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Anna und Anna (German Edition)

Anna und Anna (German Edition)

Titel: Anna und Anna (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Inden
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auch seltener werden. Und du wirst merken, dass sie noch seltener werden können.
    Schönen Sommer noch.
    Guten Wind.
    Und so.
    Ich denke, ich schlage jetzt einen anderen Kurs ein.
     
    Anna
     

 

     
    Liebe Oma,
     
    gestern, als Mary-Lou und ich mit den Rädern zum Baden gefahren sind, haben wir den Leierkastenmann getroffen. Du weißt schon, aus unserer Theaterrevue. Natürlich ist er eigentlich gar kein Mann, sondern erst fünfzehn. Und natürlich hat er auch einen richtigen Namen: Er heißt Bengt-Oliver.
    Bei den Proben haben Bengt und ich hin und wieder mal miteinander gesprochen, allerdings nie besonders viel. Trotzdem lenkte Bengt sein Rad gestern sofort neben unsere, als er uns sah. Und am See hat er sein Handtuch neben meins gelegt.
    Wie wir da so in der Sonne saßen, hat er an meinem Ohrring gezupft, ganz vorsichtig, sodass es nicht wehgetan hat. Komisch hat es sich trotzdem angefühlt. Auch weil er erst mein Haar zur Seite streichen musste, um an mein Ohr zu kommen.
    Mary-Lou hat wissend gegrinst und hinterher zu mir gesagt: »Du, der findet dich gut.«
    Ich weiß nicht, woher sie das immer weiß, aber ich muss zugeben, ich denke, sie hat vielleicht recht.
    Und ich denke, das wäre gar nicht schlimm.
    Schwer verwundert,
    Anna
     

     
    Liebe Oma,
     
    weißt du was? Der Bengt kann singen! Aber wie!
    Wir singen ja fast alle, zumindest ein bisschen. Doch wenn Bengt singt und dazu seine Leierkastenkurbel dreht, kriegst du Gänsehaut, ehrlich. Ich zumindest kriege eine. Was sagst du dazu?
    Nach der Premiere nächsten Samstag wollen wir alle zusammen feiern. Da hat uns Mary-Lou drauf gebracht. Ich wollte, es wäre schon so weit, dann wäre unsere Vorstellung nämlich vorbei. Ich bin furchtbar aufgeregt, hätte gar nicht gedacht, dass ich zu Lampenfieber neige, ist aber wohl so.
    Ich muss ja auch singen und ich habe Angst, dass mir die Stimme versagt. Bengt meint, ich soll einfach so tun, als wäre ich völlig allein in der Aula – und nicht völlig allein auf der Bühne mit jeder Menge Schüler, Lehrer und Eltern vor mir, die mich anstarren. Wenn ich mir das vorstellte, würde es schon gehen.
    Im Notfall werde ich das versuchen. Aber vielleicht schaffe ich es, ganz zur knallharten Seeräuber-Jenny zu werden. Lampenfieber? Haha! Dem würde sie einfach ins Gesicht lachen.
    Wünsch mir Glück! Oder lieber nicht, das bringt nämlich Unglück, habe ich gelernt. Theaterleute sind abergläubisch, und weil ich jetzt auch ein Theatermensch bin, musst du mir Hals- und Beinbruch wünschen, das ist erlaubt.
    Mast- und Schotbruch ist, denke ich, auch okay.
     
    Lieben Gruß,
    auch an Henri,
    von der Seeräuber-Anna
     

     
    An Jan Berger.
     
    Weißt du was, Jan?
    Wenn ich dir noch schriebe, wenn ich überhaupt noch mit dir redete, würde ich spätestens jetzt damit aufhören.
    Und du würdest nicht wissen, warum! Ich würde es dir nämlich nicht verraten, genau wie du mir nie verraten hast, wieso wir plötzlich von den sich küssenden Jan und Anna auf die sich mehr oder weniger ignorierenden Jan und Anna zurückgefallen sind. Hab ich dir was getan? Oder hast du im letzten Winter etwa schon deine Cecilie gekannt?
    Ich habe Mama am Telefon von ihr reden hören. Von ihr und dir. Jawohl, gelauscht habe ich. Und jawohl, ich kenne das Sprichwort: Der Lauscher an der Wand hört seine eigene Schand. Es hat recht!
    Aber ich bin froh, dass ich jetzt von Cecilie weiß. Ich bin wirklich froh, dass ich Mama deinen Namen sagen hörte, als ich gestern Abend in meinen dicken Socken in die Küche geschlurft kam, gähnend, ins Licht blinzelnd und auf der Suche nach ein paar Schokoladenkeksen. Wie angewurzelt blieb ich stehen.
    Hatte meine Mutter gerade »Jan« gesagt?
    Hatte sie. Und sie tat es wieder.
    »Ich finde es ja durchaus gesund, dass Jan eine Freundin hat«, sagte meine Mutter zweifelnd. »Aber ich weiß wirklich nicht, ob ich es Anna sagen soll, Helen. Sie hängt so an deinem Sohn.«
    Hängen? Ich bin doch keine Uhr! Kein Bild, keine Kette. Nein, ein Blatt im Wind will ich sein, ein Boot in der Brandung des Lebens. Ich pflege nur vorübergehend vor Anker zu gehen. Mit der nächsten Flut segle ich wieder davon.
    Adieu! Ihr könnt mir alle mal gestohlen bleiben.
    Was ihr nur denkt von mir. Ein Seeräuber kennt keinen Schmerz, das Einbeinigsein ist für uns eine Art Lebensgefühl. Wir können auch ohne das Bein, wir Piraten. Ich kann auch ohne dich. Jan. Das wollte ich dir nur sagen.
    Denn auch wenn es wehtat zu hören, dass du

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