Anleitung zum Müßiggang
ist. In Russland wurde die ererbte Macht der Zaren durch die intellektuelle Macht bürgerlicher Denker wie Engels, Marx und natürlich Lenin abgelöst, der arroganterweise fest davon überzeugt war, dass die Klasse der Kleinbauern und Arbeiter dringend der Belehrung durch die gebildete Mittelschicht bedürfe. Auch die Marxisten glaubten an die Arbeit, den Adel aller Mühen.
Der Feind von heute, ist, zumindest im Westen, nicht so sehr bei den Regierungen zu suchen als bei einer neuen Macht: dem Konsumkapitalismus. Einst bildeten die Reichen die Aristokratie, die ihrerseits Erben der Krieger waren. Später kamen die Industriellen des neunzehnten Jahrhunderts an die Reihe. Jetzt sind es die Bosse der Weltkonzerne, die aus der Welt Kapital schlagen. Ein Cartoon in Private Eye stellte es kürzlich so dar: Früher schickten uns die Bosse in die Fabriken, um ihre Millionen zu machen, heute schicken sie uns in die Einkaufszentren. Daher sehen wir eine Tendenz zu Tumulten auf den Treppen von Konzernzentralen, Aufständen in Seattle gegen die Welthandelsorganisation, die von der Polizei stets brutal niedergeschlagen werden. Das habgierige Big Business und die gut funktionierende, effiziente Regierung sind gefährliche Feinde für die verträumten, rastalockigen Verteidiger der Freiheit.
Doch sind Aufstände, wenn auch zweifellos erfreulich und ein Ausdruck des Geistes der Freiheit, die Sache wirklich wert? Wenn man einen Blick auf die Revolutionen, Erhebungen und Aufstände für humanere Gesetze und sich weniger stark einmischende Regierungen wirft, die im Laufe der letzten 1000 Jahre gescheitert sind, könnte man den traurigen Schluss ziehen, dass der bessere Ort, um Veränderungen zu bewirken, in einem selbst und in der eigenen unmittelbaren Umgebung liegt. Es ist wahr, dass Erhebungen gelegentlich eine kleine Veränderung der Politik bewirken können, so zum Beispiel, als die so genannten Poll Tax Riots (Kopfsteueraufstände) in England dazu beitrugen, dass diese Steuer abgeschafft und stattdessen die Council Tax (Gemeindesteuer) eingeführt wurde (allerdings habe ich den Unterschied nie ganz begriffen). Doch allzu oft kehren die Dinge schließlich zu ihrem Ursprungszustand zurück: die Langweiler übernehmen die Leitung, und die Aktenschnüffler kommandieren uns herum.
Vielleicht ist das einzig Gescheite, sich sein eigenes Paradies zu schaffen. Die Punkgruppe CRASS zum Beispiel, der wir in unserem Kapitel »Nichtstun daheim« begegnet sind, hat es nicht geschafft, den Staat umzustürzen, auch wenn sie Tausenden von Thatcher-Gegnern eine sehr wirksame Stimme gegeben hat. Aber innerhalb ihrer Landkommune, die noch heute blüht und gedeiht, ist es ihnen gelungen, ihre eigenen Herren zu werden. Penny Rimbaud (bürgerlicher Name: Jeremy Ratter) und CRASS schufen außerdem ein anregendes Vorbild für andere, ein Vorbild für jene, die unabhängig leben wollen und sich weigern, bloße Konsumenten zu werden. Rimbaud ist so etwas wie ein William Cobbett von heute, und ich sähe es zu gern, wenn er den Crass Guide to Cottage Economy schreiben würde, ein praktisches Handbuch für das Leben außerhalb des Mainstreams.
Die Antwort liegt vielleicht im Anarchismus, nicht im Sozialismus. Der Dichter, der Anarchist, der Freiheitssucher, der Aufrührer, der Müßiggänger werden sicherlich den folgenden Zeilen aus D. H. Lawrence’ Gedicht »A Sane Revolution« zustimmen:
Tu es nicht für die arbeitenden Klassen.
Tu es, damit wir selber alle kleine Aristokratien sein
und mit den Hufen scharren können wie fröhliche entlaufene Esel.
Tu es jedenfalls nicht für die internationale Arbeit.
Arbeit ist das einzige, von dem der Mensch zu viel hat.
Schaffen wir die Arbeit ab, hören wir auf zu arbeiten!
Etwas tun kann Spaß machen und Menschen können es genießen; dann ist es nicht Arbeit.
Machen wir es so! Machen wir eine Revolution für den Spaß!
12 UHR MITTERNACHT
Der Mond und die Sterne
Hartley fiel hin und tat sich weh – ich fing den Weinenden & Schreienden auf – & lief mit ihm zur Tür hinaus. – Der Mond erregte seine Aufmerksamkeit – er hörte sofort auf zu weinen – & seine Augen & die Tränen darin, wie glitzerten sie im Mondlicht!
Samuel Taylor Coleridge über seinen kleinen Sohn, 1798
Und wohin ich auch gehe, dort werde ich dennoch Sonne, Mond und Sterne finden; dort werde ich Träume und Vorzeichen finden und mich mit den Göttern unterhalten.
Epiktet
Der Mond und die Sterne sind wohltuende Konstanten im
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