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Anlass

Anlass

Titel: Anlass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler
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glaube nicht, daß ich weniger unternehmungslustig, aber auch nicht draufgängerischer zu Werk gegangen bin als irgend jemand anderer an meiner Stelle. Aber die Situation ist trotzdem unerträglich. Ich habe meinen Entschluß in aller Ruhe gefaßt, und nachdem ich alles sehr sorgsam erwogen habe, finde ich, daß ich mir Spartacus gegenüber keine Gewissensbisse zu machen brauche. Ich bin im Begriff, ein Geschäft abzuschließen, das sie mehr als ausreichend für etwaige Unbequemlichkeiten, die ich ihnen verursache, entschädigen wird.
    Ich habe beschlossen, Ende nächsten Monats um meine Entlassung zu bitten. Warum ich warte? Ich habe noch ein paar Angelegenheiten zu ordnen, die vermutlich ein paar Wochen in Anspruch nehmen werden. Um so offen zu sein, wie ich kann, mein Liebling:
    Ich habe mich in etwas recht Dummes eingelassen, etwas, das ich unter normalen Umständen nie getan hätte, aber etwas, das mir in diesem Narrenhaus, das sich Europa nennt, im Augenblick alle Elemente ursprünglicher dichterischer Gerechtigkeit zu enthalten scheint. Ich muß zu Ende führen, was ich begonnen habe. Merkwürdigerweise glaube ich, daß Dein Vater Verständnis dafür haben würde. Erinnerst Du Dich daran, was er über die Achse Rom-Berlin an dem Abend sagte, als wir in dem chinesischen Restaurant aßen, dann einen Film sahen und zu Dir nach Hause gingen? Er erwartete uns mit einer Flasche Whisky und all der Klugheit der Welt.
    Sicher wird Dich dieses ganze Geheimnis sehr irritieren. Glaube mir, ich möchte gern weniger geheimnisvoll sein. Wärst Du hier, so würde ich Dir alles erzählen. Dieses unzusammenhängende Gestammel zu schreiben ist kein Vergnügen. Aber ich weiß, daß Du Dich darauf vorbereitest, die Ferien hier zu verbringen, und so wollte ich Dir schon heute dies alles mitteilen. Du weißt nicht, Liebste, wie ich mich darauf freue, wieder bei Dir zu sein. Alles Liebe, mein Schatz, und sei nicht böse auf mich.
    Nicky

    Ich an Alfred Pelcher, Esq.
    Via San Giulio 14, Milano, 16. April
    Sehr geehrter Mr. Pelcher!
    Ich danke Ihnen herzlich für Ihren Brief, Bellinetti betreffend. Ich verstehe die Umstände durchaus und habe mich bemüht, die Arbeit im Büro dementsprechend zu reorganisieren.
    Ich habe die Beantwortung Ihres Briefes bis jetzt hinausgeschoben, da ich hoffte, Ihnen etwas besonders Interessantes mitteilen zu können. Die Ereignisse haben das nun möglich gemacht, und ich freue mich sehr, Ihnen berichten zu dürfen, daß ich in direkter Konkurrenz mit unseren deutschen Rivalen vom Waffenamt hier einen Auftrag auf 38 S 2-Maschinen des Standardtyps mit geringfügigen Abänderungen erhalten habe.
    Die Auftragssumme beträgt 843000 Lire, und obwohl zwei Prozent des Betrages für eine Zahlung aus dem Spezialfonds abgezweigt werden müssen, ist der Preis pro Maschine doch höher als bei jedem vorangehenden Auftrag. Offiziell geht dies auf Konto der Änderungen. Tatsächlich sind die Änderungen rein nominell. Die Lieferung hat innerhalb von sechs Monaten zu erfolgen.
    Ich sende die vollen Einzelheiten auf dem gewöhnlichen Wege an Mr. Fitch. Ich wollte bloß diese Gelegenheit benutzen, um Ihnen die Nachricht zukommen zu lassen.
    Ihr ergebener
    Nicholas Marlow

    Claire an mich.
    London, 14. April
    Heute früh im Autobus habe ich Deinen Brief gelesen, und ich schreibe diese Antwort in aller Eile im Büro. Sie ist deshalb kürzer, als ich sie gern hätte.
    Ich will Dir gleich sagen, Liebling, daß ich in dieser Anstellung bei Spartacus nie etwas anderes gesehen habe als einen Notbehelf. Aber ich dachte – und das glaube ich auch heute noch –, daß Du gut daran getan hast, die Stelle anzunehmen. Der Schock von Barnton Heath hat Dich wohl mehr getroffen, als Du Dir selber eingestehen wolltest. Du hast Dich zugleich unter- und überschätzt, und Du hast den falschen Weg eingeschlagen, um aus der Klemme zu kommen. Daran bin ich nicht ganz unschuldig, wie mir scheint. Ich wollte Dir um jeden Preis Mut machen. Hättest Du Dir zu Anfang mehr Sorgen gemacht, so könntest Du das Ganze jetzt auf die leichte Schulter nehmen. So aber hast Du Dir am Anfang zu wenig Gedanken gemacht und machst Dir jetzt viel zu viel. Vater hat dazu etwas sehr Richtiges gesagt. »Dein junger Mann« – so nennt er Dich – »sollte sich bemühen, beim Staat unterzukommen. Er ist ein ausgezeichneter Techniker, aber in einer geldgierigen Gesellschaft nicht an seinem Platz. « Das tönt etwas hart, mein Schatz, hat aber einen wahren Kern. Es

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