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Anna Strong Chronicles 05 - Blutrotes Verlangen

Anna Strong Chronicles 05 - Blutrotes Verlangen

Titel: Anna Strong Chronicles 05 - Blutrotes Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanne C. Stein
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ausruhen.«
    Ich schiebe sie sacht von mir. »Nein. Kümmere du dich um sie. Ich muss mit Williams sprechen.« Es widerstrebt ihr offenbar, uns allein zu lassen. »Ist schon gut«, sage ich zu ihr. »Wir kommen zurecht.«
    Sie geht, blickt sich noch einmal um und nimmt dann eine junge Frau beim Ellbogen, die auf die Lieferwagen zutaumelt. Ich schaue ihnen nach.
    »Ortiz ist fort.« Ich weiß nicht, wie ich es sonst ausdrücken soll.
    Williams’ Miene erstarrt zu eisiger Leere. »Fort? Du meinst, er ist schon gegangen?«
    Ich schüttele den Kopf. »Er war da drin.«
    In Williams’ Augen sehe ich, wie er begreift. Ein Muskel an seinem Kiefer beginnt zu zucken. Seine Gedanken ziehen sich zurück und schließen mich aus. Dann spüre ich es. Spüre seine rasende Wut. Sie trifft mich wie der Hitzeschwall eines Hochofens. Ich akzeptiere sie. Ich verstehe sie. Er und Ortiz standen sich sehr nahe. Ich rechne damit, dass Williams seiner Wut Luft machen wird, und da ich das wahrscheinlichste Ziel bin, wappne ich mich dafür.
    Williams sieht mich nicht an. Er wendet sich mit gesenktem Kopf ab. Ich spüre seine widerstreitenden Emotionen so klar und machtvoll wie meine eigenen. Elend und Kummer wie ein körperlicher Schmerz – ein Messer, das sich bohrend in die Eingeweide gräbt. Die erste Woge der Wut weicht schierer Trauer, einem Gefühl schrecklichen Verlusts und einer furchtbaren Bitterkeit. Ich war darauf vorbereitet, dass er explodieren würde, doch stattdessen ist er ganz nach innen gekehrt. Irgendwie macht es das noch schlimmer.
    Wenn er herumschreien, mich angreifen oder die Faust durch eine Wand schmettern würde, wüsste ich, wie ich darauf reagieren könnte. Aber so ist er für mich unerreichbar. Ich kann nichts sagen oder tun. Seine Verzweiflung und Traurigkeit hüllen ihn in eine Schale aus seelischer Qual.
    Ich strecke die Hand aus, berühre ihn aber nicht. »Es tut mir leid.«
    Er lacht bellend und bitter auf. »Es tut dir leid? Du hättest ihn retten können.«
    »Das konnte ich nicht. Die Flammen waren überall. Ich habe erst erfahren, dass er da drin war, als es schon zu spät war.« Sein Gesichtsausdruck verändert sich. Seine Augen werden kalt, der Mund ein schmaler, harter Strich.
    »Du bist so ein ignorantes Miststück. Du kennst deine eigene Macht nicht. Du hättest ihn retten können. Wenn du dir eine Minute Zeit genommen hättest, über dein kostbares, bedeutungsloses menschliches Leben hinauszuschauen und etwas zu lernen, wäre Ortiz jetzt noch bei uns.«
    Sein Zorn trifft mich wie ein Schlag in die Magengrube. Ich weiche einen Schritt zurück. »Was soll das heißen?«
    Er gestikuliert wild in Richtung der Fabrikhalle. »Feuer kann dir nichts anhaben. Nichts kann dir etwas anhaben. Du bist unsterblich, wahrhaftig unsterblich. Du bist die Eine.« Er schleudert mir diese Worte entgegen. Sein Gesicht ist vor Wut verzerrt, als er näher kommt. »Du bist eine furchtbare Enttäuschung für mich, Anna Strong.« Ein tödliches, eindringliches Flüstern.
    »Du hast heute zum letzten Mal versagt. Ich schwöre bei Ortiz’ Seele, dass du dafür bezahlen wirst, dafür sorge ich.«
    Seine Augen glühen vor Hass. Ich kann mich nicht rühren, den Blick nicht abwenden und weiß nicht, was ich darauf erwidern soll. Ich verstehe ihn nicht. Fragen schießen mir durch den Kopf, doch Williams hat mich ausgeschlossen. Seine letzten Worte hängen noch zwischen uns in der Luft. Er gibt mir die Schuld an Ortiz’ Tod. Und ich habe keine Ahnung, warum.
    »Wir müssen gehen.« Eine Frauenstimme. Ich drehe mich danach um, doch selbst diese einfache kleine Bewegung lässt Wogen der Erschöpfung und Niedergeschlagenheit über mir zusammenschlagen. Ich fühle mich ausgelaugt, leer, leblos. Als ich aufblicke, merke ich, dass Williams mich beobachtet. Er lächelt.
    Mir wird klar, dass er das tut – irgendwie kann er nicht nur in meinen Kopf eindringen, er kontrolliert auch meine körperlichen Reaktionen. Ich fühle mich bleischwer, träge, unfähig, einen zusammenhängenden Gedanken zu fassen oder diesen Bann zu brechen, mit dem er mich niederdrückt. Warum tut er das?
    Weil ich es kann. Ganz einfach, ohne Umschweife. Weil er es kann.
    Wieder höre ich die andere Stimme. »Die Feuerwehr kommt. Wir müssen hier weg, ehe sie da sind.«
    Ich konzentriere mich auf diese Stimme, richte meine Gedanken ganz darauf aus, sammle all meine Kraft zusammen. Ich konnte Burkes Bann nicht brechen, aber ich will verdammt sein, wenn ich Williams

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