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Anlass

Anlass

Titel: Anlass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler
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und seiner Frau zusammen waren. Warum solltest du nicht einen guten Posten finden? Die Lage mag gerade jetzt schwierig sein, aber nicht für erstklassige Kräfte. Sei nicht kindisch.«
    Es gelang ihr beinahe, mich zu überzeugen. Jedenfalls vergaßen wir für den Rest des Abends solche Sachen wie Geld. Genauer gesagt: wir gingen in ein Kino, saßen in der letzten Reihe und hielten Händchen. Der Film war, soweit ich mich erinnere, sehr schlecht. Wir genossen ihn außerordentlich und nahmen dann ein Taxi nach Hause. Ihr Vater gab mir einen Whisky-Soda und fragte mich, wie ich die auswärtige Lage im allgemeinen beurteilte, insbesondere die Chancen eines Bruchs der Achse Rom-Berlin wegen der österreichischen Frage. Ich weiß nicht mehr, was ich antwortete. Nach einer Weile sah er uns über seine Brille an wie der Vater im bürgerlichen Lustspiel, schmunzelte und ging zu Bett. Ich fuhr schließlich in einer Nachttram nach Hause. Ich war in großartiger Stimmung und summte ein Lied vor mich hin. Sie hatte recht, die Gute. Ich verstand etwas von meinem Beruf, alles würde in Ordnung gehen. Es waren die Ungelernten, die zu leiden hatten, wenn die Konjunktur zurückging.
    Aber ich täuschte mich.
    Es kostete mich an die zweieinhalb Monate, um herauszufinden, wie sehr ich mich täuschte: zweieinhalb Monate voll keimender Hoffnungen und Enttäuschungen, ergebnisloser Unterredungen und vergeblicher Korrespondenz. Gegen Ende meiner letzten Woche bei Barnton bot man mir eine Stelle um zwei Drittel meines bisherigen Gehaltes an, und ich lehnte sie ab. Sechs Wochen später hätte ich für dieses Angebot meinen linken Arm hergegeben, aber es war zu spät. Ich wußte, daß Hallett mich für einen Narren hielt, und daß er sorgfältig vermied, zu bemerken: »Ich hab’s Ihnen ja gesagt«, machte die Sache auch nicht besser. Er selbst hatte ein Angebot mit fünfzig Prozent weniger als bei Barnton angenommen und schien erleichtert zu sein. Ich fing an, mir Sorgen zu machen und leider auch gereizt zu werden.
    Claire fand sich überraschend gut in alles; aber ich war in einer Verfassung, in der man sich alles mögliche einbildet, und ich hatte den Verdacht, daß sie ihr Vertrauen zu mir verlor. Das war ohne Zweifel dumm von mir. Sie machte sich auch Sorgen: aber nicht so sehr über meine Schwierigkeiten, als über die Wirkung, die sie auf mich hatten. Es verhielt sich einfach so, daß mein Selbstvertrauen rapide dahinschwand. Dann hatten wir einen kleinen Streit. An und für sich war er belanglos, aber andere Umstände trugen dazu bei, daß er bedeutungsvoll wurde.
    Wir saßen ziemlich bedrückt beim Tee. Es war ein Dienstagnachmittag, und sie hatte eine Stunde frei genommen, um von mir das Ergebnis einer Unterredung mit einem Mann aus Birmingham zu erfahren, der einen Tag in London war. Das Ergebnis war negativ. Der Mann aus Birmingham war sehr freundlich gewesen und hatte mir Empfehlungen an zwei Firmen gegeben, bei denen ich mir schon Absagen geholt hatte. Sie hörte die Neuigkeiten schweigend an.
    »Nun«, sagte ich zum Schluß verbittert, »wann werden wir heiraten?«
    »Sei nicht so dumm, Nicky.« Sie machte eine Pause. »Ich sehe nicht ein, warum das alles unsere Pläne ändern soll. Nur weil’s jetzt ein bißchen harzt, brauchen wir nicht gleich klein beizugeben.« Sie machte wieder eine Pause. »Schließlich«, fuhr sie fort, »hab ich doch eine sehr gute Stellung, und es war schon die Rede davon, daß ich bald aufgebessert werde.«
    »Das ist ja sehr schön, Liebling«, bemerkte ich sarkastisch. »Und was soll ich tun? In einem möblierten Zimmer sitzen und deine Strümpfe stopfen?«
    Das war sehr grob und unfreundlich, aber es war nur der Anfang. Ich sagte noch verschiedenes, was ich eigentlich gar nicht meinte, sprach in hohen Tönen von dem Mindestmaß an Selbstachtung, das ein Mann braucht, und von der Schmach, sich von seiner Frau aushalten zu lassen. Es hatte alles nichts mit dem zu tun, was sie eigentlich meinte.
    Sie saß schweigend mit zusammengepreßten Lippen da, bis ich zu Ende war. Dann sagte sie: »Ich hätte nicht gedacht, daß du so ein Esel sein kannst.« Damit stand sie auf und verließ das Zimmer.
    Natürlich versöhnten wir uns am Abend wieder, aber es blieb ein Rest, und wir wußten es. Als ich nach Hause ging, zog sie ihren Mantel an und begleitete mich ein kleines Stückchen.
    »Weißt du, Nicky«, sagte sie nach einer Weile, »du hast dich heute abend schrecklich oft entschuldigt. Das bedrückt mich

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