Ann Pearlman
Allies Wunsch.
Aaron und ich ignorieren uns gegenseitig. Ich weiß, wir sollten reden, habe aber keinen Schimmer, was ich sagen soll. Jedes Mal, wenn ich ihn sehe, wird mir flau im Magen. Ich möchte, dass er mich in den Arm nimmt. Dass er mir sagt, er vertraut mir und kann ohne mich nicht leben. Er muss doch endlich einsehen, dass ich nichts von dem, was mit King gelaufen ist, provoziert habe. Warum will er nicht verstehen, welche Vorteile Kings Angebot für mich, für uns beide hat?
Nach reiflichem Überlegen wird mir klar, dass es an King liegt. Seinetwegen ist alles so schwierig. Wegen seines überdimensionalen Egos. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Künstler zusammenarbeiten und andere Sänger auf ihren Platten mitwirken lassen. Warum hat es dann den Anschein, dass er unsere Crew auseinanderbringen will? Wozu soll das nötig sein?
Ich suche angestrengt nach einer Möglichkeit, wie ich alles haben kann. Aarons Liebe und sein Vertrauen, unsere Musik, meine Musik und vielleicht auch ein Projekt mit King. Eine Stufe höher auf die Leiter klettern und Starstatus erreichen.
Mein Handy klingelt.
Mom.
Garantiert will sie nur nach Sky fragen, und einen Moment spiele ich mit dem Gedanken, nicht dranzugehen. Und natürlich fragt sie mich als Erstes: »Wie geht es Sky?«
»Warum fragst du mich eigentlich nie nach mir, Mom? Warum sagst du nie: ›Wie geht es dir, Tara? Mag dich dein Publikum? Wie war es im Grand Canyon, du hast dich doch so darauf gefreut, und wie hat dir Allies Bruder gefallen? Wie geht es dir und Aaron und Levy?‹«
Am anderen Ende der Leitung herrscht Stille, dann antwortet Mom: »Weil ich weiß, wie es dir geht, Tara. Das weiß ich immer. Du bist stark und selbstständig.«
»Ach ja?« Ich fühle mich überhaupt nicht stark und selbstständig.
»Ja. Du warst schon als Baby stark.«
Hat sie sich das eingeredet, damit sie kein schlechtes Gewissen zu haben brauchte, weil sie sich nur um meinen Dad und Sky gekümmert hat?
»Du hast immer einen Weg für dich gefunden und das Leben auf deine eigene Art bewältigt, keiner konnte dich aufhalten. Aber Sky, na ja, Sky war meistens so verbissen, dass sie gar nicht gesehen hat, was um sie herum vorging, und einfach blind weitermarschiert ist. Du warst schlau und hast die Dinge auf die Reihe gekriegt. Auch wenn es nicht immer so war, wie es mir recht gewesen wäre.«
Ich weiß, sie denkt an meine Piercings und meine schwarzen Haare. Sie weiß nicht, dass ich das nur deswegen gemacht habe, weil mir mein Vater schon wieder mit einer anderen Frau über den Weg gelaufen war. Ein unverbesserlicher Teenager – ich glaube, so hat sie mich immer genannt. Sie war sicher, dass Aaron mein Leben ruinieren würde. Aber sie war anscheinend immer davon überzeugt, dass ich überlebe, und hat deshalb völlig vergessen, mich zu fragen, was in meinem Leben so abgeht. »Tja, momentan kriege ich aber so einiges nicht auf die Reihe.«
Ich kann es selbst nicht glauben, dass ich ihr davon erzähle, aber ich tu es. Ich erzähle ihr von King, ich erzähle ihr von dem juwelenbesetzten Anhänger, ich erzähle ihr, dass Aaron mit anderen Frauen flirtet. So laufe ich über den Parkplatz, das Handy am Ohr, und rede mit Mom, während die Crew drinnen die Show vorbereitet.
Ich höre, wie sie Luft holt. »Und was wünschst du dir, welche Lösung wäre dir die liebste?«
Ich gebe ihr eine ehrliche Antwort: Ich möchte alles. Ich möchte, dass es zwischen Aaron und mir wieder so ist wie vor Kings Angebot, und ich möchte, dass wir beide mit King zusammenarbeiten.
»Und was will King?«
»Das weiß ich nicht. Sex kann es eigentlich nicht sein. Davon hat er ja genug.«
»Aber vielleicht ist genau das der Haken. Er kann dich nicht haben, also bist du besonders interessant. Und er ist klug genug, dich mit dem in Versuchung zu führen, was du dir wünschst – künstlerische Freiheit und Erfolg.«
Mom glaubt immer noch, dass die Frau die Kontrolle hat. »Warum sieht Aaron denn nicht, dass ich nichts Schlechtes getan habe und auch nicht weggehen will? Warum können wir nicht beide mit King arbeiten?«, frage ich.
»Hat King dich gefragt, ob ihr mit ihm auch als Paar arbeiten würdet?«
»Nein.«
»Für Aaron ist es, als würde er dich hergeben, wenn du mit King arbeitest – als wärst du für ihn nicht wichtig genug.«
Plötzlich ist es mir klar. King zu akzeptieren oder sich damit abzufinden, dass ich den Glitzerschlüssel trage, ist für Aaron nicht nur eine Frage seiner
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