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Anlass

Anlass

Titel: Anlass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler
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Transaktionen der letzten drei Monate bei und hoffe, Ihnen damit gedient zu haben.
    Mit vorzüglicher Hochachtung
    N. Marinetti

    J. L. Venezetti an N. Marinetti, postlagernd, American Express, Milano.
    Milano, 11. April
    Sehr geehrter Herr!
    Besten Dank für Ihren Brief und die Beilage. Ich hatte nur die Einzelheiten des laufenden Monats erwartet, das übrige Material ist aber auch wertvoll. Ich schließe daher fünf Tausendlirenoten bei, statt, wie verabredet, drei. Ebenso lege ich Spezifikationen und das Offertformular bei, die mir von Commendatore B. übergeben wurden, und bin überzeugt, daß das Geschäft zustande kommen wird. Ihren weiteren Nachrichten sehe ich mit Interesse entgegen.
    Mit vorzüglicher Hochachtung
    J. L. Venezetti

    N. Marinetti an J. L. Venezetti, postlagernd, Wagon-Lits Cook, Milano.
    Milano , 12. April
    Sehr geehrter Herr!
    Ihren Brief samt Einlage habe ich richtig erhalten. In drei Wochen werde ich Ihnen wieder schreiben. Besten Dank.
    Mit vorzüglicher Hochachtung
    N. Marinetti

    Ich an Claire.
    Hotel Parigi, 11. April
    Liebling!
    Ich fürchte, ich entpuppe mich langsam als sehr schlechter Briefschreiber. Es ist mindestens eine Woche her, seit ich Dir geschrieben habe, und was es noch schlimmer macht: ich bekam heute früh Deinen Brief. Ich habe wirklich ein sehr schlechtes Gewissen. Aber die Sache ist die, Liebste, daß ich vor ein paar Tagen so etwas wie einen Unfall hatte. Nichts Ernstes. Nur ein paar Hautabschürfungen. Doch mußte ich einen Tag im Bett bleiben, und die Arbeit im Büro häufte sich noch mehr an; so hatte ich denn ein ungeheures Arbeitspensum zu bewältigen. Heute war der Tag auch verloren, da ich wegen eines Defekts nach Cremona mußte. Ärger über Ärger. Das alles ist nicht nur eine Entschuldigung, sondern auch eine diskrete Einleitung zu dem, was ich wirklich zu sagen habe.
    Erinnerst Du Dich, Liebling, daß wir, als wir ursprünglich die Annahme dieser Stellung besprachen, beschlossen, sie als eine Art Lückenbüßer anzusehen, um über eine schlechte Zeit hinwegzukommen? Es sollte nur für kurze Zeit sein, höchstens für ein paar Monate, bis die Aussichten in England besser würden.
    Wenn es auch erst ein paar Wochen her ist, seit wir das alles besprochen haben, kommt es mir doch wie Jahre vor, und so kann ich denn auch die ganze Sache aus einiger Distanz überblicken. Ich muß mich wundern, mein Schatz, wie sehr wir geglaubt haben, wir könnten uns selbst täuschen. Wenn auch keiner zum andern etwas gesagt hat, so sind wir meiner Ansicht nach doch vor der simplen Erkenntnis zurückgeschreckt, daß in naher Zukunft – von einem Wunder einmal abgesehen – nicht die geringste Chance für meine Rückkehr in die Heimat besteht, wenn ich nicht wieder genau dort stehen will, wo Barnton Heath mich entlassen hat.
    Also was tun? Einfach folgendes, Liebling. Ich habe mich entschlossen, heimzukehren und es von neuem zu versuchen. Ich glaube, es war etwas unklug von mir, diese Stellung überhaupt anzunehmen. Aber darum handelt es sich nicht. Du wirst wahrscheinlich denken, daß mein Entschluß nur das Produkt aus Heimweh und Liebessehnsucht plus der gewöhnlichen Misere eines neuen Postens ist. Ich wollte, es wäre so, aber das ist es nicht. Ich glaube, ich bin keine besonders weichliche Natur, und ich habe genug eigene Erfahrung, um zu wissen, daß die Niedergeschlagenheit, die eine neue Stellung, fremde Umgebung und das Fernsein von alten Freunden mit sich bringen, vorübergeht. Aber das hier ist, wie ich schon sagte, etwas ganz anderes. Vielleicht bin ich nicht zum Geschäftsmann geboren und hätte in einem Werk bleiben sollen, wo ich ja hingehöre. Aber selbst, wenn dem so ist (und ich glaube das), so rechtfertigt das noch nicht alles. Wenn ich der gerissenste Geschäftsmann in Europa wäre, würde ich doch denselben Entschluß fassen.
    Du wirst Dich wundern, was dies alles nach dem optimistischen Ton meines zweiten Briefes bedeuten soll (ich hatte gerade Serafina entlassen und fühlte mich sehr tüchtig) und warum ich so plötzlich eine andere Tonart anschlage. Ich will versuchen, etwas deutlicher zu sein, aber vieles mußt Du mir einfach glauben. Die Wahrheit ist, daß es bei diesem Geschäft Dinge gibt, von denen ich nichts wußte, als ich die Stellung annahm. Dinge, die auch Pelcher und Fitch nicht wußten und noch immer nicht wissen und die mich in den paar Tagen, die ich hier bin, in die absurdesten Situationen gebracht haben, die man sich denken kann. Ich

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