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Anna Strong Chronicles 06 - Gesetz der Nacht

Anna Strong Chronicles 06 - Gesetz der Nacht

Titel: Anna Strong Chronicles 06 - Gesetz der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanne C. Stein
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Lance flüstert mir die Namen von Leuten ins Ohr, die kurz an unseren Tisch treten, um Hallo zu sagen. Menschen. Die meisten sind Senioren. Ich frage mich, wie lange es noch dauern wird, bis Lance dieses Leben hier, wo man ihn gut kennt, aufgeben muss, weil er nicht altert. Vorerst scheint ihn das jedenfalls nicht zu stören.
    Der Champagner entfaltet seine bezaubernde Wirkung. Beim dritten Glas habe ich ihm den überstürzten Aufbruch verziehen. Er wirkt nicht mehr beklommen. Er lacht. Seine Hand gleitet unter das Tischtuch, um durch den Seidenstoff des Kleids meinen Oberschenkel zu streicheln. Er rückt seinen Stuhl ein wenig näher heran. Bald spüre ich seine Finger auf meiner nackten Haut, gefährlich nah dran, eine Reaktion auszulösen, die uns einen Rausschmiss einbringen dürfte.
    Er beobachtet mich mit glitzernden Augen, denn er spürt die aufflammende Hitze meines Körpers. Er genießt das richtig.
    Ich beuge mich zu ihm hinüber, und auch meine Hand findet den Weg unter den Tisch. Sei vorsichtig. Du erntest, was du – Die Worte ersticken in meinen Gedanken. Mir stockt der Atem. Mein Magen verknotet sich. Ich fahre hoch, von Lance weg, und suche die Menge der Gäste ab. Hier ist etwas. Etwas Bedrohliches, etwas Böses.
    Es passiert schon wieder, genau wie in dieser Bar mit David. Diesmal ist es Lance, der erschrocken reagiert. Er spürt es auch, durch mich. »Anna, was ist denn?«
    Ich weiß es nicht. Mein Herz hämmert. Ich spüre, wie mir der Schweiß auf die Stirn tritt. Ich will aufstehen und davonlaufen, aber ich kann nicht. Ich kann kaum die lähmende Angst, die das Tier so dicht unter die Oberfläche bringt, in Worte fassen. »Wir müssen hier raus.«
    Lance springt auf. »Gehen wir.« Vor Erleichterung über diese Antwort bekomme ich weiche Knie. Ich schiebe meinen Stuhl zurück und erlaube ihm, mich am Arm zu stützen.
    Der Kellner eilt herbei. »Geht es ihr nicht gut?«
    Lance schiebt hastig die Hand in seine Tasche und holt einen Fünfziger heraus. »Das ist für Sie. Setzen Sie den Champagner auf meine Rechnung.«
    Der Kellner nickt und tritt beiseite, um uns vorbeizulassen.
    Das Wummern in meinem Kopf und meiner Brust steigert sich zu einem Crescendo. Der Drang zum Angriff ist so stark, dass ich ihn kaum noch beherrschen kann. Das Problem ist, dass ich gar nicht weiß, was ich angreifen sollte. Während wir gehen, lasse ich den Blick durch den Raum schweifen, mustere jedes Gesicht und versuche, die Bedrohung ausfindig zu machen. Mein Blick begegnet erschrockenen, ängstlichen und fragenden Mienen. Ich muss mich schon in die Vampirin verwandeln und kann es nicht verhindern. Ich gebe mich gerade vor einem großen Raum voller Menschen zu erkennen und habe keine Kontrolle darüber.
    Wir sind schon fast an der Tür. Ich ziehe den Kopf ein und verberge ihn an Lances Schulter, um das Tier zu verstecken, und schlucke gegen meine Panik an. Seine Arme umfangen mich noch fester. »Halt durch, Anna. Gleich sind wir draußen.« Er versteht mich.
    Vor uns geht die Tür auf. Eine Gestalt in dunklem Relief, eine widerhallende Stimme. »Rick. Du willst doch nicht schon gehen? Die Party fängt erst an.«
    Etwas zieht sich in mir zusammen. Ich blicke auf in das Gesicht. Schroff, von der Zeit gezeichnet. Kalte, schwarze, leere Augen. Kupferrotes Haar, zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden. Schmale Lippen, die sich zu einem Lächeln verziehen. Keine Herzlichkeit, keine Freude. Ich zerre an Lance. »Wir müssen gehen.«
    Lance starrt mich an. »Anna. Das ist Julian Underwood. Mein Freund.« Nein. Dieses Geschöpf im Maßanzug ist niemandes Freund. Dieses Geschöpf ist nicht nur ein Vampir. Es ist böse.
    Lance, weg hier. Aber er rührt sich nicht. Ich weiß, dass er mich anstarrt, dass er verwirrt ist. Ich spüre es. Derweil lasse ich dieses Monster nicht aus den Augen.
    Anna. Bitte. Du weißt ja nicht, was du tust.
    Das Tier vor mir, dieser Julian Underwood, strafft die Schultern und erwidert meinen Blick. Er ist alt, älter als jeder andere Vampir, der mir je begegnet ist. Jahrhundertealt. Er ist in meinem Kopf und liest meine Angst nicht nur, er schmeckt sie. Er rollt sie herum, wie ein Kind einen Lutscher im Mund herumschiebt. Sie schmeckt ihm, und er will mehr. In einer Art Blase um uns herum ist es ganz still geworden.
    Menschen kommen und gehen, strömen an uns vorbei wie das Wasser um ein Schiff, ohne das Drama zu bemerken, das sich vor ihnen abspielt. Sie lachen und schwatzen. Fünf männliche Vampire

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