Ann Pearlman
Crew nimmt harte Sachen … na ja, bei T-Bone bin ich nicht ganz sicher. Er ist ein Party-Typ, da neigt man leicht dazu, sich alles Mögliche reinzuziehen. Aber als sie aufgewachsen sind, konnten sie sich das Zeug nicht leisten, und jetzt steht zu viel für sie auf dem Spiel. Die Leute aus den Vororten, die fahren auf so was ab.«
»Du vergisst, dass ich Juristin bin. Marihuana ist immer noch illegal.« Ich lehne mich zurück und verschränke die Arme. »Ich kenne die Statistik. 70 Prozent der Drogenkonsumenten sind weiß. 70 Prozent der Leute, die wegen Drogen im Gefängnis sitzen, sind schwarz.« Um das Thema zu wechseln, frage ich schnell: »Waren sich die beiden Schwestern denn jemals wirklich nahe?«
»Das weiß ich nicht. Aber wir können von ihnen lernen, dass man durch die Geschichte die Gegenwart besser verstehen lernt. Die beiden waren sich ähnlicher, als sie selbst erkennen konnten, und bei euch ist es genauso«, antwortet Allie.
Tara und ich starren einander an, dann schauen wir gleichzeitig weg.
»Habt ihr jemals daran gedacht, dass ihr mehrere wichtige Erfahrungen gemeinsam habt – den Verlust des Vaters und eine lange stabile Beziehung zu einer ersten Liebe? Vielleicht nehmt ihr das gar nicht mehr wahr, aber ihr habt beide sehr jung eine sehr starke Beziehung geknüpft. Und es ist für euch beide wichtig, Mutter zu sein. Ihr könnt beide hart und engagiert an etwas arbeiten.« Allie zählt unsere Ähnlichkeiten an den Fingern ab. »Oh, und ihr seid beide sehr schön«, fügt sie lachend hinzu.
»Für Sky war ich immer nervig und störend. Sie wollte nichts mit mir zu tun haben«, sagt Tara, aber sie macht ein seltsames Gesicht, so als würde sie an etwas ganz anderes denken. Dann wendet sie sich mir zu und fragt: »Kommst du zu meinem Konzert in Albuquerque?«
Ich drehe mich weg. »Ich weiß nicht, ob ich so viele Menschen aushalten kann.«
»Erinnerst du dich an den Abend, als wir auf dem Magic Mountain waren? Damals, als Kinder?«
Offenbar verziehe ich das Gesicht, während ich so angestrengt in meinem Gedächtnis krame, denn Tara erklärt weiter: »Dad sollte mich abholen, ist aber nicht erschienen, und du musstest auf mich aufpassen.«
»Das ist doch dauernd passiert.«
»Wir sind auf den Magic Mountain geklettert und haben uns Geheimnisse anvertraut.« Tara versucht, mir auf die Sprünge zu helfen.
Ihr Gesicht hat einen fast flehenden Ausdruck, als sie sich zu mir dreht. Auf einmal erinnere ich mich, und mir kommen die Tränen, weil sich völlig unerwartet die Erinnerung an den Tod meines Vaters mit Troys Tod vermischt und mich der Schmerz überwältigt. Ich nicke und lege die Hände über die Augen.
»Und dieses orange Licht, der Sonnenaufgang mitten in der Nacht, erinnerst du dich auch an den?« Tara lässt sich nicht von meinen Tränen abschrecken.
Wieder nicke ich.
»Daran habe ich an dem Tag gedacht, als Troy im Sterben lag, deshalb hab ich mir bei dem Konzert in L. A. das halbe Gesicht orange geschminkt. Zum Andenken an uns.«
»Oh, deshalb hast du das gemacht! Sah cool aus«, wirft Allie ein. »Das hat dir so eine überirdische Aura verliehen.«
Tara und ich schweigen beide.
»Wisst ihr, ihr werdet immer füreinander da sein – wenn ihr es wollt«, fährt Allie nach einer Weile fort. Natürlich hat sie uns ihre Geschichte nicht ohne Grund erzählt.
»Aber schau dir doch Alma und Nana an – waren die füreinander da?«, fragt Tara.
Allie schüttelt den Kopf. »Bei Mums Beerdigung hat Alma Rotz und Wasser geheult. Aber Nana hat nur den Kopf geschüttelt und gemeint: ›Wer am wenigsten getan hat, muss am lautesten trauern.‹ Im Lauf der Jahre verlor der Krieg für sie an Bedeutung, spielte im Alltag kaum noch eine Rolle. Alma wurde Republikanerin und engagierte sich für Eisenhower. Nana ebenfalls. Aber ob sie ihrer Schwester wirklich verziehen hat, das weiß ich nicht. Und natürlich hat keiner es je vergessen. Selbst ich, zwei Generationen später. Trotzdem waren sie Schwestern.«
Tara wendet sich mir zu. »Ich liebe dich. Ich hab dich schon immer geliebt.«
Aber ich antworte nicht Ich liebe dich auch, Tara . Ich weiß nicht, ob ich das überhaupt jemals zu ihr gesagt habe. Dafür müsste ich wahrscheinlich sehr viele Schichten von Traurigkeit, Wut und Groll abtragen. Aber dann dämmert mir etwas, von dem ich weiß, es ist die Wahrheit. »Ich bin neidisch auf dich. Ich hab dich schon immer beneidet.«
»Ehrlich?«
»Das war doch das Geheimnis, das ich dir
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