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Anna und das Vermächtnis der Drachen (German Edition)

Anna und das Vermächtnis der Drachen (German Edition)

Titel: Anna und das Vermächtnis der Drachen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rina Bachmann
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alte Mann seufzte. „So etwas tut man eigentlich nicht.“
    „Das ist eine Ausnahme. Es geht ums Überleben der ganzen Anderen Welt, ja von uns allen! Ich übernehme die Verantwortung dafür.“
    „Wie du meinst“, seufzte er. „Ich hoffe, ihr könnt es vertragen, was ihr gleich zu sehen bekommt. Gute Nerven wären da recht hilfreich.“
    Anna und Ian starrten erwartungsvoll den dünnen Mann an.
    „Sie glaubt, ihre Vergangenheit begraben zu haben“, sagte er leise. „Ihre Erinnerungen aber sind lebendiger denn je.“
    Die schwere eiserne Tür ging quietschend auf und die beiden spähten hinein.
    Ein hagerer Mann mittleren Alters mit einem zotteligen Bart, ungewaschenem Haar, grauem Gesicht und müden, von dunklen Ringen untermalten Augen saß auf einem Metallstuhl in einem engen Raum mit kahlen Betonwänden. Das kleine Fenster mit einem massiven Gitter, das hoch oben nahe der niedrigen Decke angebracht war, ließ kaum Tageslicht hinein. In der hinteren rechten Ecke schimmerte eine schmale Pritsche mit einer dünnen Matratze und verwaschenem Bettlacken. Ihr gegenüber war eine Kloschüssel angebracht, die irgendwann mal weiß gewesen sein musste.
    Der Mann lehnte sich mit dem rechten Ellbogen auf eine dünne, aus Holzspänen gepresste Tischplatte und blickte auf, als die Tür aufging. Er lächelte, als ob er auf die beiden gewartet hätte, nahm einen Schluck aus einem verbeulten Aluminiumbecher und sagte: „Ich arbeitete hier früher als Wächter. Es ist ein Stadtgefängnis, wo die Ganoven und Verbrecher aus der ganzen Umgebung vor und nach ihrer Verurteilung einquartiert werden. Jetzt sitze ich selbst hier.“ Er lächelte traurig, seine Mundwinkel zogen sich nach unten. „Ich bin kein Verbrecher“, fuhr er leise fort. „Ich hatte bloß Mitleid mit der Kleinen. Ich wollte nicht, dass sie so leidet. Und das ist daraus geworden.“

Kapitel 43. Greda.
    „Ich habe sie zum ersten Mal am Stadtbrunnen gesehen. Die Kleine war plötzlich da, von einem Tag auf den anderen. Sie ging auch nachts dort nicht weg und schlief auf ein paar zusammengesuchten Fetzen an der Wand vom Brunnenbecken. Diese Wand war wie ein Ofen. Am Tage wurde sie von morgens bis abends von der Sonne beschienen, nachts behielt sie lange die Wärme. Die Kleine schien es zu schätzen. Sie blieb dort. Morgens, kaum dass es hell wurde, wusch sie das Gesicht und Hände, genug Wasser hatte sie ja da, dann setzte sie sich mit dem Rücken an die Wand und blieb so, mit einem leeren Blick ins nirgendwo gerichtet. Abends suchte sie sich etwas zum Essen und kehrte an die Stelle zurück.
    Mittwochs und samstags gab es Markt auf dem Platz. Bei den Händlern blieb meist etwas von Obst und Gemüse über, manchmal sogar etwas von der Fleischtheke. Die Reste wurden üblicherweise auf den Müllhaufen am Rande des Marktplatzes geworfen. Es gab mal ein Stück Brot, mal ein Reststück von einer Wurst. Sie durfte es von dort holen, keiner sagte etwas dagegen. Sie ging hin und suchte sich dort etwas Essbares aus. Das war schon eine traurige Nummer. Ein kleines schmächtiges Mädchen in dreckigen Lumpen wühlte auf dem Müllhaufen herum, um das Abendessen zusammen zu bekommen. Mir tat es in der Seele weh.
    Niemand sprach mit der Kleinen. Sie sagte auch nie ein Wort. Die Leute mochten sie nicht. Sie strahlte etwas Unheimliches aus, keiner wusste so genau was. Die Klatschweiber tuschelten, sie umgäbe etwas Böses, eine dunkle Vorahnung von Dingen, die keiner in seinem Leben haben wollte: Pech, Unheil oder etwas noch Schlimmeres.
    Von dem Tag an, als sie in der Stadt zum ersten Mal gesehen wurde, passierten seltsame Dinge. Das Wasser im Brunnen fing an, seinen Stand zu verändern. An einem Morgen war es randvoll, sodass man dachte, das quillt gleich über und überflutet den Platz. Das gab es mal, aber lange bevor die Kleine in der Stadt auftauchte, da hatte es tagelang stark geregnet und die Keller von den umliegenden Häusern waren vollgelaufen.
    An einem anderen Morgen war der Brunnen leer. Das war nicht lustig. Das Wasser war sonst meistens da und genug für alle. Dann am Morgen danach wurde er wieder voll bis zum Geht-nicht-mehr. So wechselte es ein paar Mal hintereinander.
    Die Stadtbewohner schlugen Alarm, als der Pegel wieder mal niedrig stand. Jede Menge Gerüchte machten ihre Runden in der Stadt und das Hartnäckigste: Die Kleine wäre eine Hexe und wollte, dass die Stadt ohne Wasser blieb. Zu ihrem Pech dauerte die Hitze in diesem Sommer länger als üblich

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