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Ann Kathrin Klaasen 08 - Ostfriesenfeuer

Ann Kathrin Klaasen 08 - Ostfriesenfeuer

Titel: Ann Kathrin Klaasen 08 - Ostfriesenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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Sitzfläche für sie gewesen, doch er befürchtete, sie könnte daran zu schnell ausbluten.
    Nein, sie würde es noch relativ bequem haben. Sie würde nackt und gefesselt sein während des hochnotpeinlichen Verhörs, aber lebendig.
    Wenn er die Augen schloss, waren sofort diese Bilder da. Sie weinte und flehte und gestand alles.
    Es waren richtige Zwangsgedanken. Sie kamen auch am helllichten Tag, wenn er zum Bäcker ging, um sich Brötchen zu holen, oder wenn er morgens sein Hemd zuknöpfte. Einmal hatte es ihn in einem Essener Restaurant erwischt. Die Insel in der Rüttenscheider Straße. Er hatte sehr gut gespeist und wollte sich nun einen Espresso bestellen und bezahlen.
    Er hatte sich dieses Restaurant ausgesucht, weil vor der Tür mehrere selbstgemachte Schafe standen und ein Strandkorb ihm mitten in Essen das Gefühl vermittelte, an der Nordsee zu sein.
    Als er nach der Kellnerin gewinkt hatte, war noch alles in Ordnung gewesen, doch dann, als sie vor ihm stand, sah er sie gar nicht, sondern Willbrandt, der nackt auf dem Boden kniete, an Händen und Füßen gefesselt. Pferde wieherten. Sie sollten ihn zerreißen. Mit Peitschen bewaffnete Antreiber standen bei den Gäulen bereit und warteten auf sein Zeichen.
    Willbrandt flehte vergeblich um Gnade.
    Er hatte es genossen und gebrüllt: »Jetzt reißt ihn in Stücke!«
    Er wusste bis heute nicht, ob er im Restaurant wirklich herumgebrüllt hatte. Die nette Kellnerin, die eigentlich nur aushilfsweise hier jobbte und in Bochum Soziologie studierte, wirkte, als er sie durch den Bildernebel wieder wahrnahm, zwar verunsichert, aber nicht verängstigt. Sie bot ihm ein Glas Wasser an und war rührend um ihn besorgt.
    Er hatte ihr ein fürstliches Trinkgeld gegeben und sich rasch verabschiedet. Das war der Moment gewesen, in dem er wusste, dass er es tun musste. Das war er nicht nur Ines schuldig, sondern auch sich selbst. Diese Zwangsgedanken würden ihn sonst verrückt machen. Er musste es tun, um wieder frei zu sein.
    Leider hatten sich im Fall Willbrandt seine Phantasien so gar nicht erfüllt. Zumindest nicht, solange Willbrandt noch lebte.
    Es gab keine Pferde. Keinerlei Reiter oder Antreiber. Keinen offenen Marktplatz mit einer Beifall klatschenden Volksmenge, die Willbrandts Tod forderte. Es gab nur diese Schlachthausatmosphäre und sie zwei in diesem kalten Raum, den Willbrandt ersteigert hatte und eigentlich mit Gewinn verkaufen wollte.
    Willbrandt hatte nicht gestanden. Nicht gebettelt und gefleht, sondern ihn als »krankes Hirn« und »irren Drogenfreak« beschimpft. Zumindest so lange, bis die Motorsäge drankam. Da war der große Held einfach ohnmächtig geworden, noch vor dem ersten Schnitt.
    Er hatte sich geradezu betrogen gefühlt um seine Phantasien. Es war alles so profan gewesen. Doch dann, im Osterfeuer, als Willbrandt seiner eigentlichen Bestimmung zugeführt wurde, da hatte er eine unglaubliche Erleichterung gespürt.
    Diesmal würde alles anders werden. Noch besser. Näher dran an seiner Vorstellung. Er musste Michaela Warfsmann nur erst in seine Ferienwohnung entführen.
    Er dachte daran, sie einfach anzusprechen und einzuladen. Aber was konnte sie veranlassen, mit ihm zu gehen? Die Aussicht auf ein rasches, unkompliziertes sexuelles Abenteuer wohl kaum. So eine war sie nicht.
    Er musste ihr einen anderen Grund nennen. Einen guten.
    Er fragte sich, wie er verhindern konnte, dass sie ihrem Mann eine SMS schickte oder ihn anrief.
    »Du, Joachim, ich gehe gerade mit einem Herrn … wie war noch mal Ihr Name …«
    Norderney war um diese Jahreszeit nicht gerade überlaufen, aber die Osterferien hatten schon erstaunlich viele Touristen angelockt.
    Er hatte die berühmten GHB -Tropfen, im Volksmund auch als Vergewaltigungsdroge bekannt, dabei. Er stellte sich vor, irgendwo neben ihr in einem Café mit Meerblick zu sitzen. Sie ließ ihr Getränk kurz unbeobachtet und ging zur Toilette. Er würde dann die geschmacks- und geruchlose Substanz hineinträufeln. Danach wäre sie wacklig auf den Beinen, würde einen betrunkenen Eindruck machen und sich später an nichts mehr erinnern. Das Zeug sollte die Opfer willenlos machen.
    Er ging auf der Deichbefestigung in Richtung Milchbar, da kam sie ihm auf der Strandpromenade entgegen. Sie hatte ihr Engelchen bei Joachim gelassen, der mit dem Vorlesen von Gutenachtgeschichten dran war. Sie hatte jetzt die Abendstunde für sich. Sie wollten sich abwechseln. Heute liest Papa, morgen Abend Mama.
    Sie trug Pumas und

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