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Ann Kathrin Klaasen 08 - Ostfriesenfeuer

Ann Kathrin Klaasen 08 - Ostfriesenfeuer

Titel: Ann Kathrin Klaasen 08 - Ostfriesenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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in der Lounge, um sich am Kuchentresen etwas auszusuchen.
    Am liebsten wäre er aufgesprungen und hinterhergelaufen, doch das kam ihm zu auffällig vor. Er zwang sich, sitzen zu bleiben. Bald würden sie wieder herauskommen. Sollten sie ihre schöne kleine Familie doch noch ein bisschen genießen, bevor er sie zerstören würde.

    Die Punkerin musste nicht gesucht werden. Sie kam freiwillig. Ihre weiße Ratte Bobby Brown verhielt sich in den Tiefen ihrer Hosentasche so ruhig, als wisse sie genau, dass eine ostfriesische Polizeiinspektion nicht der beste Ort für Ratten war, um die Ostertage zu verbringen.
    Bobby Brown stellte sich geradezu tot.

    Ann Kathrin schätzte das Mädchen auf siebzehn, höchstens achtzehn. Sie trat sehr tough auf, und ihre Stimme war männlich-hart, ja geradezu militärisch, aber da war etwas Weiches, Kindliches in ihren Gesichtszügen, das sich nicht verleugnen oder verbergen ließ. Eine Trauer in ihren Augen, als hätte sie keine Kraft mehr, sich das Elend der Welt anzuschauen.
    Sie roch ein bisschen gewöhnungsbedürftig und sah auch nicht gerade aus wie die Traumschwiegertochter, aber Ann Kathrin mochte diese junge Frau auf Anhieb – und das, obwohl sie wusste, dass sie etwas mit dem Anschlag auf Ubbo Heide zu tun hatte.
    Sie stellte sich als Kira Kellermann vor, behauptete, fünfzehn zu sein und leider keinen Ausweis vorzeigen zu können, weil ihre Eltern ihn ihr abgenommen hätten.
    »Damit ich nicht abhaue«, erklärte sie.
    »Na«, sagte Ann Kathrin, »diese Erziehungsmaßnahme ist ja gründlich schiefgegangen.«
    Wenn Kira sprach, sah Ann Kathrin, dass sie auch ein Zungenpiercing hatte. Sie lispelte aber nicht. Ihre Eltern waren angeblich beide Lehrer. Religion, Geschichte und Deutsch.
    »Und bitte kommen Sie mir jetzt nicht mit dem Spruch:
Lehrers Kinder und Pfarrers Vieh gedeihen selten oder nie.
Den Mist hab ich schon zu oft gehört.«
    Ann Kathrin räumte ein paar Akten vom Schreibtisch und machte vor Kira Platz für einen Teller mit Keksen. Das Mädchen griff sofort zu.
    »Also, Frau Kellermann, warum sind Sie gekommen?«
    »Sie können ruhig Love zu mir sagen, das tun alle.«
    »Love?«
    »Ja.«
    »Also, ich höre.«
    Kira verschlang zwei Kekse und steckte sich einen weiteren ein. Dann begann sie. »Ich war gestern Abend dabei. Aber ich hab nichts damit zu tun, und meine Freundin Umma auch nicht.«
    »Umma?«
    »Ja, Umma. Wir wollten eigentlich in diesen Musikschuppen.«
    »Meta’s?«
    »Ja, genau. Es hatten zwar alle behauptet, wir kämen sowieso nicht rein, aber wir wollten es wenigstens versuchen. Ich seh doch aus wie achtzehn, finden Sie nicht? Aber dann war da sowieso zu. In Süderneuland sollte aber noch eine Fete steigen. Wir …«
    Das Drumherumgerede nervte Ann Kathrin. Sie, die als so geduldige Zuhörerin galt, unterbrach die Kleine barsch: »Was ist geschehen?«
    Jetzt fand sie die Siezerei plötzlich unangemessen. »Hast du gesehen, wer zugestochen hat?«
    Kira nickte.
    Ann Kathrin legte ein Aufnahmegerät auf den Tisch. Das rote Licht glühte.
    »Also bitte.«
    Ann Kathrin öffnete ihr Word-Programm, und als sie vom Computer hochsah, hatte Kira ihre weiße Ratte in der offenen linken Hand. Sie hielt sich das Tier so nah vors Gesicht, dass nicht klar war, wer hier wen gerade beschnüffelte.
    »Da waren drei Jungen. Der Michi, der Pille und Pik.«
    »Pig wie englisch Schwein?«
    »Nein, Pik wie Pik As. Weil sein richtiger Name Asbauer ist … glaube ich.«
    »Also, was ist geschehen?«
    Vorsichtig setzte Kira die weiße Ratte auf dem Tisch ab, und das putzige Tierchen begann, an den Keksen Gefallen zu finden.
    »Dieser Mann kam und wollte uns helfen, weil wir geschrien haben.«
    »Du und deine Freundin Umma?«
    »Ja. Aber die wollten uns nichts tun. Die waren nur besoffen und sauer, weil sie irgendwo rausgeschmissen worden waren. Und dann haben sie Stress mit Bobby Brown angefangen. Manche Leute reagieren verstört auf Bobby.«
    »Kann ich verstehen.«
    »Bei uns tut man ihm immer Unrecht. Da denkt jeder, wenn er Ratten sieht, gleich an Krankheit, Pest oder irgendetwas Negatives. Bei den Hindus ist das ganz anders, da gelten Ratten als Symbol für Intelligenz. Die haben einen Tempel, da leben Tausende Ratten und werden von den Gläubigen gefüttert. Wenn einem eine Ratte über die Füße läuft, bringt das Glück. Wollen Sie Bobby mal streicheln?«
    Bobby Brown saß jetzt auf dem Teller und verputzte die Kekse. Er drehte einen mit Schoko wie ein Steuerrad

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