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Anna Strong Chronicles 06 - Gesetz der Nacht

Anna Strong Chronicles 06 - Gesetz der Nacht

Titel: Anna Strong Chronicles 06 - Gesetz der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanne C. Stein
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Hinter mir schleift etwas über den Boden, als öffne sich eine Tür. Ich drehe mich um und sehe einen Teil eines Bücherregals auf einer rostigen Schiene nach innen schwenken.
    Licht fällt aus der Bibliothek durch die Öffnung und erleuchtet etwas, das aussieht wie ein Amphitheater. Es ist nicht groß, knapp zwei Quadratmeter, umgeben von Sitzbänken. Fehlt nur noch eine Menschenmenge, die »Caesar!« jubelt. Oder »Chael«.
    Ich wende mich ihm zu. Das soll wohl ein Witz sein. Eine Arena? Kämpfe ich gegen einen Vampir oder einen Löwen?
    Oh, du wirst gegen einen Vampir kämpfen. Er ruft jemandem in dem Raum nebenan zu: Lasst ihn herein.
    Ein vertrauter Geruch. Mein Körper erkennt ihn noch vor meinem Verstand. Muskeln spannen sich, Blut beginnt vor Wut zu kochen.
    Er tritt ins Licht . Es tut mir leid, Anna. Lance.
    Ich weiß nicht, ob ich vor Kampfeslust oder Verzweiflung heulen soll. Die Logik hinter Chaels Wahl ist mir klar. Er glaubt, ich würde bei diesem Kampf im Nachteil sein, weil Lance mein Liebhaber war. Er glaubt, ich könnte meinen Liebhaber nicht töten. Da irrt er sich. Chael weiß nicht, was Underwood mir angetan hat. Er weiß nichts von der Verbindung zwischen Lance, Williams und Underwood, sonst hätte er einen anderen Gegner gewählt.
    Denn dann hätte er gewusst, dass ich geschworen habe, Lance zu töten. Ich lasse Chael das Glitzern der Befriedigung in meinen Augen sehen. Du hast einen schweren Fehler gemacht. Du magst tausend Jahre Zeit gehabt haben, Wissen und Weisheit zu erwerben, aber deine Arroganz hat dein Urteilsvermögen getrübt.
    Zum ersten Mal sieht er mir richtig ins Gesicht, und die Erkenntnis, dass er sich geirrt haben könnte, lässt seine selbstzufriedene Maske der Gewissheit bröckeln. Das würde er jedoch nie zugeben. Er tritt zurück und wedelt mit der Hand . Lasst uns beginnen.
    Uns? Ist das ein Scherz? Sein Euphemismus entlockt mir ein freudloses, bellendes Lachen. Wie wäre es, wenn wir beide erst eine Runde austragen?
    Turnbull tritt zwischen uns, so dass Chael einen weiteren Schritt zurückweichen muss. Er legt mir eine Hand auf den Arm und führt mich in den kleinen Raum. Einen Raum, von dem ich bisher nichts wusste. Es ist kalt da drin, und es riecht nach Staub und Vernachlässigung. Darunter liegt noch ein Geruch. Blut. Mir läuft ein Schauer über den Rücken. Wozu hat Avery diesen Raum benutzt? Dies ist eine weitere Erinnerung daran, wie gut Avery darin war, Dinge vor mir zu verbergen. Ich kann gar nicht glauben, dass ich mich von diesem Monster habe berühren lassen. Dass ich dachte, ich würde ihn lieben.
    All das lasse ich mir durch den Kopf gehen, weil ich nicht an denjenigen denken will, der mich in der Mitte des Raums erwartet. Ein weiteres Monster, das ich zu lieben glaubte. Lance rührt sich nicht und versucht auch nicht, mit mir zu kommunizieren. Er hat sich bis auf seine Shorts ausgezogen, seine Füße sind nackt. In der Hand hält er einen angespitzten Pflock.
    Turnbull flüstert mir zu: »Möchtest du dich umziehen?«
    »Was soll ich denn anziehen? Oder nur etwas ausziehen? Gehört das zum besonderen Kitzel dieser Freakshow?«
    Er gestattet sich ein Lächeln. »Ich mag dich, Anna Strong. Du bringst die Dinge immer auf den Punkt. Aber ich habe die Regeln nicht aufgestellt. Auch ich bin neu in diesem Kreis. Wie du kämpfen möchtest, liegt ganz bei dir.«
    Er hat den Kopf dicht an mein Ohr geneigt. Er spricht sehr leise und auf Englisch. Vermutlich will er nicht, dass die ausländischen Delegierten uns verstehen. Aus demselben Grund hat er seine Gedanken gegen die anderen abgeschirmt.
    Chael sieht es und ist nicht erfreut darüber. Wieder sagt er: Es ist Zeit, mit dem Kampf zu beginnen.
    Alle Bänke sind besetzt. Die Anführer der Stämme sitzen so nah am Kampfplatz, dass ihnen kein Blutspritzer entgehen wird und sie nichts von den Schmerzen, die wir uns gegenseitig zufügen werden, verpassen können. Die begierige Vorfreude, die aus ihren Gesichtern leuchtet, die Witterung ihrer gespannten Erregung widern mich an. Ebenso widerlich ist der Gedanke, dass ich, wenn ich gesiegt habe, eine von ihnen werden muss.
    Wenn ich siege. Nicht falls. Da spricht wohl Frey aus mir. Der Gedanke an ihn bringt ein Lächeln auf meine Lippen. Lances leise Stimme erreicht nur mich. »Ich will das nicht. Mir bleibt keine andere Wahl.«
    Als ich mich ihm zuwende, fällt mir wieder einmal seine bewegende Schönheit auf. Gesicht und Körper schimmern im Licht. Er könnte Jupiter

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