Anna Strong Chronicles 05 - Blutrotes Verlangen
Achtunddreißiger. Hexe hin oder her, Burke ist eine Sterbliche. Wenn ich sie erst ins Visier bekomme, weiß ich, was ich zu tun habe. »Wie lange wird es dauern, sie zu lokalisieren?«
Die drei wechseln nachdenkliche Blicke. »Falls es uns gelingt… eine Stunde«, sagt Ariela. »Vielleicht nicht einmal so lange.«
» Falls ihr es schafft?«
Wieder wechseln sie Blicke. »Wenn sie auf dieser Ebene – auf der irdischen Ebene – ist, können wir sie finden. Wenn nicht…« Ariela zieht die Schultern hoch.
Williams berührt mich am Arm. »Wir lassen euch in Ruhe arbeiten und warten in meinem Büro.« Wunderbar. Schlimm genug, dass ich womöglich eine Stunde von Culebras Leben vergeude, aber bei der Vorstellung, diese Stunde mit Williams allein zu verbringen, tun mir schon die Zähne weh.
Mir gefällt das genauso wenig wie dir , schnauzt er mich an. Aber es ist noch etwas passiert, das du erfahren solltest. Es betrifft die gesamte Vampirgemeinde.
Als ich nicht schnell genug reagiere, fährt er auf: Du kannst dir nicht aussuchen, nur dann ein Teil dieser Gemeinschaft zu sein, wenn es dir gerade passt. Ich habe dir meine Ressourcen zur Verfügung gestellt. Mir zuzuhören ist wohl das Mindeste, was du tun kannst.
Er hat recht. Ich ziehe die Schultern zu einem lahmen, resignierten Achselzucken hoch und folge dem Löwen widerstrebend in seine Höhle.
Kapitel 11
Schuldgefühle haben mich hierhergebracht, doch sobald wir uns in unbehaglichem Schweigen an Williams’ Schreibtisch gegenübersitzen, erinnere ich mich an das Gespräch mit Lance gestern Nacht – und daran, was danach passiert ist. Ich lächle und lasse ein paar der guten Gedanken durch. »Mein Freund lässt schön grüßen.«
Williams tut so, als hätte er mich nicht gehört, doch seine Abneigung wird spürbar stärker. Er gibt vor, mich zu ignorieren, und kramt in Unterlagen auf seinem Tisch herum, als suche er nach etwas Bestimmtem. Nachdem er etwa eine Minute lang in den Stapeln von Unterlagen herumgeblättert hat, findet er, was er gesucht hat, und schiebt mir ein Blatt Papier hin.
Das Erste, was mir auffällt, ist der Briefkopf: »SDPD Präsidium«. Darunter in Fettschrift: »Interne Notiz«.
Ich werfe ihm einen Blick zu. Darfst du das eigentlich haben? Wieder kommt keine Antwort, und er konzentriert sich stattdessen darauf, die während der Suche beiseitegeschobenen Unterlagen zu sortieren. Das fasse ich als Nein auf.
Er verschließt seinen Geist so fest vor mir, dass die Kiefermuskeln vor Anstrengung hervortreten. Das muss weh tun. Ich kann kaum ein Lächeln unterdrücken, als ich anfange zu lesen.
Die Notiz ist eine Zusammenfassung von drei polizeilichen Berichten aus den vergangenen vierundzwanzig Stunden. In allen geht es um Frauen, die Männer angegriffen, ihre Opfer mit Messern verletzt und dann an den Wunden gesaugt haben. Die Männer beschreiben die Angreiferinnen als Anfang dreißig, attraktiv, verführerisch. Die Beschreibungen stimmen nicht überein, doch die Vorgehensweise war in allen drei Fällen die gleiche. Die Männer lernen die Frauen in Bars kennen, die Frauen erklären sich bereit, mit ihnen nach Hause zu gehen, doch statt dort mit ihnen zu schlafen, greifen die Frauen ihre Opfer an. Sie wollen sie allem Anschein nach nicht töten, denn die Verletzungen sind oberflächlich, an den Armen oder Beinen, und die Männer schaffen es leicht, die Frauen zu entwaffnen, sobald sie ihren Schrecken überwunden haben. Die Frauen wollten offenbar nur ihr Blut saugen. Alle drei Täterinnen konnten entkommen, ehe die Polizei eintraf.
Merkwürdig, sage ich und gebe Williams den Bericht zurück. Sie sind offensichtlich keine Vampire . Frisch verwandelte Vampire sind immer noch stärker als der stärkste Mensch. Ich zögere eine Sekunde und füge dann hinzu: Bekommst du solche Informationen von Ortiz? Ortiz ist ein Vampir und außerdem Polizist. Er hat vor dem Skandal unter Williams gearbeitet.
Er nickt. Ortiz hält mich auf dem Laufenden. Er ist jetzt Assistent des neuen Polizeichefs. So hat er auch Zugang zu Informationen, die unsere Gemeinschaft betreffen. Ein Hauch Nostalgie durchdringt diese Worte. Er vermisst seinen alten Job. Ich wünschte, ich könnte ein wenig Mitgefühl für ihn aufbringen. Stattdessen deute ich auf den Bericht.
Klingt für mich nach irgendeinem seltsamen Kult.
Sie haben niemanden umgebracht. Niemand wurde ernstlich verletzt. Warum ist das also für die Gemeinschaft so wichtig?
Da bin ich nicht ganz
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