Anna Strong Chronicles 06 - Gesetz der Nacht
begleiten Julian, darunter auch Stephen. Nur sie beobachten uns angespannt. Ihre Blicke sind auf ihren Herrn und Meister gerichtet. Jeder hat eine Begleiterin dabei.
Menschlich, jung und schön. Die Frauen unterhalten sich weiter miteinander, auch sie merken nichts. Sie plaudern über Frisuren und Makeup und die schönen Kleider und Schmuckstücke, die ihre vampirischen Begleiter ihnen geschenkt haben. Sie sind nur zu einem Zweck hier, und sie sind aufgeregt, begierig. Sie freuen sich ungeduldig auf den Genuss, den Blutswirte empfinden, wenn ein Vampir von ihnen trinkt.
Nur Underwood ist allein.
Lance nimmt meinen Arm und schüttelt ihn sacht. »Anna. Was ist denn los mit dir?«
Underwood unterbricht ihn, zieht Lances Finger von meinem Arm und schiebt die Hand weg. Du hast deine Sache heute Abend sehr gut gemacht, Broderick. Ein hübsches Geschenk hast du mir da mitgebracht.
Lance fährt zusammen. Geschenk?
Underwood beobachtet mich. Er spürt, wie meine Wut auflodert, und er lächelt.
Ich sehe Lance an und hebe die Hand. »Keine Sorge. Du und ich gehen jetzt, und zwar zusammen.«
Underwood gerät in Rage . Sag es ihr, Broderick.
Doch Lance schüttelt den Kopf. Nein. So war das nicht gedacht...
Underwood krümmt einen Finger und lässt einen Speer weiß
glühender Schmerzen in Lances Körper fahren. Wir alle spüren ihn, denn wir alle stehen unter Underwoods Einfluss. Lance schreit auf, die anderen weichen taumelnd zurück. Nur ich bleibe still stehen. Der Schmerz ist intensiv, konzentriert wie eine Laserklinge, die mich durchbohrt. Ich will dagegen ankämpfen, doch irgendetwas sagt nein. Etwas sagt mir, dass ich mich auf den Schmerz konzentrieren, ihn an mich nehmen und umlenken muss. Ihn zurückschicken.
Underwood schließt die Augen. Nur eine winzige Bewegung seiner Schultern, ein unwillkürliches Luftschnappen sagt mir, dass es funktioniert hat. Aber der Schuss lähmt ihn nicht vor Schmerzen, so wie Lance und die anderen. Nein, er heißt ihn willkommen, absorbiert ihn und lässt ihn seinen Körper und Geist durchdringen. Gleich darauf leckt er sich die Lippen und lächelt auf mich herab.
Sie haben ein paar ungewöhnliche Tricks drauf, wie?
Er schnippt mit den Fingern, und der Bann bricht. Er wendet sich Stephen und den anderen zu. Geht schon hinein. Der private Nebenraum ist für uns reserviert. Sagt Brian Bescheid, dass wir bereit sind.
Die fünf Vampire und ihre Wirtinnen nehmen alle im selben Augenblick ihre Unterhaltung wieder auf, als sei nichts geschehen. Sie treten durch die Tür und verschwinden im Restaurant, ohne irgendeine Reaktion auf die lähmenden Schmerzen von eben zu zeigen. Sogar Lance steht wieder ruhig neben mir, und sein Geist strahlt nur Sorge um mich aus. Die Ereignisse der letzten fünf Minuten sind wie ausgelöscht. Am liebsten würde ich ihn schütteln, ihn anschreien, ihn irgendwie aus dem Delirium reißen, in dem er sich verloren hat.
Underwood wendet sich an mich. Und was ist mit Ihnen, Anna Strong? Werden Sie bleiben?
Dass er meinen Namen kennt, überrascht mich nicht. Er kannte ihn schon vor Stephen, sogar vor Lance. Diese Kreatur in ihrem Dolce&Gabbana-Anzug und den Ferragamo-Schuhen hat es sich in meinem Kopf gemütlich gemacht. Wie können Sie das auch nur fragen? Sie kennen die Antwort doch schon.
Er schüttelt den Kopf, die Mundwinkel zu einem finsteren Ausdruck der Enttäuschung herabgezogen . Ich hatte auf mehr Abenteuerlust gehofft. Wie bedauerlich, dass Sie sich so leicht bedroht fühlen.
Bedroht? Am liebsten würde ich die Zähne in seinen Hals schlagen und ihn schütteln wie ein Wolf eine Klapperschlange. Nur Lances Gegenwart hält mich davon ab, Underwood anzugreifen. Ich weiß nicht, wie stark seine Kontrolle über Lance ist, was er ihm noch alles antun kann. Am besten verschwinden wir einfach.
Underwood winkt den Portier herbei. »Wären Sie so freundlich, Miss Strong ein Taxi zu rufen?«
Ich winke ab. »Das wird nicht nötig sein. Lance hat mich hergebracht, er wird mich auch nach Hause fahren.«
Wieder ein Kopfschütteln. »Ich fürchte, nein. Broderick und ich haben uns viel zu erzählen. Wenn Sie darauf bestehen, schon zu gehen, dann gehen Sie allein.« Ich blicke zu Lance auf. Er hat mich aus seinem Kopf ausgeschlossen. Mein Magen zieht sich zusammen bei dem Gedanken, dass er womöglich hierbleiben will. Als er meinem Blick begegnet, drückt seine Miene Resignation, aber keine Furcht aus. Was stimmt nicht mit ihm? Kann er denn nicht sehen,
Weitere Kostenlose Bücher