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Ann Kathrin Klaasen 08 - Ostfriesenfeuer

Ann Kathrin Klaasen 08 - Ostfriesenfeuer

Titel: Ann Kathrin Klaasen 08 - Ostfriesenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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könnte, was er sich aufgebaut hatte?
    Jetzt wurden plötzlich Gesprächsfetzen bedeutsam, die noch vor Stunden belanglos für sie gewesen waren. Er hatte ihr davon erzählt, wie seine Mutter ihren ersten Ehemann »über den Leisten gezogen« habe. Das saß tief in ihm.
    Sie erinnerte sich an diesen doofen Witz, über den er in der Runde seiner Arbeitskollegen so gelacht hatte. Sie war damals zu dieser blöden Feier mitgegangen und hatte sich später lange darüber geärgert. Frauen gehören nicht auf Männerabende.
    Der Witz hallte noch immer in ihren Ohren:
    »Weißt du, ich war mit meiner Tochter einkaufen. Sie wollte eine Barbiepuppe. Es gab verschiedene. Eine männliche Puppe, den Ken. Es gab eine Barbie. Und dann noch eine ganz besonders teure Barbie. Das war die Scheidungs-Barbie.
    Ich fragte: »Warum ist die denn so viel teurer? Die sieht doch genauso aus wie die andere Barbie.«
    »Ja«, grinste die Verkäuferin mich an und holte jede Menge Kisten, »zur Scheidungs-Barbie gehört doch auch noch Kens Haus, Kens Auto, Kens Pferd …«
    Die Aufzählung war noch weiter fortgesetzt worden, aber in dem viehischen Gelächter untergegangen. Ihr Joachim hatte besonders laut gegrölt und sich die Lachtränen von den Wangen gewischt.
    Sie hatte sich unwohl gefühlt und den Witz geschmacklos gefunden, hatte brav mitgelacht, um den Abend nicht zu verderben.
    Danach hatten sie ihren ersten heftigen Streit.
    Sie hatte ihren Mann noch nie so erlebt wie an diesem Abend mit seinen Kollegen. Er war ihr fremd vorgekommen. Nicht gerade hässlich, aber doch wenig attraktiv. Es war, als hätte sie eine neue, andere, dunkle Seite an ihm kennengelernt.
    Er trank auch anders als sonst. Klare Schnäpse und Pils. Er, der frankophile Rotweinkenner.
    Ihr war kalt, und ihr Körper war trotzdem mit glänzendem Schweiß bedeckt. Ihre Haut juckte irre an Stellen, die sich immer mehr ausbreiteten, wie ein Waldbrand auf der Haut. Der Rücken war schon eine einzige glühende Fläche, und es zog jetzt, von den Kniekehlen die Oberschenkel hinauf. Ihre Füße und Hände dagegen waren eiskalt.
    Sie hatte die Versuche, die Arme einfach von der Lehne zu reißen, aufgegeben. Der Schmerz war zu groß. Er durchzuckte sie jedes Mal wie ein Stromschlag und sammelte sich am Ende im Magen zu einem Feuerball.
    Hat er mich deswegen allein gelassen, dachte sie, damit ich genau solche Gedanken habe wie jetzt über Joachim? Will er uns entzweien? Soll ich verrückt werden? Bin ich es schon?

    Ann Kathrin fuhr in die Krummhörn zu diesem Johannes Klar.
    Das Haus stand einsam da, wie ein Pickel auf der sonst glatten Haut der Landschaft. Es gab zwei kleine Laubbäume, frisch gepflanzt, aber vom Wind bereits gekrümmt und eine etwas größere Esche.
    Das Gebäude machte einen gepflegten Eindruck. Der Garten dagegen einen verwilderten. Eine Mischung, die Ann Kathrin gefiel. Oben in der Esche vor dem Haus befand sich ein großes, liebevoll gestaltetes Vogelhaus.
    Sie atmete tief durch. Sie konnte die Ems hier riechen. Von ihrem Vater hatte sie gelernt, dass der mit allen Sinnen offene Mensch Gegenden nicht nur am Aussehen der Häuser oder an der Vegetation erkennt, sondern dass es möglich war, die Umgebung mit allen Sinnen zu erfassen. Manchmal konnte sie die Nähe zum Deich auf der Haut spüren. Ja, das Watt in der Luft schmecken. Die Nordsee riechen. Und hier roch sie die Ems. Unverwechselbar, wie sie fand.
    Ihre Mutter hatte immer behauptet, das sei nur Einbildung, worauf ihr Vater jedes Mal konterte, Einbildung sei schließlich auch eine Bildung, nämlich die der Phantasievollen.
    Sie ging einmal ums Gebäude und sah sich alles an, bevor sie an die Haustür trat.
    Eine metallene Stimme ertönte:
Aufmachen, Polizei! Das Haus ist umstellt, jede Gegenwehr sinnlos!
    Sie hielt jede Wette, dass der Spaßvogel diesen Scherz aus einem seiner Fernsehfilme selbst zusammengebastelt hatte.
    Johannes Klar fuhr einen großen schwarzen Mercedes der M-Klasse, der sie ein bisschen an einen Leichenwagen erinnerte. Die Scheiben dunkel getönt. Das Fahrzeug erzählte ihr einiges über den Menschen. So ein Auto fuhr jemand, der nicht erkannt werden wollte oder der ein gewisses, aus ihrer Sicht übertriebenes Sicherheitsbedürfnis hatte. Der Wagen war seine Schutzburg. Er transportierte gern größere Sachen oder wollte zumindest die Möglichkeit dazu haben. Der Wagen reichte aus für eine fünfköpfige Familie, wurde aber vermutlich von einem Single gefahren.
    In einem ehemaligen

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