Anna Strong Chronicles 05 - Blutrotes Verlangen
auf der Stelle aus und gehe zu Fuß hin.«
Er funkelt mich einen Moment lang an, ehe er dem Fahrer bedeutet weiterzufahren. »Was ist eigentlich los mit Ihnen? Ich dachte, Sie sollten mir helfen.«
Turnbull hat die Zähne zusammengebissen und die Schultern angespannt. »Ich lebe hier seit Beginn des neunzehnten Jahrhunderts. Meine Wurzeln in dieser Stadt reichen sehr tief. Ich kann keinen Ärger gebrauchen. Ich war nicht gerade glücklich, als Williams mich angerufen hat, aber ich schulde ihm einen Gefallen. Eines sage ich Ihnen gleich: Mit einem Mord will ich nichts zu tun haben.«
Williams hat ihm also auch das eigentliche Ziel meines »Besuchs« genannt. Ich verstehe, warum Turnbull ungern in die Sache verwickelt werden will. Er ist hier zu Hause, und wir ziehen ihn gerade in eine Auseinandersetzung hinein, die sehr hässlich werden könnte.
»Ich werde versuchen, Sie da herauszuhalten. Sie haben mich bis hierher gebracht. Wenn Sie mich jetzt absetzen und verschwinden wollen, ist das in Ordnung. Ich komme schon irgendwie zum Flughafen zurück.«
Seine Schultern entspannen sich ein wenig, aber er bleibt besorgt. Ich kann seine Befürchtungen in der Luft schmecken. »Jetzt sind wir schon mal da«, sagt er. »Also bringen wir es hinter uns.«
Keine jubelnde Zustimmung zur Kooperation mit mir, aber besser als nichts. »Diese Sophie Deveraux – wissen Sie etwas über sie?«
Er schüttelt den Kopf. »Nicht viel. Sie ist die letzte lebende Verwandte von Jonathan Deveraux – eine Cousine fünften Grades. Alleinerbin seines gesamten Vermögens, heißt es. Deveraux war ein Vampir. Ein fieser Dreckskerl, wenn man den Geschichten glauben kann. Er wurde bei seiner hundertfünfzigsten Geburtstagsparty ermordet. Von seiner Frau. Sie ist bald danach verschwunden. Gerüchteweise heißt es, dass diese Sophie etwas damit zu tun hatte, aber es gab nie irgendwelche Beweise dafür. Ich glaube, wir können davon ausgehen, dass sie gefährlich ist.«
»Ist sie ein Vampir?«
»Nicht dass ich wüsste. Ein paar Leute behaupten, sie sei eine Hexe. Eine ihrer Cousinen war auch eine.«
»Eine Cousine?« Meine Finger streichen über das Amulett. »Wie hieß sie denn?«
»Sophie Burke. Hatte den verdammt besten Partyservice in der ganzen Stadt. Sie ist vor nicht allzu langer Zeit gestorben.« Scheiße. Wenn Sophie Burke tot ist, welche Verbindung hat Belinda dann zu Sophie Deveraux? Sie muss irgendeinen Grund dafür gehabt haben, dass sie sich diese Telefonnummer notiert hat.
Turnbull redet wie ein Wasserfall. »Sophie soll ein bisschen seltsam sein. Bleibt lieber für sich. Lässt sich weder in der menschlichen noch in der übernatürlichen Gesellschaft blicken. Dafür, dass sie einen so ungeheuren Reichtum geerbt hat, verhält sie sich bemerkenswert unauffällig.« Er fängt meinen Blick auf und schaut dann weg. »Damit haben Sie und Sophie gleich etwas gemeinsam.«
Meine übliche Reaktion, hastig zu erklären, dass ich nichts von Averys Vermögen haben will, wird von der Realität gedämpft – ich bin soeben in Averys Privatjet eingeflogen. Ich betrachte konzentriert die Landschaft.
Wir fahren kurvenreiche Alleen entlang, vorbei an Anwesen, die zig Millionen Dollar wert sein müssen. Das Schweigen in der Limousine ist bedrückend. Es erinnert mich daran, wie viel ich zu verlieren habe, falls sich das hier als eine weitere Sackgasse erweist. Ich wende mich Turnbull zu. Sogar Smalltalk ist mir lieber als diese Gedanken.
»Was ist mit Ihnen? Williams hat mir erzählt, dass Sie schon seit über hundert Jahren in Denver leben. Wie haben Sie das geschafft?«
Die Frage scheint ihn zu überraschen, doch dann zuckt er lächelnd mit den Schultern. »Ich bringe mich alle vierzig oder fünfzig Jahre auf unterschiedliche Weise um die Ecke, um dann einen neuen Erben einzuführen. Ein paar Tricks mit Schminke, Haarfarbe, Kleidungsstil, farbige Kontaktlinsen.« Er klopft sich auf die Brust. »Polster, um die Figur zu verändern. Das ist eigentlich gar nicht schwierig.«
»Und niemandem fällt etwas auf?«
»Ich habe eine ganze Ahnengalerie, auf der man die bemerkenswerte Familienähnlichkeit der Turnbulls ganz deutlich sieht.«
»Und halten Sie sich auch schön bedeckt?«
»Ich bin Philanthrop. Habe mein Vermögen im Bergbau gemacht. Ich manage eine Stiftung und lasse mich bei ein paar wohltätigen Anlässen sehen, aber meistens lebe ich sehr zurückgezogen. Ich habe eine Ranch außerhalb von Durango. Mein Haus hier in Denver benutze
Weitere Kostenlose Bücher