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Anna Karenina

Anna Karenina

Titel: Anna Karenina Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lew Tolstoi
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Ja, auch Dram, so ein ehrenhafter, tüchtiger Mann ... Semjonow, Tschagin, Sigonin‹, all diese betrogenen
    Ehemänner stellte Alexei Alexandrowitsch sich im Gedächtnis zusammen. ›Allerdings fällt auf diese Männer ein der
    gesunden Vernunft widerstreitendes ridicule; aber ich meinerseits habe darin nie etwas anderes als ein ihnen
    zugestoßenes Unglück gesehen und sie stets wegen eines solchen Unglücks bedauert‹, sagte Alexei Alexandrowitsch zu
    sich, wiewohl das der Wahrheit nicht entsprach und er Unglückliche dieser Art nie bedauert, sondern nur sich selbst
    in seiner Selbstachtung immer mehr gehoben gefühlt hatte, je mehr sich die Beispiele von Frauen häuften, die ihren
    Gatten die Treue brachen. ›Es ist das ein Unglück, das einen jeden treffen kann. Und dieses Unglück hat nun auch
    mich getroffen. Es handelt sich jetzt nur darum, wie man diese Lage am besten übersteht.‹ Und nun durchdachte er
    eingehend die verschiedenen Wege des Handelns, die Männer in derselben Lage wie er eingeschlagen hatten.
    ›Darjalow hat sich duelliert ...‹
    Über das Duell Betrachtungen anzustellen, dazu hatte Alexei Alexandrowitsch, als er noch ein junger Mensch war,
    sich immer ganz besonders hingezogen gefühlt, weil er seinem ganzen Wesen nach ein furchtsamer Mensch war und dies
    auch recht wohl wußte. Nicht ohne Entsetzen vermochte er an eine auf ihn gerichtete Pistole zu denken und hatte nie
    in seinem Leben von irgendeiner Waffe Gebrauch gemacht. Diese Ängstlichkeit hatte ihn in seiner Jugend oft
    veranlaßt, an ein Duell zu denken und sich in eine Lage hineinzuversetzen, wo er gezwungen sein würde, sein Leben
    einer solchen Gefahr preiszugeben. Als er in seiner Laufbahn Erfolg gehabt und eine feste Stellung im Leben erlangt
    hatte, war diese Überlegung bei ihm lange Zeit in Vergessenheit geraten; aber doch war sie ihm immer noch so
    geläufig, daß sie auch jetzt noch ihren Platz behauptete; und die Besorgnis wegen seiner Feigheit erwies sich auch
    jetzt noch als so stark, daß Alexei Alexandrowitsch die Frage eines Duells lange von allen Seiten erwog und
    gleichsam liebkosend damit spielte, wiewohl er im voraus wußte, daß er sich in keinem Falle duellieren werde.
    ›Zweifellos ist bei uns die obere Gesellschaftsschicht noch so wenig zuvilisiert (anders als in England), daß
    sehr viele (und unter diesen vielen waren auch Männer, auf deren Meinung Alexei Alexandrowitsch besonderen Wert
    legte) dem Duell eine gute Seite abgewinnen; aber was für ein Erfolg kann durch ein Duell erzielt werden? Nehmen
    wir an, ich fordere ihn‹, fuhr Alexei Alexandrowitsch in seinen Überlegungen fort; aber als er sich nun lebhaft die
    Nacht vorstellte, die er nach der Forderung verleben würde, und dann die auf ihn gerichtete Pistole, da zuckte er
    zusammen und wurde sich klar darüber, daß er das nie tun werde – ›nehmen wir an, ich fordere ihn. Nehmen wir an,
    man leitet mich an‹, dachte er weiter, ›man stellt mich auf meinen Platz, ich drücke auf den Abzug‹, sagte er bei
    sich und machte die Augen zu, ›und es stellt sich heraus, daß ich ihn getötet habe‹, sagte Alexei Alexandrowitsch
    zu sich und schüttelte mit dem Kopfe, um diese törichten Gedanken zu verscheuchen. ›Welchen Sinn hat es, einen
    Menschen zu töten, um das eigene Verhältnis zu einer verbrecherischen Gattin und einem Sohn zu ordnen? Ich werde
    mir nachher ganz ebenso darüber schlüssig werden müssen, was ich mit ihr machen soll. Oder, was noch
    wahrscheinlicher ist, ja zweifellos eintreten wird, ich werde getötet oder verwundet. Ich, ein schuldloser Mensch,
    ein Opfer fremder Schlechtigkeit, werde getötet oder verwundet. Das ist noch sinnloser. Und damit noch nicht genug:
    eine Forderung von meiner Seite würde eine unehrenhafte Handlung sein. Als ob ich nicht voraus wüßte, daß meine
    Freunde es nie zu lassen werden, daß ich mich duelliere, es nie zulassen werden, daß ein Staatsmann, den Rußland
    braucht, sein Leben einer solchen Gefahr aussetze. Was würde also die Folge sein? Die Folge würde sein, daß es
    schiene, als hätte ich, vorauswissend, daß es nie zu einer wirklichen Gefahr kommen werde, mich durch diese
    Forderung nur mit einem falschen Ruhm umgeben wollen. Eine solche Handlungsweise ist nicht ehrenhaft, das ist eine
    Unwahrhaftigkeit, ein Versuch, andere und sich selbst zu täuschen. Ein Duell ist hier ganz ausgeschlossen, und
    niemand erwartet ein solches von mir. Meine Aufgabe besteht darin, meinen

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