Anleitung zur Selbstorganisation
Literatur und die mediale Botschaft über dieses so weit auseinander. Das ist für professionelles Management und die Aufklärungsarbeit über sie ein enormes Hindernis, weil es den Wissensaufbau verhindert und erzwingt, jeden Aspekt jedesmal erneut aufbauend bei Adam und Eva erläutern zu müssen. Es ist ein Irrglaube, zu meinen, es genüge, Fachartikel und Fachzeitungen zu lesen. Weil die Medien auf diesem Gebiet vielfach versagen und die aufschlussreichen Botschaften Einzelner aufgrund des schnelllebigen Vehikels sofort untergehen, bleibt es nach wie vor niemandem erspart, sich systematisch durch die seriöse Fachliteratur zu arbeiten – mit Rücksicht darauf, dass es ihren Autoren selbst dort letztlich unmöglich ist, jede Auskunft über Management mit dem ABC zu beginnen.
Es war schon immer eine Illusion – und sie wird im Komplexitätszeitalter nur noch größer und folgenschwerer – zu erwarten, dass es für Management Patentlösungen gibt, die man in einfachen und gar noch sympathischen Patentrezepten vermitteln kann.
Die Bedeutung der Medien für die Welt des Komplexitätszeitalters kann gar nicht überschätzt werden. Das gilt darüber hinaus besonders für das Internet. Spitzenmanager müssen die kybernetischen Funktionsgesetze des Mediensystems intim und unabhängig von PR-Fragen kennen und ständig studieren. 26
Trendbrüche sind wichtiger als Trends.
Am wichtigsten sind nicht Trends, schon gar nicht jene, die in den Medien stehen, sondern Trendbrüche. Es sind Diskontinuitäten, die einerseits am gefährlichsten sind und andererseits die größten Chancenbringen. Für den wachen Geist zeichnen sich Diskontinuitäten oft früh genug ab, um darauf vorbereitet zu sein, wenn der Umschlag eines Trends tatsächlich eintritt. So ist es zum Beispiel an den Finanzmärkten, aber auch in der Technologie. Echte Überraschungen sind höchst selten; überrascht fühlt sich aber, wer vorher seine Antennen nicht justiert hatte. Trends als solche schläfern ein, umso mehr, je angenehmer sie sind. Das provoziert ein falsches Sicherheitsgefühl. Man achtet nicht auf die Frühwarn-Signale für den Umbruch und wird überrascht – oft von anscheinend Neuem, das aber für seine Entwicklung mehrere Jahrzehnte benötigte, wie es zum Beispiel bei Computertechnik und Internet war. Bei den Basisinnovationen gibt es – entgegen ständiger Wiederholung – auch keine Beschleunigung, sondern eher das Gegenteil.
Lineares Denken muss verboten werden, anstelle dessen muss man S-Kurven-Analysen verlangen.
Komplexe Systeme funktionieren nicht linear und sind nicht-linear struktuiert. Daran führt kein Weg vorbei. Das ist bekannt und trotzdem wird überwiegend linear gedacht. Also muss man lineares Denken und lineare Analyse geradezu verbieten. Das dominierende Muster in der Welt komplexer Systeme ist die S-Kurve, nicht die gerade Linie. Wenn sich diese Erkenntnis einmal breit genug durchgesetzt haben sollte, kann man dieses Postulat aus der Unternehmenspolitik streichen. Vorläufig muss es aber zentrale Bedeutung haben.
Abbildung 14 zeigt nur vier Beispiele aus einigen Tausend Fällen. 27 Ein Blick genügt, um das typische
S- Muster
zu sehen. Komplexe Systeme generieren aufgrund ihrer inneren Regulierungssysteme – ihrer Master Controls – am Output ein stabiles Verhaltensmuster, das einer S-Kurve entspricht. Das ist eine der wenigen Methoden für zuverlässige Prognosen über komplexe Systeme. Das sind nicht Prognosen der üblichen Art, die praktisch immer Extrapolationen sind, sondern es ist das Herauspräparieren der natürlichen Dynamik von Systemen, das heißt, des Grundmusters ihres Funktionierens. Die Methode von Cesare Marchetti hat eine hohe Verwandtschaft zur Bionik.
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Abbildung 14a: Gesundes Wachstum in der Natur
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Abbildung 14b: Gesundes Wachstum in der Kultur
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Abbildung 14c: Gesundes Wachstum in der US-Infrastruktur
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Abbildung 14d: Gesundes Wachstum der Verkehrsmittel
Diese Methoden sind unverzichtbar, wenn es um Marktanalysen geht, um die Bestimmung von Sättigungsniveaus, Marktvolumina, Wachstumsraten, Wendepunkte des Wachstums, Substitution und Innovation. Das sind Schlüsselfragen jeder Strategieentscheidung.
Die Beispiele: Zuerst der Blick auf die Natur, von der wir solche Dinge lernen können. Es geht hier nicht um die Details, sondern um ein intuitives Verstehen des sogenannten
logistischen
Phänomens, das heißt des
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