Anna Karenina
ist mir mal eine Freude!« sagte er, drückte ihm die Hand und führte ihn ein wenig zur Seite.
»Sorgt für sein leibliches Wohl!« rief der Regimentskommandeur dem Rittmeister Jaschwin zu, indem er auf Wronski
deutete, und ging zu den Soldaten hinunter.
»Warum warst du gestern nicht beim Rennen?« fragte Wronski, während er Serpuchowskoi mit lebhaftem Interesse
betrachtete. »Ich hatte gehofft, dich da zu sehen.«
»Ich bin dagewesen, kam aber erst ziemlich spät. Entschuldige«, fügte er hinzu und wandte sich zu seinem
Adjutanten: »Bitte, lassen Sie dies in meinem Namen unter die Leute verteilen, soviel wie auf den Mann kommt.«
Er holte eilig aus seiner Brieftasche drei Hundertrubelscheine heraus und wurde ganz rot dabei.
»Wronski! Möchtest du etwas essen oder trinken?« fragte Jaschwin. »Heda! Bring mal für den Grafen etwas zu essen
her! Und hier, nimm, trink!«
Das Trinkgelage bei dem Regimentskommandeur zog sich recht lange hin.
Es wurde sehr viel getrunken. Die Offiziere schaukelten, als besondere Ehrenbezeigung, Serpuchowskoi auf den
Armen, warfen ihn in die Höhe und fingen ihn wieder auf. Dann wurde dem Regimentskommandeur dieselbe Ehre erwiesen.
Dann tanzte der Regimentskommandeur selbst mit Petrizki nach einer von den dabeistehenden Regimentssängern
gesungenen Weise. Dann setzte sich der Regimentskommandeur, der schon etwas matt geworden war, auf dem Hofe auf
eine Bank und begann dem Rittmeister Jaschwin Rußlands Überlegenheit über Preußen, namentlich in der
Kavallerieattacke, auseinanderzusetzen, und die Trinker verhielten sich eine kurze Zeit ruhig. Serpuchowskoi ging
ins Haus, ins Ankleidezimmer, um sich die Hände zu waschen, und fand dort Wronski, der sich mit Wasser bespülte. Er
hatte die Litewka ausgezogen, hielt seinen haarigen, roten Hals unter den Wasserstrahl der Wascheinrichtung und
rieb Hals und Kopf kräftig mit den Händen. Als er mit dieser Waschung fertig war, setzte er sich zu Serpuchowskoi
gleich dort im Ankleidezimmer auf ein kleines Sofa, und es entspann sich nun zwischen ihnen ein Gespräch, das sie
beide sehr interessierte.
»Ich habe stets genaue Nachrichten über dich durch meine Frau erhalten«, sagte Serpuchowskoi. »Ich freue mich
sehr, daß du sie öfters besucht hast.«
»Sie ist mit Warja befreundet, und das sind die beiden einzigen Damen in Petersburg, mit denen es mir Vergnügen
macht zu verkehren«, antwortete Wronski lächelnd. Er lächelte, weil er vorausgesehen hatte, welchem Thema sich das
Gespräch zuwenden würde, und freute sich, dies richtig beurteilt zu haben.
»Die einzigen?« fragte Serpuchowskoi lächelnd.
»Auch ich habe viel von dir gehört, aber nicht durch deine Frau«, versetzte Wronski und wies durch die ernste
Miene, die er auf einmal machte, diese Anspielung zurück. »Ich habe mich sehr über deinen Erfolg gefreut; aber ich
habe mich darüber in keiner Weise gewundert; ich hatte sogar noch mehr erwartet.«
Serpuchowskoi lächelte. Es machte ihm offenbar Vergnügen, ein solches Urteil über sich zu hören, und er hielt
nicht für nötig, das zu verbergen.
»Ich habe, im Gegenteil, offen gestanden, weniger erwartet. Aber ich freue mich, sehr freue ich mich. Ich bin
ehrgeizig; das ist eine Schwäche von mir, deren ich mich schuldig bekenne.«
»Vielleicht würdest du sie nicht bekennen, wenn du keinen Erfolg gehabt hättest«, erwiderte Wronski.
»Das mag wohl sein«, antwortete Serpuchowskoi wieder lächelnd. »Ich will nicht sagen, daß es sich ohne Ehrgeiz
überhaupt nicht verlohnte zu leben; aber es wäre dann doch eine langweilige Sache. Natürlich kann ich mich darin
vielleicht irren, aber ich möchte doch meinen, daß ich eine gewisse Befähigung für den Wirkungskreis besitze, den
ich mir ausgewählt habe, und daß die Macht zu wirken – wieviel auch immer mir davon zufallen mag, wenn mir
überhaupt etwas davon zufällt – besser in meinen Händen ruhen wird als in den Händen vieler anderer Leute, die ich
kenne«, sagte Serpuchowskoi, strahlend im Bewußtsein seines Erfolges. »Und darum bin ich um so zufriedener, je
näher ich einem Platze komme, der mir eine größere Wirksamkeit gestattet.«
»Das ist vielleicht für dich zutreffend, aber nicht für alle. Ich habe früher ebenso gedacht; aber nun lebe ich
so ganz einfach dahin und finde, daß es nicht lohnt, lediglich für den Ehrgeiz zu leben«, entgegnete Wronski.
»Du haben wir's, da haben wir's!« antwortete Serpuchowskoi
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