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Anna Marx 9: Feuer bitte

Anna Marx 9: Feuer bitte

Titel: Anna Marx 9: Feuer bitte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Grän
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kennen lernen. Wann kommst du zurück?«
    »Bald«, erwidert Anna. Wenn Alicia überlebt und Anna weiß, warum sie eine Idiotin ist.
    »Also, das wollte ich dir nur sagen. An unseren Italienplänen ändert das natürlich nichts. Wir ziehen einfach zu viert dahin …«
    Anna hört das Plärren eines Babys und fragt sich, wo das glatzköpfige Wunder ist, das es bemuttert. Doch Sibylle sagt, dass sie auflegen müsse, offenbar ist Archie abwesend. Anna presst ihren Zeigefinger auf die rote Taste. Wir ziehen einfach zu viert nach Italien, das ist wunderbar, sie wollte schon immer viertes Rad am Wagen sein. So ist das mit Frauenplänen: Lass einen Mann des Weges kommen, und er vernichtet mit leichter Hand jeden Pakt des Lebens.
    Sie sieht einen Arzt den Raum verlassen, in den Alicia verschwunden ist. Anna steht auf und läuft barfuß auf ihn zu. »Alicia Winter … wie geht es ihr?«
    »Sind Sie eine Verwandte?«
    Es ist unkomplizierter zu nicken, und er antwortet, dass Frau Winter stabil, aber noch nicht über den Berg sei, bevor er weitereilt und eine ratlose Rothaarige zurücklässt. Weil sie ihn nicht mehr fragen konnte, ob sie zu Alicia dürfe, geht Anna nach kurzem Zögern einfach durch die Tür, deren Aufschrift vermutlich besagt, dass Unbefugten der Zutritt verboten sei. Kann sie Französisch?
    Eine Krankenschwester blockiert ihren Weg, bevor sie zu Alicia gelangen könnte. Dieselbe, die ihr Handy missbilligend betrachtet hatte. »Raus!«, schreit sie und schubst Anna beinahe durch die Schwingtür. Kümmert es sie, dass Anna stolpert und beinahe gefallen wäre? Dies ist ein Ort zum Sterben, und ergeben setzt sich die Marx wieder auf den Boden. Sie ist müde, und wenn sie sich auf die große Handtasche legt, hat sie eine Art Kissen, nicht sehr bequem, aber ausreichend für die Notlage, die Sehnsucht nach Schlaf und Vergessen. Wohin sollte sie gehen als Idiotin mit Schuldgefühlen?
    In der Horizontalen erscheint die Welt anders, viel einfacher. Neonröhren oben und unten der kühle Plastikboden. Dazwischen ist nichts, und wenn sie die Augen schließt, könnte sie sich beinahe sicher fühlen. Schließlich ist sie in einem Krankenhaus, und wenn sie sie finden, unterernährt, an Nikotinentzug kollabierend, werden sie etwas für sie tun. Sie in ein Bett legen und zudecken zum Beispiel, und dann möchte Anna hundert Jahre schlafen. Nicht mehr an Martin denken oder an David, an Alicia, Helena, Julia und Eva Mauz, an blonde Autorinnen oder schwule Marlboro-Männer. Sie alle, die den Lügenwalzer tanzen, jeder nach einem anderen Rhythmus, sie hören nur ihre Musik, und Anna, die sich unter die Tanzenden mischt, wird herumgestoßen wie ein Luftballon, der an Höhe verliert, nichts mehr überblicken kann und weiß, er wird zertreten, wenn er das harte Parkett berührt. Sie alle reden ununterbrochen, während sie sich grotesk bewegen, doch Anna kann nichts hören, die Musik ist zu laut, schrill und dissonant, als ob das Orchester gegeneinander spielen würde. Sie ist ein Luftballon, sie möchte schweben, doch sie verliert an Luft, und je mehr sie sich dem Grund nähert, desto erschreckender werden die Fratzen. Martin grinst sie an, oder ist es David? Helena reißt sich Masken vom Gesicht, eine nach der anderen, doch sie sind alle gleich, und jedes ihrer Gesichter ist von einer dünnen Eisschicht bedeckt. Julia trägt ihren Strick um den Hals wie einen Schmuck, und John Schultz hängt am Hals der Autorin und saugt ihr das Blut aus … Der Kapellmeister zieht eine Trillerpfeife aus seiner Smokingtasche und steckt sie in seinen Mund. Der Lärm ist unerträglich. Sie ist ein Luftballon, der zu Boden sinkt …
    Anna schlägt die Augen auf und sieht auf ein Handy, ihr Handy, und es piept in aufdringlicher Lautstärke. Die Hand, die es hält, ist braun, nur die Handflächen sind weiß.
    »Telefon für Sie. Ihrer Freundin geht es so weit ganz gut. Aber Sie sollten nach Hause gehen und vorher irgendeine Taste drücken, um das Ding zum Schweigen zu bringen. Bevor die Oberschwester Sie hinauswirft …«
    Sie lächelt dankbar, zu mehr ist sie nicht fähig, und hält das Ding an ihr Ohr, nachdem sie die Signaltöne unterbrochen hat. Aus dem Albtraum noch nicht gänzlich erwacht, hört sie die Stimme von Eva Mauz. Sie klingt anklagend und sagt: »Ich habe zweimal auf den Anrufbeantworter gesprochen. Gehen Sie denn nie ans Telefon?«
    Anna setzt sich auf und lehnt ihren schmerzenden Rücken an die Wand. Der Arzt ist weitergeeilt, sie sieht

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