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Anleitung zum Müßiggang

Anleitung zum Müßiggang

Titel: Anleitung zum Müßiggang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Hodgkinson
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Sommertag.
    Wenn man in einem kleinen Arbeitszimmer Weihrauch entzündet hat.
    Wenn nach einem Festmahl die Gäste gegangen sind.
    Wenn die Kinder in der Schule sind.
    In einem stillen, abgeschiedenen Tempel.
    In der Nähe berühmter Quellen und pittoresker Felsen.
    So lautet »Geeignete Augenblicke zum Teetrinken« in Ch’asu von Hsü Ts’eshu. Mir gefällt vor allem die Idee, Tee mit schlanken Konkubinen zu trinken, aber ich bin mir nicht sicher, ob viele westliche Ehefrauen und Freundinnen das tolerieren würden. Doch die anderen Vorschläge liegen auch nicht außerhalb der Möglichkeiten. Weiterer chinesischer Rat kommt von Lin Yutang:
    Es liegt etwas im Wesen des Tees, das uns in eine Welt stiller Betrachtung des Lebens führt. Es wäre ebenso verheerend, Tee zu trinken, wenn Babys um einen herum schreien oder Frauen mit lauten Stimmen reden oder Männer sich über Politik unterhalten, wie an einem regnerischen oder wolkigen Tag Tee zu pflücken ... Tee ist also ein Symbol irdischer Reinheit, der die peinlichste Sauberkeit bei seiner Zubereitung vom Pflücken, Dörren und Aufbewahren bis hin zum endgültigen Aufgießen und Trinken erfordert, was durch die kleinste Verunreinigung fettiger Hände oder fettiger Tassen leicht verdorben oder vereitelt werden kann. Folglich ist sein Genuss in einer Atmosphäre richtig, in der jede Protzerei oder Andeutung von Wohlleben aus den Augen und Gedanken verbannt ist ... die Zubereitung und das Trinken von Tee sind stets eine Verrichtung voll innigem Vergnügen, voller Bedeutung und Vornehmheit. Ja, die Zubereitung ist der halbe Spaß am Genuss, so wie Melonenkerne zwischen den Zähnen zu knacken die Hälfte des Vergnügens ist, sie zu verspeisen.
    Um die Wiedergeburt des Teetrinkens in England zu feiern, hatten wir die Idee, in die Zeitschrift The Idler eine Teekolumne aufzunehmen, und ernannten den legendären Fischer Chris Yates (mehr von ihm im Kapitel »Über das Angeln«) zu unserem Teekorrespondenten. Mit seinem ersten Artikel, einer Attacke gegen den Teebeutel, erwies sich Yates als ein direkter Verwandter der chinesischen Teeautoren:
    Tee muss langsam getrunken werden, doch die Gesellschaft von heute – mit ihren Weckern, Heimtrainern und ihrem Gerenne zur Arbeit – hat den Teebeutel, diesen Missbrauch der Natur, und die schnelle »cuppa« erfunden, die eine Todsünde ist ... die Teezubereitung muss wie das Teetrinken eine gemächliche, kontemplative Angelegenheit sein, bei der die Seele zur Ruhe kommt, während den losen Blättern in deiner Teekanne reichlich Zeit zum Herumwirbeln, Auseinandertreiben und Leuchten gegeben wird, und der Geist sich erhebt, wenn du die goldene Flüssigkeit eingießt.
    Es ist eigenartig, wie wenige Menschen losen Tee verwenden und wie viel sie sich dadurch entgehen lassen. Teebeutel sind angeblich bequemer und schneller, verstoßen damit aber insofern vollkommen gegen den wahren Geist des Tees, als sie der Inbegriff des »Tees für Eilige« sind. Dabei ist es im Gegenteil viel bequemer, um nicht zu sagen eleganter und angenehmer, in der Nähe des Wasserkessels ein halbes Pfund losen Tee in einer Teedose zur Hand zu haben, als einen dieser großen, hässlichen Teebeutelkartons. Loser Tee lässt sich außerdem leicht wegwerfen – und keine tropfenden Teebeutel spritzen braunen Saft auf die Flächen neben der Spüle.
    Werfen wir nun einen Blick auf zwei der Feinde des Tees: der erste ist paradoxerweise das Tea Council, das Tee lediglich als gesund und nützlich propagiert. Es besitzt eine grauenhaft bunte und reißerische Website mit vulgären Bildern wie dem einer nackten Frau, die in einer Teetasse liegt, und es gibt kaum Hinweise auf die Geschichte des Tees als eines Beförderers der Erleuchtung und sozialen Harmonie. Die Website bringt sogar Zahlentabellen, die den Nährwert des Tees demonstrieren sollen. Aber nach kurzem Hinsehen wird deutlich, dass die einzigen wirklichen Nährstoffe im Tee von der Milch stammen, die wir Briten stets mit ihm servieren.
    Der andere Feind des Tees ist natürlich der Kaffee. Ähnlich wie der Tee während der Industriellen Revolution in England das Bier ersetzte, ist in den letzten zehn Jahren in den USA der Kaffee an die Stelle des Alkohols getreten, und die Kaffeekultur à la Vereinigte Staaten hat jetzt Europa erreicht. Die Mengen sind riesig, die Art zu trinken hastig. Während die traditionelle kontinentale Art, Kaffee zu trinken, darin besteht, in einem Café ein Tässchen zu sich zu nehmen,

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