnte, doch langsam, ganz langsam begann der Fels zu bröckeln.
Nachdem der Soldat den Platz verlassen hatte, wandte der Richter sich wieder Lavielle zu. Er sagte nichts, doch die junge Frau wusste ganz genau, was nun von ihr erwartet wurde.
»Hohes Gericht, ich habe die missliche Aufgabe, Euch mitteilen zu müssen, dass Schiwett, der Kommandant der Stadtwache, seinen Teil zur Wahrheitsfindung hier nicht mehr leisten wird können. Er ist, wie mir eben zugetragen wurde, wohl letzte Nacht durch einen Unfall zu Tode gekommen.«
Das Gemurmel in der Menge bestätigte, dass alle es gehört hatten. Bungad zog seine riesigen Augenbrauen zusammen.
»Hohes Gericht, ehrenwerter Bungad, wir haben allerdings einen weiteren Zeugen gefunden ... », Lavielle machte eine Pause.
»Und würde uns die geschätzte Verteidigerin auch mitteilen, wo dieser Zeuge ist?«
»Hohes Gericht, bei dem Zeugen handelt es sich um eine Person äußerst angesehener Stellung. Er wusste noch nicht,« Lavielle wurde etwas leiser, »ob er Zeit hat.«
»Ihr stellt die Geduld des Gerichts schon wieder auf die Probe. Wenn Ihr am Ende im Turm landen wollt, dann macht so weiter, junge Frau. Wer ist der Zeuge, sprecht!« Die letzten Worte waren wahrscheinlich noch am Haupttor der Stadt zuhören gewesen.
Auf dem Platz hatte sie jeder Einzelne verstanden. Bungad schien Lavielle durch die Binde hindurch anzustieren, dass man hätte meinen können, der Stoff ginge jeden Augenblick in Flammen auf. Das Einzige, das sie ihr Gesicht nicht verlieren ließ, war die Tatsache, dass sie nicht zusammengezuckt war, wie viele andere und dass sie seiner augenblicklich sehr bedrohlichen Persönlichkeit
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