Anleitung zum Müßiggang
Nachdenklichen so attraktiv macht. Er trägt Muße in den Arbeitstag. Er sorgt für ein Innehalten, einen Moment der Ruhe. 1821, im gleichen Jahr, in dem Cobbett seine Cottage Economy veröffentlichte, brachte der große Schriftsteller und Kaminhocker Thomas De Quincey in seinen klassischen Drogenmemoiren Confessions of an English Opium Eater folgende Verteidigung für den Tee vor:
Von den letzten Oktobertagen bis zum Heiligen Abend... währt die Zeit, in der das heitere Glück Saison hat, das, wie ich finde, den Raum mit einem Teetablett betritt; denn Tee, obgleich er von denjenigen verspottet wird, die von Natur aus ungehobelt sind oder durch Weintrinken dazu gemacht wurden und keinerlei Empfänglichkeit für die Wirkungen eines so kultivierten Anregungsmittels besitzen, wird immer das Lieblingsgetränk des Intellektuellen sein...
De Quincey trank die ganze Nacht Tee, und obwohl man argumentieren könnte, dass sein Gefallen daran dadurch verstärkt wurde, dass er in diesen Stunden durch Opiumgenuss nicht bei Verstand war, denke ich, die Sache ist klar.
Es war etwas später, um 1840, als Teetrinken als formelles Gesellschaftsritual üblich wurde. In einer Art Parodie der stilvollen chinesischen Teezeremonie schufen die Engländer eine Teezeremonie, die von gesellschaftlicher Verbindlichkeit, Zurschaustellung des Status, Zurückhaltung, Unbeholfenheit und steifer Förmlichkeit geprägt war. Ich denke an William in den Richmal-Crompton-Geschichten und die absoluten Höllenqualen, die er durchlitten haben muss, wenn er mit seinen Großtanten Tee trank. Und auch ich kann mich noch an die Peinlichkeiten der Teestunden mit meinen ältlichen Verwandten erinnern, bei denen sich 45 Minuten zu mehreren Tagen eines totalen Egotodes dehnten.
Eine andere positive Folge des Teetrinkens waren die städtischen Tea Rooms. Junge Sekretärinnen und Büroangestellte gingen dorthin, um Kleingebäck zu essen, miteinander zu reden und zu tanzen. Sie waren bis ins zwanzigste Jahrhundert hinein beliebt und bildeten in den zwanziger Jahren den Rahmen für »tango teas«. Die Tea Rooms waren außerdem beliebt, weil sie die ersten gesellschaftlich akzeptablen Lokale waren, in denen sich Damen ohne männliche Begleitung aufhalten konnten.
Der Nachmittagstee als geselliges Ereignis lebt noch in Teilen des ländlichen Frankreich weiter. Erst kürzlich besuchte ich an einem Sonntag einen thé dansant im Dorfsaal einer kleinen Ortschaft im Norden. In dem hell erleuchteten Saal hatte man in Reihen Biertische aufgestellt. Auf der Bühne spielte eine kleine Band mit einer Casio-Orgel klassische Tanzweisen. Es wurde Tee und Kuchen, für die Männer aber auch Bier serviert. Das Publikum bestand aus den Dorfbauern und ihren Frauen, die größtenteils die fünfzig überschritten hatten. Es wäre leicht gewesen, boshaft über die nicht vorhandene Kultiviertheit zu lächeln, aber es herrschte wirklich eine tolle Stimmung, und es wurde viel gelacht und getanzt.
Wir sollten alle dazu beitragen, das Teetrinken als tägliches Ritual wiederzuerwecken, um es unantastbar zu machen. Doch wie sollten wir Tee zu uns nehmen? Wie sollten wir ihn genießen? Ich glaube, im Augenblick machen wir es weitgehend falsch, es sei denn, wir haben das große Glück, Möbelpacker zu sein. Tee sollte nicht aus Maschinen kommen, er sollte nicht in Plastiktassen serviert werden, in denen noch der Teebeutel herumschwimmt, und man sollte ihn nicht in sich reinschlürfen, während man auf den Bildschirm starrt. Wenden wir uns also den Chinesen zu, um uns für die Wiederetablierung des Teerituals Anregungen zu holen. Das folgende Gedicht aus dem sechzehnten Jahrhundert nennt die verschiedenen idealen Bedingungen, den Tee zu genießen:
Wenn Herz und Hände untätig sind.
Wenn man müde ist nach dem Lesen von Gedichten.
Wenn man in seinen Gedanken gestört ist.
Wenn man Liedern und Melodien lauscht.
Wenn ein Lied zu Ende gesungen ist.
Wenn man an einem Feiertag allein im Hause weilt.
Wenn man die Ch’in spielt und Gemälde betrachtet.
Mitten in der Nacht, in ein Gespräch vertieft.
Vor einem klaren Fenster und einem sauberen
Schreibplatz.
Mit bezaubernden Freunden und schlanken Konkubinen.
Bei der Rückkehr von einem Besuch bei Freunden.
Wenn der Tag klar ist und die Brise mild. An einem Tag mit leichtem Regen.
In einem bemalten Boot nahe einer kleinen Holzbrücke.
In einem Wald mit hohen Bambusstangen.
In einem Pavillon mit Blick auf Lotusblüten an einem
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