Anna, 13, (un)verliebt
erlebt ja nicht viel.
»Gönnt Lillys Mama den neuen Freund doch«, meinte sie, »kein Mensch ist gern allein.«
Ich habe Oma die Sache mit der Liebe erklärt und mit dem Abgeben und Teilen; sie hat es verstanden. Und weil Oma andere gern ein bisschen ärgert, hatte sie auch gleich noch ein paar Tipps. »Der Klaus darf sich gar nicht erst bei Lilly zu Hause einnisten. Wehret den Anfängen! Wenn er die Schuhe auszieht, knotet die Schnürsenkel fest zusammen. Wenn er über Nacht bleiben will, legt ihm einen fetten Regenwurm ins Bett. Und beim Essen vertauscht ihr Zucker und Salz.«
In Omas Augen blitzte ein boshaftes Funkeln. Sie ist klasse! Genau solche Sachen sind mir auch eingefallen. Aber dann fand ich sie doch ein bisschen albern, irgendwie auf Erstklässlerniveau. Einen Verliebten schrecken solche harmlosen Streiche eh nicht ab. Nein, Lilly und ich müssen uns was Schlimmeres einfallen lassen.
Oma war plötzlich eingeschlafen und ich habe einen Riesenschreck gekriegt, denn sie sah aus wie tot. Ich habe sie gerüttelt und gerufen, dass das so aber wirklich nicht geht. Oma kann nicht einfach tot sein und mich mit den ganzen Problemen allein lassen.
Da ist der Pfleger gekommen und hat gemeint, dass es besser ist, wenn ich jetzt gehe, weil Oma ihre Ruhe braucht.
In der Cafeteria habe ich erst mal ordentlich geheult. Frau Liebermann hat mir eine heiße Schokolade spendiert und mich getröstet. Frau Liebermann wohnt auch im Heim, aber sie ist noch hellwach im Kopf und sehr, sehr nett.
»Irgendwann wird deine Oma sterben, das ist nun mal der Lauf der Dinge. Aber sie wird dich immer lieb haben und du sie auch. Liebe ist stärker als der Tod.«
Dann hat sie von ihrem verstorbenen Alfons erzählt. Die beiden sind immer noch ein glückliches Paar, obwohl Alfons schon seit zehn Jahren unter der Erde ist.
Vielleicht hat Frau Liebermann recht. Vielleicht sitzen die Toten wirklich oben im Himmel auf einem Stern und gucken zu uns runter. Aber bewiesen ist das nicht. Und es ist einfacher, jemanden zu lieben, der nicht auf einem Stern sitzt.
Montag, 3. März
Die drei aus dem Zickenklub waren heute in Topform.
Zoe hatte ein Schminkset mitgebracht und in der Pause standen sie im Mädchenklo vor dem Spiegel. Auf dem Waschbecken lag die neue FANCY :
»Heiße Tipps für sexy eyes.«
Zuerst schminkte Paula Zoe. Dann schmierte Kim-Kathrin Paula schwarzen Kajal um die Augen. Und dann pinselte Zoe Kim-Kathrin an.
Zum Schluss sahen alle drei aus wie Clowns, ich fand es echt zu viel.
»Willst du auch?«, fragte Zoe und hielt mir blauen Lidschatten hin.
Ich hätte sowieso Nein gesagt, aber Paula quiekte schon: »Für Anna ist das nichts. Schlupflider und Brille, ein hoffnungsloser Fall.«
Danke! Ausgerechnet Paula erzählt solchen Mist, die mit ihrem Pferdehintern!
»Du solltest weniger Eyeliner nehmen«, sagte Kim-Kathrin zu Zoe. »Blonde dürfen nicht zu viel Farbe auftragen, das sieht prollig aus.«
Zoe guckte prüfend in den Spiegel. »Find ich nicht. Ich will mir für den Ball die Haare hochstecken, damit mein Rückendekolleté gut zur Geltung kommt. Da kann ein bisschen Farbe nicht schaden.«
»Stimmt, sonst wirkst du zu blass«, bestätigte Paula.
»Apropos blass«, hakte Zoe ein, »bist du eigentlich zufrieden mit dem blauen Kleid bei deinem hellen Teint? Ich an deiner Stelle hätte ja lieber das rote genommen.«
Paula guckte verwirrt. »Ehrlich? Ich kann es noch tauschen …«
»Bloß nicht!«, protestierte Kim-Kathrin. » ICH habe mir gerade was Rotes gekauft.«
»Na und? Du hast die Farbe ja nicht gepachtet. Außerdem finde ich sie bei dir suboptimal.«
Zoe klappte energisch den Schminkkasten zu.
»Ist vielleicht doch am besten, wenn jeder sich um sein eigenes Outfit kümmert.«
Dann war die Pause zu Ende, schade. Lilly und ich lieben solche Auftritte. Wir merken dann immer, was für gute Freundinnen wir sind.
Herr Krüger fand die Schminkversuche vom Zickenklub nicht gut. Er murmelte was von »Kriegsbemalung« und gab uns mit steinerner Miene den Mathetest zurück. Wenn er so guckt, wissen wir: Das war ein Flop. Und sein Gesicht drückte noch mehr aus: Ach, was wäre das Leben schön, wenn alle Schüler sich auf die Schule konzentrieren würden, anstatt sich zu schminken, Fußball zu spielen oder sonst irgendwelchen Mist zu machen!
Ich habe eine Drei minus, das ist eigentlich gar nicht so schlecht. Aber auch nicht richtig gut. Ich sehe schon Mams traurigen Blick und höre ihren Seufzer: »Anna, dein
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