Anna Strong Chronicles 05 - Blutrotes Verlangen
Sophie am Arm gepackt und den Vampir in sich entfesselt. »Bring uns Burke, Hexe.« Seine Augen glimmen gelb in der düsteren Höhle. »Sonst töte ich dich auf der Stelle.«
Deveraux ruft nach mir. Halte ihn auf. Es ist nicht ihre Schuld. Aber ich werde nicht eingreifen. Ich spüre, wie mein Blut zu rauschen beginnt, und der Vampir lauert schon, bereit, jederzeit hervorzubrechen. Meine Vernunft weicht kalter, rasender Wut. Meine Freunde sind nicht mehr. Dafür muss jemand bezahlen.
»Tun Sie, was er sagt, Sophie.« Ich erkenne meine eigene Stimme kaum. Sie ist heiser vor Anstrengung, die Bestie zurückzuhalten.
»Liefern Sie uns Burke. Sie sind ihre Schwester. Ich weiß, dass Sie das können.«
Sophie wehrt sich nicht gegen Williams’ Griff. »Ich bin nicht sicher, ob ich es schaffen kann.«
Williams schüttelt sie so heftig, dass ihre Zähne klappern. »Tu es.«
Ich lasse ihn einen Moment lang gewähren, dann halte ich ihn auf. Ich löse seine Finger von ihren Armen und trete zwischen die beiden. Meine Wut zu zügeln ist schwer genug, doch es fällt mir noch schwerer, das ganze Ausmaß meines Zorns aus meiner Stimme herauszuhalten. »Sophie. Das ist kein Spiel. Wir werden Ihnen weh tun. Meine Freunde sind tot. Burke ist völlig außer Kontrolle geraten, und jemand muss sie aufhalten. Sie sind unsere einzige Verbindung zu ihr. Benutzen Sie Ihre Magie, um sie hierher zu holen. Sagen Sie ihr, dass wir Sie töten werden, wenn sie nicht kommt.«
Sophies Augen sind weit aufgerissen, doch ihre Stimme verrät keine Angst, als sie erwidert: »Wenn Ihre Freunde tot sind, ist der Zauber schon gebrochen. Ich habe keine Möglichkeit, sie zu erreichen. Sie schützt sich sicherlich mit einem mächtigen Zauber.«
Williams knurrt zornig, stößt mich mit dem Ellbogen beiseite und schlägt ihr mit voller Wucht ins Gesicht. Sophies Kopf knallt gegen die Höhlenwand, und sie sinkt zu Boden. Ihre Augen schließen sich, und Blut rinnt aus ihrem Mundwinkel. Als sie wieder aufblickt, glitzern Tränen der Pein und des Kummers in ihren Augen.
»Ich kann euch das nicht verübeln. Es tut mir leid, dass meine Schwester euren Freunden etwas angetan hat. Ich werde nicht gegen euch kämpfen, aber ich kann euch nicht helfen.«
Williams stürzt sich auf sie und zerrt sie auf die Füße. Seine Zähne liegen schon an ihrem Hals, und er hat die Kontrolle über sich ganz der Bestie überlassen. »Wir haben dich nur um Annas Freunde willen so lange am Leben gelassen. Wenn du uns nicht die Hexe ausliefern kannst, die dafür verantwortlich ist, ist dein Leben verwirkt. Das ist für meinen Freund Ortiz.«
Halt ihn auf, schreit Deveraux. Du darfst das nicht zulassen.
Die Panik in seiner Stimme rührt nicht nur von der Sorge um Sophie her. Wenn sie stirbt, stirbt auch er. Aber ich werde es nicht verhindern. Ich will gar nicht. Wenn ich überhaupt etwas will, dann ihr Blut, und zwar ebenso dringend wie Williams. Ich will ihr den Kopf von den Schultern reißen, als Opfer, als Tribut an Frey und Culebra. Sie hatten den Tod auch nicht verdient. Das ist keine Bestrafung, sondern Gerechtigkeit.
Der Vampir in mir braucht keine weitere Aufforderung. Ich packe Williams, zerre ihn weg und schleudere ihn an die Wand. Sie gehört mir.
Nein.
Er hat sich aufgerappelt und stürzt sich fauchend auf mich. Seine Hände sind ausgestreckt, die Lippen verzerrt. Wir umkreisen einander wie zwei Hunde, die Streit suchen.
»Hallo?« Eine vertraute Stimme vom Höhleneingang her. »Wer ist da?«
Und wie ein Hund schüttele ich mich, damit die Blutgier des Vampirs nachlässt. Wer ist das?
Williams und ich drehen uns argwöhnisch um und beobachten aus gelb leuchtenden Augen, wie eine Gestalt aus der Dunkelheit tritt. Sandra kommt auf uns zu, die Hände in die Hüften gestemmt. Mit zur Seite geneigtem Kopf betrachtet sie die Szene vor sich. »Was ist denn hier los?«
Ich schlucke schwer und stoße die Bestie tiefer hinab, damit ich ihr als Mensch antworten kann. »Frey und Culebra sind nicht mehr da.« Ich zeige mit zitterndem Finger auf Sophie. »Und sie wird dafür bezahlen.«
Sandra geht zu Sophie, hilft ihr auf und funkelt Williams und mich böse an. »Ihr zwei habt sie nicht mehr alle, wisst ihr das?« Sie legt Sophie sacht eine Hand auf den Arm und untersucht die blutende Bisswunde, die Williams an ihrem Hals hinterlassen hat. »Ist nicht so schlimm. Jetzt bringen wir Sie erst einmal hier heraus.«
Ihre Augen blitzen vor Zorn, als sie gerade lange genug stehen
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