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Anleitung zum Müßiggang

Anleitung zum Müßiggang

Titel: Anleitung zum Müßiggang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Hodgkinson
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ist das heutige Mantra. Auf das ich antworte, tu es nicht, rede darüber. Wenn die diskutierte Sache es wert ist, ausgeführt zu werden, dann wird das zur rechten Zeit geschehen. Aber das Reden ist das Beste daran, die Begeisterung, Pläne zu schmieden und sich Projekte auszudenken. Das Reden, die Phase, bevor die Realität zuschlägt, vor der Erkenntnis, dass mit der Realisierung ziemlich viel Arbeit verbunden ist, wenn die Möglichkeiten endlos sind und unsere Zukunftsträume noch nicht von praktischen Forderungen eingeengt werden; das ist der Moment, in dem wir uns wirklich frei fühlen können.

3 UHR NACHTS
    Partytime
    Mensch, Tam traut seinen Augen nicht!
    Sieht Hexer dort mit Hexen tanzen,
    Nicht Kotillons, brandneu vom Franzen,
    Nein, Schottentänze ganz alleine,
    Die brachten Zunder in die Beine.
    Robert Burns , »Tam O’Shanter«, 1790
    Wir lassen uns nicht kleinkriegen, Mann – wir kriegen diese Sintflut klein.
    Joe Strummer, Glastonbury Festival 1997,
als der Regen einsetzte
    Bringt gute Drogen, gute Leute und gute Musik zusammen, und ihr habt eine Zaubermischung. Um drei Uhr nachts lassen wir die Worte hinter uns. Das echte hedonistische Vergnügen der lange währenden Sorte erlebte ich zum ersten Mal in den frühen neunziger Jahren, als der inzwischen verstorbene große Journalist Gavin Hills mich mit Ecstasy und Rave bekannt machte. Was für eine Offenbarung. Mit 22 hatte ich angenommen, meine Partyzeiten wären vorbei, aber jetzt schien es, als lägen die wahren Hardcore-Nächte noch vor mir. Eines der grandiosen Vergnügen war, wie diese Art Fete die Nacht zu strecken, diesen 3-Uhr-Moment in die Länge zu ziehen schien. Damals war einer der großen Hits der Song »3 a.m. Eternal« von den KLF. Ich habe kürzlich mit Bill Drummond von den KLF telefoniert und ihn gefragt, was für ein Gedanke hinter dem Song steckt:
    3 Uhr nachts ist der Punkt im Tagesverlauf, an dem die Verantwortungen und Realitäten des Vortages entschwunden und die Verantwortungen und Realitäten des nächsten Tages noch nicht da sind. »3 a.m. Eternal« traf diesen Punkt, da zu dieser Uhrzeit anscheinend alles ewig andauern kann. Es war eine Idee, die ich mir auf einen Zettel notiert hatte – 3 a.m. Eternal. Dann entdeckte ich das spanische Wort madrugada, was ›die Zeit dazwischen‹ bedeutet. Um 2 Uhr wünschst du dir, du wärst früher nach Hause gegangen; um 4 Uhr wird es kalt. Aber 3 Uhr nachts hat diesen Zauber. Der rationale Verstand ist weg, und du lebst im Augenblick. Die Türen der Wahrnehmung stehen offen. Dinge geschehen. Wie in »Tam O’Shanter«.
    Das ist es, was »außer sich sein« bedeutet: die alltägliche, fade, leblose Welt verlassen und in eine andere Welt voller Überraschungen, Wärme, Magie und Möglichkeiten eintauchen. »Tam O’Shanter«, von Robert Burns 1790 verfasst, handelt von einem Bauern, der spät in der Nacht betrunken vom Markt heimkommt. Die Anregung zu dem Gedicht bekam Burns durch ein lokales Märchen, das er gehört hatte, als er als Bauer und Steuereinnehmer in Ayr arbeitete. Und so schildert Burns die Legende:
    Es war die Geisterstunde zwischen Nacht und Morgen … Als er das Tor des Kirchhofs erreicht hatte, war er überrascht und auch belustigt, durch die Rippen und Bögen eines alten gotischen Fensters, das heute noch zur Hauptstraße hinausgeht, einen Tanz von Hexen zu sehen, den sie lustig um ihren alten, rußgeschwärzten Lumpenmeister herum vollführten, während dieser sie alle durch die Kraft seines Dudelsacks in Schwung hielt. Als der Bauer sein Pferd zum Halten brachte, um sie eine Weile zu beobachten, erkannte er deutlich die Gesichter vieler alter Frauen aus seiner Bekanntschaft und Nachbarschaft.
    Im Zentrum der Rave-Erfahrungen der neunziger Jahre standen natürlich die Droge Ecstasy und die Lektüre von Thomas De Quinceys Confessions of an English Opium Eater. Ich war erstaunt über die vielen Parallelen zwischen meiner Ecstasy-Erfahrung und De Quinceys Schilderung der Wirkung des Opiums. Eine der Gemeinsamkeiten ist, dass die Droge einen auf eine andere Ebene trägt, auf der man mehrere Stunden bleiben kann, im Gegensatz zu dem nicht so beständigen Vergnügen an der Wirkung des Alkohols:
    Das Vergnügen, das Wein verschafft, steigt ständig und neigt zu einer Krise, wonach es wieder absinkt; das vom Opium, wenn es einmal erzeugt ist, dauert acht oder zehn Stunden an: Ersteres ist, um eine technische Unterscheidung aus der Medizin zu entleihen, ein akuter Fall –

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