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Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Titel: Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Tolstoi
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der Jagdtasche, als er den Sumpf verließ und zu dem Erlenwäldchen ging, wo er mit Stepan Arkadjewitsch wieder zusammentreffen sollte.
     
    Noch ehe er Stepan Arkadjewitsch sah, erblickte er dessen Hund. Unter dem von Erde entblößten Wurzelwerk einer Erle hervor kam Crack angesprungen, ganz schwarz von übelriechendem Sumpfschlamm, und beschnüffelte Laska mit Siegermiene. Hinter Crack zeigte sich im Schatten der Erlen auch Stepan Arkadjewitschs stattliche Gestalt. Mit rotem Gesicht, schweißbedeckt, mit aufgeknöpftem Kragen, immer hinkend, kam er auf Ljewin zu.
     
    »Nun, wie steht's? Ihr habt ja so oft geschossen!« sagte er fröhlich lächelnd.
     
    »Und du?« fragte Ljewin. Aber die Frage war unnötig; denn er sah schon die gefüllte Jagdtasche.
     
    »Nun, es geht an.«
     
    Er hatte vierzehn Stück.
     
    »Ein prächtiger Sumpf! Dir ist gewiß Weslowskis Begleitung hinderlich gewesen. Zwei Jäger mit einem Hunde, das ist immer eine mißliche Sache«, sagte Stepan Arkadjewitsch, um seinen Triumph etwas herabzumindern.
     
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    1 (frz.) Was sagen sie?
     
    2 (frz.) Gehen wir, das ist reizend.
     

11
     
    A ls Ljewin und Stepan Arkadjewitsch zu dem Häuschen des Bauern kamen, bei dem Ljewin immer zu rasten pflegte, war Weslowski schon dort. Er saß mitten in der Stube, hielt sich mit beiden Händen an einer Bank fest, von der ihn ein Soldat, ein Bruder der Hausfrau, an den schlammbedeckten Stiefeln herunterzuziehen versuchte, und lachte mit seinem fröhlichen Lachen, das für die Hörer immer etwas Ansteckendes hatte.
     
    »Ich bin eben erst gekommen. Ils ont été charmants. 1 Denken Sie sich nur: sie haben mir zu essen und zu trinken gegeben. Und das Brot war geradezu wundervoll! Délicieux! 2 Und ein Schnaps! – ich habe in meinem Leben keinen besseren getrunken. Und Geld wollten sie absolut nicht annehmen. Immer sagten sie: ›Nimm fürlieb!‹«
     
    »Wie werden sie denn Geld nehmen? Wo Sie doch ihr Gast waren. Zu verkaufen haben sie doch keinen Branntwein«, sagte der Soldat, der endlich den durchnäßten Stiefel mitsamt dem schwarz gewordenen Strumpf herunterbekommen hatte.
     
    Trotz der Unsauberkeit des Zimmers, das durch die Stiefel der Jäger und durch die schmutzigen, sich beleckenden Hunde verunreinigt war, trotz des Sumpf- und Pulvergeruchs, mit dem es erfüllt war, und trotz des Fehlens von Messern und Gabeln tranken die Jäger ihren Tee und verzehrten ihr Abendbrot mit einem Appetit, wie man ihn nur auf der Jagd kennenlernt. Nachdem sie sich gewaschen und gesäubert hatten, begaben sie sich in die ausgefegte Heuscheune, wo die Kutscher Lagerstätten für die Herren zurechtgemacht hatten.
     
    Obgleich es schon dunkel war, hatte doch noch keiner der Jäger Lust zu schlafen.
     
    Nachdem das Gespräch sich eine Weile in Erinnerungen und Erzählungen über die an diesem Tage abgegebenen Schüsse, über die Hunde und über frühere Jagden bewegt hatte, wendete es sich einem Gegenstand zu, der alle interessierte. Aus Anlaß wiederholter schwärmerischer Ausdrücke Wasenkas über dieses entzückende Nachtlager und den Duft des Heus, über einen entzückenden zerbrochenen Bauernwagen (er hielt ihn für zerbrochen, weil die Vorderräder samt ihrer Achse abgenommen waren), über die Gutherzigkeit der Bauern, die ihn mit Schnaps bewirtet hatten, und über die Hunde, von denen ein jeder zu Füßen seines Herrn lag, erzählte Oblonski von einer wundervollen Jagd bei dem schwerreichen Eisenbahnunternehmer Maltus, die er im vorigen Sommer mitgemacht hatte. Er erzählte, welch großartige Moore dieser Maltus im Gouvernement Twer erworben habe und wie vorzüglich sie in Ordnung gehalten würden und in welch vornehmen Wagen, Dogcarts, die Jäger hinbefördert worden seien und welch verschwenderisches Frühstückszelt am Moore aufgeschlagen gewesen war.
     
    »Es ist mir unverständlich«, sagte Ljewin, indem er sich auf seinem Heulager aufrichtete, »daß dir solche Leute nicht zuwider sind. Ich habe Verständnis dafür, daß ein Frühstück mit Lafitte eine vergnügliche Sache ist; aber ist dir der Luxus nicht gerade bei diesen Leuten zuwider? Alle diese Leute, ganz wie ehemals unsere Branntweinpächter, erwerben ihr Geld auf eine solche Weise, daß sie sich dabei die allgemeine Verachtung zuziehen; aber um diese Verachtung kümmern sie sich herzlich wenig, sondern kaufen sich nachher mit dem ehrlos erworbenen Geld von der früheren Verachtung wieder frei.«
     
    »Vollkommen richtig!« stimmte Wasenka

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