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Anna Karenina

Anna Karenina

Titel: Anna Karenina Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lew Tolstoi
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Abteilungen zerlegt und sollten getrennte
    Betriebsgebiete bilden. Der treuherzige Viehwärter Iwan, der nach Ljewins Ansicht die Sache von allen am besten
    begriffen hatte, wählte sich noch einige Genossen dazu, vorzugsweise aus seiner eigenen Familie, und wurde
    Genossenschafter beim Viehhofe. Ein weit entferntes Feld, das acht Jahre lang brachgelegen hatte, wurde mit Hilfe
    des klugen Zimmermannes Fjodor Rjesunow von sechs Bauernfamilien auf Grund der neuen genossenschaftlichen
    Abmachungen übernommen, und der Bauer Schurajew übernahm auf derselben Grundlage die sämtlichen Gemüsegärten. Alles
    übrige blieb vorläufig noch beim alten; aber diese drei Abteilungen bildeten den Anfang der neuen
    Wirtschaftsordnung und beschäftigten Ljewin vollauf.
    Allerdings ging die Sache auf dem Viehhofe einstweilen nicht besser als vorher, und Iwan widersetzte sich
    energisch der Unterbringung der Kühe in warmen Ställen und der Bereitung der Butter aus süßer Sahne, indem er
    behauptete, die Kuh brauche im Kalten weniger Futter, und das Buttern aus saurer Sahne sei ergiebiger. Auch
    forderte er seinen Lohn wie bei der alten Einrichtung, und es war ihm ganz gleichgültig, daß das Geld, das er
    erhielt, nicht Lohn, sondern ein Vorschuß auf seinen Anteil am Gewinn war.
    Allerdings unterließ es Fjodor Rjesunows Genossenschaft, das Land vor der Aussaat nochmals mit modernen Pflügen
    umzuackern, wie doch verabredet war, und entschuldigte sich damit, die Zeit sei zu kurz gewesen. Allerdings
    bezeichneten die Bauern dieser Genossenschaft, obgleich sie mit Ljewin übereingekommen waren, die Bewirtschaftung
    auf der neuen Grundlage durchzuführen, dieses Land dennoch nicht als gemeinschaftliches, sondern als auf Halbpart
    gepachtetes, und mehr als einmal hatten sowohl die Bauern dieser Genossenschaft wie auch Rjesunow selbst zu Ljewin
    gesagt: »Sie hätten eine bestimmte Geldsumme für das Land nehmen sollen; dann hätten Sie mehr Ruhe, und wir hätten
    mehr freie Hand.« Außerdem schoben diese Bauern immer unter verschiedenen Vorwänden die mit ihnen vereinbarte
    Erbauung eines Viehhofes und einer Getreidedarre auf diesem Lande auf und zogen die Sache bis zum Winter hin.
    Allerdings hatte Schurajew die größte Lust, die von ihm übernommenen Gemüsegärten in kleinen Losen an einzelne
    Bauern zu verpachten. Er hatte offenbar die Bedingungen, unter denen ihm das Land übergeben war, völlig
    mißverstanden, und zwar, wie es schien, absichtlich mißverstanden.
    Allerdings hatte Ljewin oft, wenn er mit den Bauern sprach und ihnen alle Vorteile des Unternehmens darlegte,
    die Empfindung, als ob die Bauern dabei nur auf den Tonfall seiner Stimme hörten und sich fest vornähmen, er möge
    sagen, was er wolle, sich nicht von ihm hinters Licht führen zu lassen. Ganz besonders hatte er dieses Gefühl, wenn
    er mit dem Klügsten unter den Bauern, mit Rjesunow, sprach und in dessen Augen ein heimliches Aufleuchten bemerkte,
    in dem sowohl der Spott über ihn, Ljewin, wie auch die bestimmte Überzeugung deutlich zum Ausdruck kam, daß, wenn
    jemand bei der Sache geprellt werden sollte, dies jedenfalls nicht er, Rjesunow, sein werde.
    Aber trotz alledem meinte Ljewin doch, daß die Sache nun in Gang gekommen sei und daß, wenn er nur streng
    Rechnung führe und bei seinem Vorsatze beharre, er in Zukunft die Bauern von den Vorteilen einer solchen
    Einrichtung schon noch werde überzeugen können und daß dann die Sache ganz von selbst gehen werde.
    Durch diese Geschäfte und dazu noch durch den übrigen Wirtschaftsbetrieb, der in seinen Händen geblieben war,
    sowie auch durch die schriftstellerische Tätigkeit an seinem Buche, durch all dies war Ljewin den ganzen Sommer
    über so stark in Anspruch genommen, daß er fast gar nicht auf die Jagd fuhr. Ende August erfuhr er von dem
    Oblonskischen Diener, der ihm den Sattel zurückbrachte, daß die Familie wieder nach Moskau gereist sei. Er sagte
    sich, daß er durch die Unhöflichkeit, mit der er den Brief Darja Alexandrownas unbeantwortet gelassen hatte – ein
    Benehmen, an das er nicht ohne Schamröte zurückdenken konnte –, seine Schiffe hinter sich verbrannt habe und sich
    bei dieser Familie nie mehr blicken lassen könne. Ebenso unartig hatte er sich auch gegen Swijaschski benommen,
    indem er, ohne Lebewohl zu sagen, abgefahren war. Er nahm sich vor, auch zu diesem nie wieder hinzufahren. Aber
    jetzt war ihm das gleichgültig. Die Angelegenheit mit der Umgestaltung seiner

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