Ankwin - Tod eines Kriegers (German Edition)
Truhe, einem Tisch, einem Stuhl, einem Kamin, einer Schüssel mit Wasserkrug und dem Nachttopf. An der Wand hingen zwei uralte, gekreuzte Zweihandschwerter und bei der Tür stand Villon, der von einem Bein auf das andere trat.
Ankwin hatte den Jungen beinahe vergessen. Als er ihn so ansah, erinnerte er ihn an den Sohn des Koches am Hof seines Vaters. Er lachte, denn er wusste, was mit dem Jungen los war. Der junge Krieger setzte eine ernste Miene auf und sah Villon direkt in die Augen.
»Villon?«
»Ja, Herr?«
»Geh pinkeln.«
»Danke, Herr.«
Villon rannte aus dem Zimmer und wieder musste Ankwin lachen. Nachdem der seinen Waffengurt abgelegt hatte, ließ er sich übermütig nach hinten auf das Bett fallen und reckte seine Glieder. Er hatte die langen Beine weit von sich gestreckt und verschränkte seine mächtigen, sehnigen Arme hinter seinem Kopf. Tief sog er die laue Frühlingsluft ein, die durch das Fenster herein drang. Ein angenehmes Kribbeln tänzelte an seiner Wirbelsäule hinunter. Er fühlte sich herrlich.
Seine Augen schlossen sich, er wollte nur ein kleines Nickerchen machen und nahm sich fest vor, nur so lange zu schlafen, bis er sich wieder richtig frisch fühlte. Ankwin konzentrierte sich auf seinen Atem, sog immer wieder tief ein und aus - Du bist das Zentrum deiner Welt. Die Kraft der großen Erdmutter fließt durch dich.
***
Ankwin war eingeschlafen. Er träumte einen sonderbaren Traum. Ein schwarzer und ein weißer Schwan stritten sich auf einem Teich um das Revier. Der Schwarze breitete seine mächtigen Flügel aus und fauchte, während der andere sich duckte und immer wieder von Neuem ansetzte. Irgendwie kam Feuer ins Spiel und dann unterbrach etwas den Traum. Ankwin hatte den Kopf zur Seite gedreht und öffnete ein Auge. Er war sofort wach.
Für einen kurzen Moment ließ er das Auge kreisen, ohne das andere zu öffnen. Jetzt wusste der Krieger wieder, wo er war. Er atmete tief aber leise ein und ließ die Luft zu zwei Dritteln entweichen, dann hielt er sie an. Sein Körper stand unter leichter Spannung. Er lag völlig ruhig da und die Reize strömten auf seine Sinne ein, ohne ihn zu verwirren.
Er sah einen Teil der Wand und des Bettes. Am Bettpfosten hing sein Waffengurt. Seine rechte Hand lag vor seinem Gesicht, eine halbe Armlänge davon entfernt. Vor dem Fenster bewegte sich ein Baum im Wind. Vögel zirpten auf seinen Ästen. Durch die Butzenscheiben konnte er das nur schemenhaft wahrnehmen.
Er fühlte die warmen Laken, die sich seinem Körper angeschmiegt hatten.
Er roch das Bett, in dem sich Rosenduft und etwas Muffiges um die Vorherrschaft stritten.
Er schmeckte beinahe den Wein und die Früchte auf dem Tisch und er roch noch etwas. Es war eine Mischung aus Zwiebeln, Pferdemist und Schweiß. Hören konnte er neben seinem eigenen Herzschlag das Atmen einer weiteren Person. Das alles geschah während eines Lidschlages.
Ankwin lächelte. Ohne sich zu bewegen, sagte er dann: »Das nächste Mal klopfst du an, Villon.«
»Ja, Herr.«, Villon schien überrascht.
Der junge Adlige schwang sich aus dem Bett und rieb sich kurz die Augen.
»Ist Weißwind gut versorgt?«
»Ja, Herr. Remeli ist der beste Stallmeister in ganz Brakenburg und er hat gleich gesagt, was das für ein schönes Pferd ist. Er hat sofort angefangen, ihn zu striegeln. Ich habe es selbst gesehen. Ich sehe immer genau zu, wenn Remeli was macht, weil ich auch mal ein Stallmeister werden will. Ich kenne mich schon ganz gut aus mit Pferden. Ich kann auch schon striegeln. Wenn mich Herr Miron nicht braucht, dann bin ich immer im Stall. Ich kann auch alle Striegelbürsten aufzählen und alle Teile vom Zaumzeug. Also da gibt es ...«
Schlagartig hatte Villon aufgehört zu sprechen. Ankwin sah ihm direkt in die Augen. Einen Moment lang geschah gar nichts. Beide sahen sich direkt in die Augen.
»Verzeiht, hoher Herr.«, der Knabe schien jetzt sehr unsicher.
Der Krieger ließ noch einen Moment verstreichen, dann begann er ganz ruhig zu reden »Du bist ein guter Junge und du hast bestimmt bei Remeli gut aufgepasst. Liegt mein Gepäck noch im Stall?«
»Remeli wollte es hochbringen, sobald er mit dem Pferd fertig ist.«
»Ein aufrechter Mann sorgt sich entweder selbst um sein Hab und Gut oder er hat einen Freund, dem er voll und ganz vertrauen kann.«
Villon hörte aufmerksam zu, als Ankwin fortfuhr.
»Freunde sind sehr selten. Sie stehen nicht an der nächsten Ecke oder fallen vom Himmel. Und solange du keinen
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