Ann Pearlman
ihm herummeckerte. Eines Tages begegneten wir uns im Schwimmbad. Das konnte man von uns aus leicht zu Fuß erreichen, und meine Freundinnen und ich gingen gerne hin, um mit den Jungs zu flirten und uns zu überlegen, in wen man diese Woche verliebt war. An diesem Tag war ich mit Marissa und Jennifer unterwegs, und während wir uns gegenseitig mit Babyöl einrieben, sahen wir uns die Jungs an, die schon auf der Highschool waren, mit der wir erst im Herbst beginnen würden. Jungs, die sich schon rasierten. Jungs mit Stiernacken und breiten Schultern und knackigem Hintern. Jungs mit groß tuerischem Gang und dennoch einer gewissen Verletzlichkeit, die verhinderte, dass wir Angst vor ihnen hatten. Oder uns viel leicht ein bisschen einschüchterte. Aber nicht bei Troy. Troy schüchterte mich nicht ein. Marissa, Jennifer und ich lagen auf unseren handtuchbedeckten Liegen, Kopfhörer in den Ohren, und taten so, als hätten wir es nur auf eine goldene Sonnenbräune und ein bisschen Zeitschriftenlektüre abgesehen.
Ich hörte Jennifer sagen: »Wow, der ist aber heiß. Bist du sicher, dass er bloß mit dir befreundet sein will?« Dazu stupste sie mich mit dem Ellbogen in den Arm. Ich öffnete die Augen und setzte mich auf.
Sie meinte Troy.
Ich hatte ihn noch nie ohne Hemd gesehen.
Er kam mit zwei Freunden ins Schwimmbad und wandte mir den Rücken zu, während die drei sich nach drei freien Liegen umschauten. Da sie keine nebeneinander fanden, warfen sie ihre Handtücher auf einen leeren Tisch und schlenderten erst mal zu den Sprungbrettern.
Ich stützte mich auf die Ellbogen.
Die Sonne glitzerte auf dem Wasser wie auf Diamanten.
Troy kletterte die Leiter zum Sprungturm hinauf, ging zum Rand des Bretts und wandte dem Becken den Rücken zu. Die Arme eng an den Seiten, stand er aufrecht dort oben und testete mit behutsamen Bewegungen die Elastizität des Bretts.
Wir drei Mädchen ließen ihn nicht aus den Augen, auf unsere Ellbogen gestützt, die Bäuche glitschig vom Öl, Fuß- und Fingernägel poliert und perlmuttpink lackiert. Ich hielt die Luft an.
Troy hob die Arme auf Schulterhöhe.
(Den Arm, den er jetzt kaum nach oben bewegen kann. Den Arm, über den der Eiter rinnt.)
Ich sah, wie seine Brust sich dehnte, als er einatmete, dann beugte er mit einer mühelosen Bewegung die Knie und stieß sich ab, wölbte den Rücken und flog durch die Luft.
Atemlose Stille trat ein, denn alle hörten auf zu schwatzen, hielten zwischen zwei Bissen Hotdog inne und senkten ihre Zeitungen. Alles erstarrte.
Sanft und lautlos durchstießen seine Fingerspitzen die Wasseroberfläche, wie ein Pfeil, Arme und Beine eng zusammen, der Rücken durchgebogen, folgte der Rest des Körpers. Unter Wasser machte er einen Purzelbaum, streckte sich, und schwamm zum Beckenrand. Dort legte er die Hände auf die Kante, hievte sich hoch, schwang mit derselben Bewegung die Beine zwischen den Armen durch und stand auf. Wassertropfen rollten langsam über seinen Körper und hinunter auf den Beton.
Noch immer hatte er uns nicht entdeckt.
»Ich wusste gar nicht, dass er ein Springer ist.« Marissa entfernte ihr Haargummi, kämmte sich mit den Fingern und plusterte die Haare um ihr Gesicht wieder auf.
»Ja, er hofft, dass er es nächstes Jahr ins Uni-Team schafft.« Aber ich hatte auch nicht gewusst, dass er so präzise, so elegant springen konnte, dass er eine solche Körperkontrolle hatte. Warum hatte ich das nicht gesehen? Warum hatte er mir fast nichts davon erzählt? Vielleicht hatte ich einfach nicht zugehört.
Er bemerkte mich immer noch nicht. Sein Freund, der als Nächster sprang, legte eine Bauchlandung hin. »Autsch! Das hat schon beim Hören wehgetan!«, rief Jenny und rieb sich den Bauch.
Damals war Troy nur ein paar Zentimeter größer als ich, und sein Körper schien nur eine leicht abgewandelte Version meines eigenen zu sein. Er war ein Kumpel ohne die Rivalität und Zickigkeit eines Mädchens.
»Bist du sicher, dass er nur mit dir befreundet sein will?«, fragte mich jetzt auch Marissa, während sie glitzernden Lipgloss auftrug.
Ich zuckte die Achseln, machte mich auf den Weg zur Treppe, und jetzt entdeckte Troy mich endlich.
Er grinste, und ich lachte.
Er begrüßte mich, kam aber nicht zu uns rüber, sondern ging zurück zum Sprungbrett, kletterte die Leiter hinauf, und diesmal machte er einen Hechtsprung, bei dem er die Wasseroberfläche wieder so elegant durchschnitt, dass sie sich kaum kräuselte.
»Jetzt gibt er bloß noch
Weitere Kostenlose Bücher