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Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Titel: Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Tolstoi
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verzehrte, hinzu: »Ce poulet va tomber jusqu'au fond de mes bottes. 2 Na, aber jetzt hat es mit unserem Pech ein Ende; von nun an wird alles glücklich vonstatten gehen. Nur fühle ich mich zur Strafe für das, was ich begangen habe, verpflichtet, auf dem Bock zu sitzen. Einverstanden? Wie? Nein, nein, ich werde Ihr Automedon sein. Passen Sie nur auf, wie ich Sie fahren werde!« entgegnete er, als Ljewin ihn bat, doch den Kutscher fahren zu lassen, und ließ die Zügel nicht los. »Nein, ich muß meine Schuld sühnen, und ich fühle mich auch auf dem Bock sehr wohl.« So kutschierte er denn los.
     
    Ljewin hatte einige Besorgnis, er werde die Pferde zu sehr anstrengen, besonders das rechte Seitenpferd, den Fuchs, den er nicht zurückzuhalten verstand. Aber unwillkürlich ließ er sich von Weslowskis Fröhlichkeit anstecken und hörte zu, wie dieser, auf dem Bocke sitzend, während des ganzen Weges Lieder sang und Anekdoten erzählte und mit Vorführungen auseinandersetzte, wie man auf englische Art, four in hand, fahren müsse. So kamen sie alle nach dem Frühstück in vergnügtester Stimmung bei dem Sumpf von Gwosdjewo an.
     
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    1 (frz.) Guter Appetit, gutes Gewissen.
     
    2 (frz.) Dieses Huhn wird mir bis in meine Stiefel fallen.
     

10
     
    W asenka war so scharf zugefahren, daß sie zu früh, als es noch heiß war, bei dem Sumpf anlangten.
     
    Als sie diesen richtigen, großen Sumpf, das Hauptziel ihrer Fahrt, erreicht hatten, überlegte Ljewin unwillkürlich, wie er es anstellen könne, sich Wasenkas zu entledigen und allein und ungestört zu gehen. Stepan Arkadjewitsch hegte offenbar denselben Wunsch, und Ljewin nahm auf seinem Gesicht jenen Ausdruck von Sorge wahr, der sich bei jedem richtigen Jäger vor dem Beginn einer Jagd zeigt, und dazu noch den Ausdruck einer gewissen, ihm besonders eigenen gutmütigen Schlauheit.
     
    »Wie wollen wir denn nun gehen? Der Sumpf sieht ja vorzüglich aus, und ich sehe, es sind auch Habichte da«, sagte Stepan Arkadjewitsch und zeigte auf zwei große Vögel, die über dem hohen Riedgras kreisten. »Wo Habichte sind, da ist unfehlbar auch Wild.«
     
    »Sehen Sie einmal da, meine Herren«, sagte Ljewin, indem er mit etwas finsterer Miene seine Stiefel hinaufzog und die Zündstifte an seinem Gewehre nachsah. »Sehen Sie wohl das Ried da?« Er zeigte auf ein dunkelgrünes Inselchen inmitten einer gewaltig großen, halb abgemähten, feuchten Wiese, die sich an der rechten Seite des Flusses hinzog. »Der Sumpf beginnt gleich hier, unmittelbar vor Ihnen; sehen Sie wohl, wo es grüner wird. Von da zieht er sich nach rechts, wo die Pferde gehen; da sind Erdhöcker, und da finden sich Schnepfen; auch um dieses Ried herum, da bis an jenes Erlenwäldchen und bis dicht an die Mühle heran. Dort, siehst du, da, wo die Bucht ist. Das ist die beste Stelle. Da habe ich einmal siebzehn Bekassinen geschossen. Wir wollen mit den beiden Hunden nach verschiedenen Richtungen auseinandergehen und dort bei der Mühle wieder zusammentreffen.«
     
    »Na ja, wer soll denn nun rechts gehen und wer links?« fragte Stepan Arkadjewitsch. »Rechts ist der Sumpf breiter; geht ihr beide da, und ich werde links gehen«, sagte er scheinbar so leichthin.
     
    »Vorzüglich! Wir wollen ihn mit unserer Jagdbeute gehörig ausstechen. Na, kommen Sie, kommen Sie, kommen Sie!« stimmte Wasenka seinem Vorschlag bei.
     
    Ljewin konnte nicht nein sagen. Bevor sie sich trennten, mußten sie noch eine kurze Strecke zusammenbleiben.
     
    Kaum hatten sie den Sumpf betreten, als die beiden Hunde gleichzeitig zu suchen anfingen und nach einigen rostbraunen Wasserlachen strebten. Ljewin kannte Laskas vorsichtige, unbestimmte Art zu suchen; er kannte auch die Stelle und machte sich auf einen ganzen Schwarm Bekassinen gefaßt.
     
    »Weslowski, halten Sie sich neben mir, immer neben mir!« flüsterte er seinem Gefährten zu, der hinter ihm her durch das Wasser patschte; denn nach dem unvermuteten Schuß beim Kolpenskischen Sumpfe interessierte sich Ljewin unwillkürlich für die Richtung von Weslowskis Flinte.
     
    »Nein, nein, ich möchte Sie nicht stören; bitte, denken Sie gar nicht an mich.«
     
    Aber unwillkürlich dachte Ljewin doch an ihn und erinnerte sich an das, was ihm Kitty beim Abschied gesagt hatte: ›Nehmt euch nur in acht, daß ihr nicht einer den andern totschießt.‹ Näher und näher kamen die Hunde, einander ausweichend und jeder seinen Strich verfolgend. Die Spannung auf das Erscheinen der

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