Anna und das Vermächtnis der Drachen (German Edition)
nicht zulassen. Ich will nicht wissen, wie es aussieht, wenn es die Oberwelt nicht mehr gibt! Sie muss zurück! Und zwar so blühend schön, wie sie früher war.“
„Das verstehe ich“, nickte er. „Du hast jeden Grund, dir Sorgen zu machen und verrückt zu spielen. Das ist keine einfache Situation, weder für dich noch für die Oberwelt, also eigentlich für alle hier.“ Er sah ihr direkt in die Augen und sagte, seine Stimme gelassen aber bestimmt: „Ich kann es mir nicht vorstellen, dass ich dir in der Hinsicht groß weiter helfen kann. Ich sehe keinen hinter mir, geschweige denn von den Vorfahren oder sonst noch jemanden. Ich weiß nicht, was das alles soll! Es muss ein Irrtum sein, eine Verwechslung, Wunschdenken, was auch immer.“
„Aber du hast dich doch erinnert! Du hast dich erinnert, dass du aus der Anderen Welt kommst! Auch an Alphira und die Grausame hast du dich erinnert! Alphira kam zu dir, um dich zu holen!“, deklamierte Anna. „Du hast auch selbst erzählt, dass du gewisse Dinge im Voraus sehen konntest und ja immer noch kannst. Das können normale Menschen in der Regel nicht! Oberweltler schon. Es war schon immer ganz normal für sie! Welche Beweise willst du denn noch?“
„Nun“, murmelte er, „ich weiß nicht, warum ich Alphira gesehen habe. Wir können jetzt nicht so genau wissen, warum sie damals zu mir kam, was oder wer sie dazu bewegt hatte.“
„Sie wollte dich holen! Weil du ein Drachenkind bist! Und die Oberwelt braucht Drachen. Schon damals war es überfällig!“
„Das ist eine Vermutung, mehr nicht“, winkte Ian ab. „Und Alphira kann uns jetzt leider nicht aufklären.“
Sie blickte ihn an, als wenn sie ein Gespenst gesehen hätte und flüsterte: „Du willst doch nicht etwa andeuten, dass Alphira es auf Geheiß der Grausamen tat!“ Ihre Hände ballten sich zu Fäusten.
„Das war jetzt dein Gedanke. Das hast du gesagt“, antwortete er ohne jede Regung.
„Aber du hast mich dazu gebracht!“ Ihre Stimme brach plötzlich in der Höhe ab.
„Das war nicht meine Absicht. So schräg denke ich nicht.“
Anna schloss die Augen und atmete tief durch. So verharrte sie eine Weile. Die roten Flecken auf ihren Wangen gingen etwas zurück. Sie blickte ihn dann etwas gefasster an. „Gut, selbst wenn nicht“, nickte sie. „Dann muss es dir doch klar sein, dass Alphira dich wieder in der Oberwelt haben wollte, um das Schlimmste zu vermeiden, um eben die Situation umzugehen, in der wir heute stecken! Sie wollte schon damals, dass du deinen richtigen Weg gehst. Sie wollte keine Zeit mehr verlieren!“
„Das sind alles Spekulationen. Das können wir jetzt nicht prüfen“, erwiderte Ian leise aber bestimmt.
„Aber du musst es doch selbst wissen! Du weißt doch, dass du ein Oberweltler bist, du warst doch als Kind hier zu Hause!“
Er seufzte. „Das weiß ich eben nicht. Mein Leben war mal ganz anders. Ich war aber damals klein. Kinder sehen die Welt mit anderen Augen, und sicher nicht so wie Erwachsene. Sie mögen gerne Abenteuer und magische Geschichten. Sie leben darin und gehen in ihren Fantasien auf. Sie sind dort die Helden, kämpfen mit dem Bösen und retten Prinzessinnen aus den hohen Türmen oder sonst noch etwas in der Art. So war ich damals auch.“ Ein Hauch von Traurigkeit zeichnete sich in seinem Lächeln ab. Er räusperte sich und fuhr fort: „Aber eines Tages ist es vorbei. Wie die Kindheit selbst. Es ist ein gewöhnlicher Lauf der Dinge, dass man daraus wächst und nicht mehr an Märchen glaubt. Man wird eines Tages erwachsen. So ist es nun mal. Und ich habe mit der Zeit all diesen Kram wie meine zu klein gewordenen Kinderklamotten abgelegt.“
„Aber du hast dich doch erinnert! Du wusstest doch wieder, wer du bist!“, rief sie, rote Flecken leuchteten auf ihren Wangen wieder auf.
„Dass ich mich an manche Sachen aus den Zeiten, als ich noch klein war, erinnern kann, beweist mir lange noch nicht, dass ich jemand sein soll, für den du mich hältst“, sagte Ian gelassen. „Das kann ich mir einfach nicht vorstellen. Ich als Drache? Wie schräg ist das denn?“
„Das gibt es doch gar nicht!“ Anna schlug die Hände über den Kopf. „Wie stur und blind muss man denn sein? Vor allem wozu? Und warum?“
„Weil ich daran nicht glaube. Und ich bin kein kleines Kind mehr, das mit dir in deinem Märchen ohne weiteres mitzuspielen bereit ist“, sagte er mit ernster Stimme.
„Das ist kein Märchen im Sinne von erfunden und nicht wahr! Es ist
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