Anna Strong Chronicles 05 - Blutrotes Verlangen
in meinem Hosenbund im Rücken spüre, bin ich bereit.
Die Adresse gehört zu einer Fabrikhalle, auf deren Schild »Second Chance Products« steht. Der Firmenname sagt mir nichts, die Lage des Gebäudes hingegen schon. Es liegt unterhalb des Straßenniveaus und ist von einem Parkplatz und einem Maschendrahtzaun umgeben, das letzte Gebäude in einer losen Reihe schmuckloser Fabrikhallen in Fertigbauweise. Das nächste Gebäude liegt etwa achthundert Meter westlich, der Bauplatz auf der östlichen Seite ist leer.
Das Gelände lässt sich leicht überwachen. Ich halte an der Hauptstraße, von der aus ich freien Blick auf den Eingang habe.
Ich berühre das Amulett durch den Stoff meiner Bluse. Ich weiß nicht, was für eine Magie darin steckt, aber ich werde es nicht brauchen, um Belinda Burke zu erkennen. Ich erinnere mich ganz genau daran, wie ich sie zum ersten Mal gesehen habe, bei Culebra in Beso de la Muerte. Ich erinnere mich an das dunkle Haar, die dunklen Augen und den feindseligen Blick, mit dem sie mich anstarrte. Sie stritt sich in schnellem, hitzigem Spanisch mit Culebra, beugte sich drohend vor, das dünne Gesicht vor Wut verzerrt. Dieses Gesicht sehe ich jetzt vor meinem inneren Auge, denn die Züge haben sich in mein Gedächtnis gebrannt.
Ich werde wirklich kein Amulett brauchen, um sie wiederzuerkennen. Es ist fast Mittag. Der Parkplatz ist voll, Lastwagen und Arbeiter kommen und gehen. Das hält mich davon ab, den direkten Weg zu wählen und mit gezückter Waffe hineinzumarschieren. Ich spüre keine übernatürlichen geistigen Signaturen. Da sind nur Menschen. Ich weiß noch nicht, ob Burke dort drin ist.
Um ein Uhr hält eine Limousine vor der Fabrik, und der Fahrer verschwindet durch den Haupteingang ins Gebäude.
Ein paar Minuten später kommt er mit einer Frau wieder heraus. Er öffnet ihr die Fondtür und tritt beiseite. Die Frau ist groß und schlank und trägt einen anthrazitfarbenen Hosenanzug, maßgeschneidert, der ihre breiten Schultern, die zierliche Taille und die schmalen Hüften betont. Sie hat rotes Haar und helle Haut. Vor der Limousine bleibt sie stehen, und ihr Blick gleitet nach oben. Direkt zu mir.
Ich spüre den absurden Impuls, mich zu ducken, widerstehe ihm aber. Sie kann unmöglich erkennen, dass jemand in einem Wagen sitzt, der so weit weg steht. Außerdem ist das hier eine vielbefahrene Straße, und vor und hinter mir parken zwei weitere Autos. Dennoch sieht sie nur mein Auto an.
Dann geschieht etwas Seltsames: Das Amulett um meinen Hals beginnt zu brennen.
Kapitel 13
Ich jaule auf und ziehe das Amulett aus meiner Bluse. Es ist glühend rot.
Was zum…? Wenn Ariela das gemeint hat, als sie sagte, das Amulett würde es mich wissen lassen, wenn Burke in meiner Nähe ist, dann hätte sie mich wirklich warnen können. Ich will das Ding abreißen, doch das Bild dieser drei Frauen und mein Versprechen, es nicht abzulegen, hält mich zurück. Ich lasse es außen auf meine Bluse fallen. Es brennt immer noch ein wenig durch den Stoff, aber nicht mehr halb so schlimm.
Als ich wieder zu dem Parkplatz aufschaue, ist die Limousine weg. Scheiße. Das Glühen des Amuletts verblasst.
Ich brauche einen Moment, um mich zusammenzunehmen. Es gibt nur eine Ausfahrt von dem Gelände. Wenn die Limousine nicht an mir vorbeigekommen ist, muss sie in die andere Richtung gefahren sein. Und Burke muss darin sitzen.
Ich wende scharf und rase los. Die Limousine ist mir knapp fünfhundert Meter voraus. Ich halte Abstand und folge ihr. Sie biegt auf die Interstate 805 ein und fährt in Richtung Norden die Küste entlang. Als sie auf die 52 stößt, fährt sie nach Westen ab, nach La Jolla.
La Jolla ist eine Enklave der Reichen und Berühmten. Der Vorort zieht viele Touristen an – also kann man die Parkplatzsuche an der Straße getrost vergessen. Die Leute versuchen es trotzdem. Deshalb herrscht auf der Prospect Street, der Hauptstraße, meistens stockender Verkehr. Zur Mittagszeit stockt er nicht bloß, er gerinnt fast völlig. Doch so habe ich reichlich Zeit, die Limousine in Ruhe zu beobachten, als sie vor dem La Valencia Hotel hält.
Diesmal steigt der Fahrer nicht aus, stattdessen erscheint aus der Beifahrertür ein extrem großer, extrem stämmiger Typ in einem billigen schwarzen Anzug, der sich über seiner Brust spannt. Er lässt den Blick in alle Richtungen schweifen und öffnet dann die Fondtür. Die Rothaarige steigt aus und geht schnurstracks ins Hotel. Der Stämmige knallt die
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