Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Anna Strong Chronicles 06 - Gesetz der Nacht

Anna Strong Chronicles 06 - Gesetz der Nacht

Titel: Anna Strong Chronicles 06 - Gesetz der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanne C. Stein
Vom Netzwerk:
Aufregung beinahe schmecken. Das ist genau das Spektakel, das sie sehen wollten.
    Lance wehrt sich anfangs und versucht sich loszureißen, aber ich bin stärker. Ich spüre einen köstlichen Rausch, als sein Blut in meinen Mund schießt, und habe das Gefühl, gar nicht schnell genug schlucken zu können. Dann wird sein Herzschlag langsamer, und ich nehme mir Zeit. Er verliert sich im hingegebenen Genuss. Seine Knie geben nach, und ich lasse ihn sacht zu Boden sinken und umschlinge ihn, so dass er wie eine Puppe in meinen Armen liegt. Seine Gedanken sind weder fiebrig noch bitter, sein Blut schmeckt so süß, wie ich es in Erinnerung habe. Und ich erinnere mich gut.
    Ich erinnere mich daran, wie ich ihn zum ersten Mal gesehen habe – im Glory’s. Ein Gesicht wie ein Engel. Ich erinnere mich an das erste Mal, als wir miteinander geschlafen haben. Es war hitzig, leidenschaftlich, unser Begehren so glühend, die Blutlust so berauschend, dass wir es kaum noch aus unseren Klamotten schafften. Ich erinnere mich daran, wie wir es manchmal ganz langsam angehen ließen und uns liebten, wie Menschen es tun. Wie wir unsere Körper genossen und uns von einfachen sinnlichen Freuden, Berührungen und Geruch zum Höhepunkt treiben ließen. Wir haben einander so viel Genuss bereitet. Ich bin froh, dass ich ihm mit diesem Ende Schmerzen ersparen kann.
    Ich frage mich, woran er sich erinnert. Seine Gedanken sind in Schatten gehüllt und werden immer schwächer. Als ich versuche, ihn zu erreichen, sehe ich vage fremde Gesichter aufblitzen. Seine Eltern vielleicht, und seine Geschwister, wie er sie zuletzt gesehen hat vor so langer Zeit.
    Und dann sind selbst diese Schemen verschwunden. Ich höre nicht auf, bis ich den letzten flatternden Herzschlag spüre. Ich koste den letzten Tropfen seines Blutes aus, als er aus seinem Körper in meinen fließt. Ich weiß, dass es der letzte ist, denn Konsistenz und Geschmack sind anders. Lebensblut ist wie Honigwein und schmeckt nach der Erde, nach Leben. Dieser letzte Tropfen ist wie Wasser und schmeckt nach Tränen und Tod.
    Ich, die menschliche Anna, halte ihn noch eine Weile fest, als es vorbei ist. Ich wünsche mir, Kummer zu empfinden. Ein Teil von mir ist entsetzt darüber, wozu ich fähig bin. Darüber, was ich getan habe. Ein anderer Teil von mir weiß, dass dies meine Natur ist. Ich kann nicht dagegen ankämpfen, und ich bin auch nicht mehr sicher, ob ich das will.
    Turnbull tritt schließlich zu mir. Er streckt mir die Hand hin, um mir aufzuhelfen. In diesem Augenblick kann ich nichts von ihm annehmen, nicht einmal diese kleine Geste der Höflichkeit. Ich schließe Lances Augen, die bereits trüb geworden sind, stehe auf und trete zurück.
    Als ich wieder hinabschaue, liegt da nicht mehr der Lance, den ich kannte, sondern der verdorrte Leichnam eines älteren Mannes. Seine Haut hängt in Falten, sein Haar ist zu langen, dünnen, silbrigen Büscheln vertrocknet. Sein Gesicht hat sich in ein hageres, starres Abbild des Todes verwandelt. Ist wirklich erst eine Woche vergangen, seit er mir in Palm Springs seine Geschichte erzählt hat? 1925. Er wurde 1925 in Südafrika geboren.
    Ich wende mich Turnbull zu. »Ich will, dass sein Leichnam zu seiner Familie in Südafrika überführt wird. In seinem Haus in Palm Springs wohnt eine Frau, die sicher weiß, wie man sie erreichen kann. Ich sorge dafür, dass du alle nötigen Informationen bekommst. Wirst du dich darum kümmern?«
    »Ja.«
    Er ist betreten, als wäre er auf diesen Ausgang des Kampfes nicht vorbereitet. Als ich mich nach den anderen umsehe, starrt mir der gleiche ungläubige Ausdruck aus ihren Gesichtern entgegen. Sie alle haben damit gerechnet, dass ich verliere. Sogar Turnbull. »Bekomme ich jetzt nicht irgendeinen fetten goldenen Gürtel? Oder wenigstens einen Pokal?« Sarkasmus ist meine einzige Möglichkeit, meiner Empörung Luft zu machen. Entweder das, oder ich muss Turnbull den Kopf abreißen.
    Chael spricht als Erster. Das war ein unfairer Kampf. Die Gegner waren nicht ebenbürtig. Mit dem da hattest du offensichtlich eine Vorgeschichte .
    Die Vampirin hat sich bei Lances Tod zurückgezogen, aber jetzt kommt sie wieder hervor. Und sie giert danach, das Blut von dem da zu kosten. War das nicht der Sinn der Sache, Chael? Ich trete vor ihn hin. Lance war also kein guter Kämpfer? Dann tragen wir beide doch die zweite Runde aus. Mit dir habe ich keine Vorgeschichte.
    Die anderen werden unruhig, ein Raunen erhebt sich. Noch nie

Weitere Kostenlose Bücher