Ann Pearlman
schwarzes Selbst, das andere Leute nicht sofort erkennen können. Und natürlich mein weißes Selbst.
Diese Dinge gehen mir durch den Kopf, als ich bereits im Bett liege. Aaron ist vermutlich noch bei Red Dog. Als ich Levy geholt habe, hat er die Arme um meinen Hals geschlungen und sich an meine Schulter gekuschelt. Ich habe mich zu ihm in sein Bett gelegt und ihm vorgesungen. Die Situation, in die ich mich gebracht habe, ist schon seltsam, ich habe das alles nicht erwartet, aber eigentlich ist es mir so ganz recht. Auf diese Weise habe ich so viel über die Welt gelernt und kann sie mit anderen Augen betrachten.
Ich fühle mit Allies Großmutter, als würden wir ähnliche psychische Ausnahmesituationen durchleben.
Ich glaube, dass ich diese Lehre aus ihrer Geschichte ziehe, hat Allie nicht beabsichtigt. Sie hat versucht, Sky und mich dazu zu bringen, dass wir unsere Differenzen ein bisschen relativieren. Vielleicht musste Sky das lernen, aber ich habe schon immer gewusst, dass wir zwar unterschiedlich sind, aber dass die Liebe uns zusammenhält. Zumindest fühle ich mich ihr nahe, weil ich sie liebe. Man braucht sich nur anzuschauen, was ich für sie zu tun versuche – zum Beispiel, dass ich die ganze Crew mitten in einer Tour dazu bringe, ihr beim Umzug zu helfen.
Aber ich glaube, sie liebt mich nicht. Es ist eher so, wie sie es gesagt hat – sie ist neidisch auf mich. Eifersüchtig.
Als Aaron ins Zimmer kommt, stelle ich mich schlafend, weil ich nicht beim Nachdenken gestört werden möchte. Ich höre, wie er Levy leise küsst, der sich räkelt und seine Decke abwirft, ein gedämpftes Geräusch, wie eine Musiknote, die langsam verklingt. Aaron zieht sich aus und geht ins Bad. Ganz leise schließt er die Tür hinter sich, um mich nicht zu wecken, ich höre, wie er pinkelt, sich Hände und Gesicht wäscht und die Zähne putzt.
Dann kommt er zu mir ins Bett, schlüpft unter die Decke und kuschelt sich an mich. Seine Haut ist kühl. Er küsst meinen Nacken, direkt auf den Haaransatz, und flüstert: »Ich kann nicht schlafen, ohne dir einen Gutenachtkuss zu geben, Babe. Meine Li’l Key. Ich liebe dich so sehr.«
Sein Atem ist warm an meinem Nacken. »Mehr als alle Worte und alle Musik der Welt je ausdrücken können. Wenn ich dich verlieren würde, verliere ich mich selbst.« Um sich zu schützen, kann er mir dieses Geheimnis aber nur anvertrauen, wenn ich schlafe.
Am nächsten Morgen frage ich mich, ob ich die seufzersanften Küsse und das heimliche, ängstliche Liebesgeständnis nur geträumt habe. Ich drehe mich um und lege den Kopf auf Aarons Brust. Jetzt ist er ganz warm, die Haut ein bisschen feucht von seinen Träumen und der Hitze, die wir mit unseren Körpern unter der Decke erzeugen. Ich drücke mich an ihn und würde gern mit ihm schlafen, aber Levy ist bei uns im Zimmer. Wahrscheinlich wird er gleich aufwachen und zu uns ins Bett krabbeln. Aaron seufzt. Offensichtlich hat er meine Botschaft verstanden.
»Ich liebe dich auch.«
»Ah, du hast also gar nicht geschlafen.«
»Ich hab dich ausspioniert«, gestehe ich.
Er hält mich ganz fest. »Du musst wissen, dass ich immer für dich sorgen werde.«
»So gut du es unter den gegebenen Umständen eben kannst.«
»Unter den gegebenen Umständen? Was meinst du damit?«
»Dass du auch dein eigenes Ding machen musst. Keine Gefängniszelle, erinnerst du dich? Kein Gitter.« Die ultimative Loyalität haben wir uns selbst gegenüber.
Aaron schüttelt den Kopf. Er hat die Lippen zusammengepresst, und ich weiß, er möchte die einfache Wahrheit. Frieden. Harmonie. Liebe um jeden Preis. Familienzusammenhalt über alles andere. »Ich bin bei dir. Ich liebe dich, und ich liebe das, was wir haben«, sage ich leise.
»Aber? Sag mir, was du mir verschweigst.« Jetzt sucht er Sicherheit in der Wahrheit.
»Was, wenn ich anfange, eigene Songs zu schreiben?«
»Meinst du, ich hätte was dagegen? Bitte tu es. Möglicherweise macht es uns reicher, und damit meine ich nicht finanziell. Ich meine musikalisch. Lass uns herausfinden, wo wir wachsen können. Wir sind ein gleichberechtigtes Team.«
Im morgendlichen Dämmerlicht lächle ich ihn an. Bisher ist er unser Anführer und ich ein wertvolles Bandmitglied. Vielleicht brauche ich King gar nicht, um meine eigene Stimme zu entwickeln. Vielleicht kriege ich das mit Aaron auf die Reihe.
»Ich bin auf dich angewiesen«, sagt er.
Aber er versteht es nicht. »Danke, dass du in den Pool gesprungen bist und Rachel
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