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Anleitung zum Unglücklichsein (German Edition)

Anleitung zum Unglücklichsein (German Edition)

Titel: Anleitung zum Unglücklichsein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Watzlawick
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Erwähnung einer weiteren Taktik:
    Glück und Glücklichkeit, das behauptete ich schon in der Einleitung, sind schwer, wenn überhaupt positiv zu definieren. Dies aber hat noch keinen Tugendbold daran gehindert, der Glücklichkeit negative Bedeutung zuzuschreiben. So lautet das inoffizielle Motto des Puritanismus bekanntlich: »Du darfst tun, was du willst, solange es dir keinen Spaß macht.« Ein wenig, aber nicht grundsätzlich anders stellte es einer der Teilnehmer an der (ebenfalls in der Einleitung erwähnten) Glücksdebatte dar: »Ich glaube, es ist unerlaubt, von Glück zu reden unter den gegenwärtigen Weltzuständen« [11, S. 12]. In welcher geschichtlichen Epoche die gegenwärtigen Weltzustände nicht gegenwärtige Weltzustände waren oder sein werden, verschweigt er uns allerdings. Zugegeben, es fällt einem schwer, sich auch nur an einem Glas frischen Wassers zu erfreuen, während zur selben Zeit zum Beispiel eine halbe Million unschuldiger Zivilisten in West-Beirut am Verdursten sind. Selbst aber wenn einmal auf der ganzen Welt Glücklichkeit ausgebrochen sein wird, würde ein tugendboldiger Pessimist noch lange nicht verzagen. Er kann sich dann immer noch an Laings Rezept halten, indem er dem unschuldig sich freuenden Partner vorhält: »Wie kann es dir nur Spaß machen, wo Christus für dich am Kreuze starb? Hat es Ihm etwa Spaß gemacht?« [9, S. 8] Der Rest ist betretenes Schweigen.

»Sei spontan!«  
     
     
    D och all die eben erwähnten Variationen zum Thema »Liebe und Knoblauch« sind im Grunde harmlose Geplänkel verglichen mit der Brisanz, die der so täuschend harmlosen Forderung nach spontanem Verhalten innewohnt. Von all den Knoten, Dilemmata und Fallen, die sich in die Struktur menschlicher Kommunikation einbauen lassen, ist die sogenannte »Sei spontan!«- Paradoxie sicherlich die weitestverbreitete. Und um eine wirkliche, stubenreine, allen formallogischen Anforderungen entsprechende Paradoxie handelt es sich hier.
    In den kristallklaren Hallen des logischen Olymps sind Zwang und Spontaneität (also alles, was frei und von außen unbeeinflußt aus dem eigenen Inneren kommt) unvereinbar. Auf Befehl etwas spontan zu tun ist ebenso unmöglich, wie etwas vorsätzlich zu vergessen oder absichtlich tiefer zu schlafen. Entweder man handelt spontan, also aus freiem Ermessen; oder man befolgt eine Anweisung und handelt daher nicht spontan. Vom rein logischen Standpunkt kann man nicht das eine wie das andere gleichzeitig tun.
    Was aber kümmert uns die Logik? Genauso, wie ich »Sei spontan!« hinschreiben kann, kann ich es auch sagen – Logik hin, Logik her; Papier und Schallwellen sind geduldig. Der Empfänger der Mitteilung vermutlich weniger. Denn was kann er jetzt tun?
    Wenn Sie John Fowles’ Roman Der Sammler kennen, wissen Sie ohnehin schon, worauf ich hinauswill. Der Sammler ist ein junger Mann, der sich zunächst auf Schmetterlinge beschränkt, deren Schönheit, auf Stecknadeln aufgespießt, er in aller Ruhe immer wieder bewundern kann. Wegfliegen können sie ja nicht. Sein Malheur beginnt erst, als er sich in die schöne Studentin Miranda verliebt und dieselbe Technik – ganz im Sinne des Rezepts »mehr desselben« (siehe S. 27–30) – auf sie anwendet. Da er selbst nicht besonders hübsch ist und auch sonst nicht besonders viel von sich selbst hält, nimmt er an, daß Miranda sich wahrscheinlich nicht spontan für ihn entscheiden wird. Also entführt er sie, und statt Stecknadeln verwendet er ein einsames Landhaus, in dem er sie gefangenhält. Im Rahmen dieses nackten Zwanges hofft und erwartet er nun, daß sie sich im Laufe ihrer (immer unerträglicheren) Gefangenschaft doch in ihn verlieben werde. Erst langsam enthüllt sich ihm die unerbittliche und ausweglose Tragik seiner »Sei spontan!«-Paradoxie, durch die er genau das unmöglich gemacht hat, was er erreichen wollte.
    An den Haaren herbeigezogen? Zu »literarisch «? Bitte, hier ist eine viel alltäglichere Situation, deren Herstellung keinerlei besondere Abwegigkeit erfordert:
    Es ist das abgedroschene Paradebeispiel der Mutter, die von ihrem Söhnchen verlangt, daß er seine Hausaufgaben mache – aber nicht bloß überhaupt, sondern gerne . Wie der Leser sieht, handelt es sich hier um die Umkehrung der schon erwähnten Definition des Puritanismus. Dort hieß es: Es ist deine Pflicht, keinen Spaß zu haben; hier dagegen: Deine Pflicht muß dir Spaß machen.
    Also: Was kann man da tun? – fragte ich bereits,

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