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Anna Marx 9: Feuer bitte

Anna Marx 9: Feuer bitte

Titel: Anna Marx 9: Feuer bitte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Grän
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hat er hier übernachtet?«
    »Dreimal insgesamt. Und ich war einmal in Brüssel. Er hat auch eine Wohnung in Berlin. Hatte. Von seiner Großmutter geerbt, aber ich war nie da. Ich schlafe nicht gern woanders, und er mochte die Wohnung nicht. Sie war ihm zu groß.« Anna verspürt Hunger, sie hat noch nicht gefrühstückt, und ihr Magen trauert nicht mehr. Sie wünscht, die Kommissarin würde gehen – und hat gleichzeitig Angst davor.
    »Der Tote war wohl recht wohlhabend. Sie schuldeten ihm Geld, nicht wahr?«
    Woher weiß sie das schon wieder? Anna hat nicht die Absicht, ihr von einem alten Jaguar zu erzählen. Sie sieht Philip Marlowe an, der nur zynisch lächelt.
    »Wir haben einen Bierdeckel in seiner Tasche gefunden. Neben den Tickets. Ein ungewöhnlicher Schuldschein: wie viel?«
    »Zehntausend, siebentausend habe ich zurückbezahlt. Ich war vorübergehend etwas klamm, und er war eben großzügig.« Das klingt defensiv. Sie hat gelogen: Es waren nur dreitausend, die sie ihm gab. Er wird es nicht mehr bestreiten können. Armer Liebling, er hat Anna doch tatsächlich gedroht, dass er vor seinem Abflug die gesamte Summe von ihr fordere. Weil er so erbost darüber war, dass sie nicht mitkommen wollte. Und hier, meine Damen und Herren, läge das Motiv: Geld. Das häufigste Motiv in Mordfällen. »Ich könnte dich umbringen.« Hat sie das tatsächlich zu ihm gesagt?
    »Warum erröten Sie?« Wanda Krolls Augen saugen sich an Annas Wangen fest. Sie sind absolut nicht mädchenhaft, diese Augen.
    »Weil … ich mich an die Nacht erinnere. Sie war sehr schön. Trotzdem, es war nur eine Affäre. Ich wäre nie mitgekommen.«
    »Obwohl Sie als Detektivin nicht wahnsinnig erfolgreich sind.«
    Das war eine Feststellung, und Anna zuckt mit den Achseln. »Na ja, ich habe nicht die lukrativsten Aufträge. Aber ich komme zurecht. Und Geld wäre ja nun kein Grund, einem Mann ans Ende der Welt zu folgen.« Doch, und sie hat daran gedacht. Dass alle finanziellen Sorgen ein Ende hätten. Nie mehr Steuererklärungen oder unbezahlte Rechnungen. Sie hat diesen Aspekt seines Angebots sehr genau erwogen. Reichtum schändet nicht. Doch er führt in Abhängigkeiten, für die ihr die Demut fehlt. Oder die Leichtigkeit. Zu alt, zu starrsinnig, zu lange allein … es wäre nicht gut gegangen. Es ist nicht gut gegangen.
    »Sie haben Ihren Schuh ruiniert.« Wanda Kroll zeigt auf Annas rechten Pradafuß. Ihre Vernehmungstaktik hat Anna noch nicht durchschaut, vielleicht ist sie einfach nur eine chaotische, unglückliche Person, die dieser Fall im Grunde nicht interessiert.
    »Ich bin mit dem Schuh an seine Hüfte gekommen, weil ich vor Schreck fast über den Tisch gefallen wäre. Es war ja überall Blut.«
    »Schade drum«, sagt die Kroll, und Anna könnte jetzt lachen oder weinen.
    Das Lachen war ihr immer näher. Auch wenn ihr Lieblingsschuh ruiniert und Liebling tot ist. Anna befindet sich immer noch im Zustand leichter Hysterie, gepaart mit schwerem Schock. Die Zigarettenpackung liegt in der Küche, und dorthin geht sie jetzt, gefolgt von ihrem Schatten. Wanda Kroll trägt flache Schuhe, mit denen sie lautlos schreiten kann. Anna hat nie verstanden, warum die Kommissarinnen im Fernsehen ihre Täter in Stöckelschuhen jagen.
    »Es wird ein schwieriger Fall. Wir müssen mit den Kollegen in Brüssel kooperieren. Interessiert es Sie gar nicht, wer ihn ermordet hat?«
    »Doch«, sagt Anna. »Im Augenblick versuche ich noch zu begreifen, dass es geschehen ist, das ist alles. Ich bin weggegangen, um fürs Frühstück einzukaufen und die Zeitung zu holen.« Sie hatte keine Zigaretten mehr, das war der wirkliche Grund. Eine Nacht lang getrunken, geraucht und gestritten. Einmal Sex dazwischen, und mit jedem Stoß wollte er sie überzeugen. Hörte gar nicht auf, und sie lag unter ihm und dachte an seinen Bruder David. »Liebling war noch im Bett, als ich ging. Wahrscheinlich ist er dann aufgestanden und ins Bad. Er war ja angezogen, als es … klingelte.«
    »Meine Kollegen befragen gerade die Nachbarn, ob sie etwas gesehen oder gehört haben. Vielleicht haben wir ja Glück.«
    Fast alle schlafen noch um diese Zeit, denkt Anna. Die Gogo-Tänzerinnen, das schwule Paar und Fjodor sind Nachtschwärmer. Frau Izmir aus dem vierten Stock putzt um diese Zeit am Flughafen. Bliebe die Rentnerin im Parterre, die mit Aufputschpillen handelt. Sie hat früher als Krankenschwester gearbeitet und findet ihre Altersversorgung obszön. Sie hegt eine gewisse Abneigung

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