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Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Titel: Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Tolstoi
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gutes Herz und hat mir meine Stellung wesentlich erleichtert. Ich sehe, daß du die ganze Schwierigkeit meiner Stellung nicht überblickst ... ich meine, dort, in Petersburg«, fügte sie hinzu. »Hier bin ich vollständig ruhig und glücklich. Nun, aber davon später. Ich muß dir doch unsere Gäste weiter aufzählen. Dann kommt Swijaschski; er ist Adelsmarschall und ein sehr verständiger Mensch; aber er hat Alexei nötig. Du verstehst, bei seinem Vermögen kann Alexei jetzt, wo wir auf dem Lande wohnen, einen großen Einfluß ausüben. Ferner Tuschkewitsch; du hast ihn schon gesehen, er verkehrte viel bei Betsy. Jetzt hat man ihn dort abgeschoben, und er ist nun zu uns gekommen. Er ist, wie Alexei zu sagen pflegt, einer von den Menschen, die sehr angenehm sind, wenn man sie für das nimmt, was sie scheinen möchten; et puis, ›il est comme il faut‹ 3 , wie die Prinzessin Warwara sagt. Dann Weslowski ... den kennst du. Ein sehr netter junger Mensch«, sagte sie, und ein schelmisches Lächeln spielte dabei um ihre Lippen. »Was ist denn das für eine tolle Geschichte, die er mit Ljewin gehabt hat? Weslowski hat Alexei davon erzählt; aber wir glauben es nicht recht. Il est très gentil et naïf 4 «, sagte sie wieder mit demselben Lächeln. »Die Männer müssen Unterhaltung haben, und Alexei braucht ein Publikum; darum ist mir diese ganze Gesellschaft wertvoll. Es muß bei uns lebhaft und heiter zugehen, und Alexei darf nicht dazu kommen, nach etwas Neuem zu verlangen. Ferner wirst du den Verwalter zu sehen bekommen. Er ist ein Deutscher, ein sehr braver Mensch, und versteht seine Sache. Alexei schätzt ihn sehr. Dann der Arzt, ein junger Mensch, nicht eigentlich vollständiger Nihilist, aber, weißt du, er ißt mit dem Messer ... jedoch ein sehr tüchtiger Arzt. Dann der Baumeister ... Une petite cour. 5 «
     
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    1 (frz.) Sie ist ganz allerliebst.
     
    2 (frz.) Aber ich werde dir nichts ersparen.
     
    3 (frz.) und außerdem benimmt er sich so, wie es sich gehört.
     
    4 (frz.) Er ist sehr liebenswürdig und naiv.
     
    5 (frz.) Ein kleiner Hof.
     

20
     
    » N un, Prinzessin, da bringe ich Ihnen auch Dolly, mit der Sie so gern zu reden wünschten«, sagte Anna, als sie mit Darja Alexandrowna auf die große steinerne Terrasse hinaustrat, wo die Prinzessin Warwara im Schatten an einem Stickrahmen saß und an einem Sesselbezug für den Grafen Alexei Kirillowitsch arbeitete. »Sie sagt, sie wolle vor dem Mittagessen nichts genießen; aber lassen Sie nur doch etwas zum Frühstück herbringen, und ich werde unterdessen Alexei suchen und sie alle herholen.«
     
    Die Prinzessin Warwara empfing Dolly freundlich und etwas gönnerhaft und begann ihr sofort auseinanderzusetzen, sie habe sich bei Anna deshalb zu längerem Aufenthalte niedergelassen, weil sie immer eine größere Zuneigung zu ihr gehabt habe als ihre Schwester Katerina Pawlowna (eben die, bei der Anna erzogen worden war); und jetzt, wo sich alle von Anna losgesagt hätten, halte sie es für ihre Pflicht, ihr in dieser besonders schweren Zeit des Überganges behilflich zu sein.
     
    »Sobald ihr Mann in die Scheidung willigt, kehre ich wieder in meine Einsamkeit zurück; aber jetzt kann ich hier nützlich sein und erfülle meine Pflicht, so schwer es mir auch wird; ich mache es eben nicht wie andere Leute. Und wie lieb von dir, daß du hergekommen bist; daran hast du wirklich ein gutes Werk getan! Sie leben völlig wie die besten Ehegatten; Gott wird sie beide richten, uns steht das nicht zu. Und war es etwa nicht dieselbe Sache bei Birjusowski mit Frau Awenjewa ... und auch bei Nikandrow und Frau Mamonowa, und bei Wasiljew und Lisa Neptunowa? Und da hat doch niemand darüber geredet; und das Ende war schließlich, daß sie überall wieder empfangen wurden. Und dann, c'est un intérieur si joli, si comme il faut. Tout à fait à l'anglaise. On se réunit le matin au breakfast et puis on se sépare. 1 Jeder tut bis zum Abendessen, was er will. Abendessen um sieben Uhr. Stiwa hat sehr recht daran getan, daß er dich hergeschickt hat. Er muß zu ihnen halten. Du weißt doch, daß Wronski durch seine Mutter und seinen Bruder alles erreichen kann. Und dann tun sie auch sehr viel Gutes. Hat er dir von seinem Krankenhause erzählt? Ça sera admirable 2 ... es kommt alles aus Paris.«
     
    Das Gespräch der beiden Damen wurde durch Anna unterbrochen, die die Herren alle zusammen im Billardzimmer gefunden hatte und nun mit ihnen auf die Terrasse zurückkehrte.

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