Anna und das Vermächtnis der Drachen (German Edition)
Hüfte und brannte erbärmlich auf ihrer Haut, die Würmer bohrten sich beharrlich in ihr Fleisch. Sie hatte das Gefühl, sie fraßen sich bis zu den Knochen durch. Jeder noch so kleine Fleck an ihrem Körper tat ihr höllisch weh. Der Geruch raubte ihr die letzte Kraft. Sie wusste nicht, was sie mehr aus der Fassung brachte: der Schlamm, die Würmer, die schlechte Luft oder die Worte der kleinen Frau im üppig verzierten Kleid, die vor ihr auf dem Thron saß und selbstzufrieden ihre Pläne schmiedete. Anna bemühte sich, ihre Qualen sich nicht anmerken zu lassen.
„Das ist völlig umsonst, was du mir vorzugaukeln versuchst. Ich sehe so oder so, dass du leidest. Und ich sage dir, du kannst deine Exekution beenden. Mein Angebot steht. Dein Schicksal liegt in deiner eigenen Hand. Übrigens, ich habe eine Wundersalbe. Sie heilt alle deine Verletzungen, und zwar sofort.“
Die junge Frau bewegte ihren Kopf von links nach rechts. Vergiss es .
Die Herrscherin verzog abschätzig den Mund. „Nun, wenn du so dämlich bist, kann ich es auch nicht mehr ändern. Ich lass dich langsam sterben und gucke zu, wie die Würmer dich langsam, beim lebendigen Leib auffressen. Den Tod wirst du aber durch Erstickung finden. Das habe ich so beschlossen.“
Der Schlamm zog sich auf einmal bis zur Taille. Die Haut brannte noch heftiger. Anna gab sich Mühe, sich auf den Stein in ihrem Mund zu konzentrieren, denn sie hatte den Eindruck, dass das Bewusstsein ihr gleich entgleitet.
Plötzlich rannte die kleine Frau die Treppe hoch, die schräg an die Seite des Glaszylinders angelehnt war, streckte die Hand aus und befahl: „Her damit!“
Die junge Frau sah zu ihr hoch und bewegte ihren Kopf von links nach rechts. Das ist kein Kraftstein .
„Es ist mir gerade egal!“, brüllte sie. „Er gibt dir Ablenkung von deinen Qualen. Und das soll es nicht sein. Her damit! Und ja keine Dummheiten! Du bist in jedem Sinne des Wortes nicht in der Lage, dir etwas in die Richtung zu erlauben. Ich kenne sonst ganz andere Methoden! Das kannst du mir glauben.“
Diese Frau genießt ihre Macht in allen Zügen. Anna blickte ihr direkt in die schwarzen, hasserfüllten Augen und schüttelte erneut den Kopf.
Dann riss die Herrscherin Annas Lippen auf, steckte die harten, spitzen Fingernägel zwischen ihre zusammengebissenen Zähne, zog sie mit ihren kleinen, kräftigen Fingern auseinander und schnappte den Stein. „Wunderbar!“, frohlockte sie und legte ihn auf die Handfläche. „Noch so ein Prachtstück in meiner Sammlung! So einen im tiefen Purpurrot und im Kern fast schwarz habe ich noch nie gesehen.“ Sie schloss die knochigen Finger um ihre Beute. „Ich habe zwar bereits unzählige Exemplare von farbigen Edelsteinen, aber dieser ist doch etwas Besonderes. Kraft seiner Seltenheit ist er bestimmt ein Vermögen wert.“ Sie stolzierte von der Treppe herunter und nahm ihren Platz auf dem Thron wieder.
Anna spuckte beherzt ihr hinterher.
Der Schlamm stieg mittlerweile höher und reichte ihr bis zu den Achseln. Es brannte auf jedem kleinen Fleck ihres Körpers und ihr wurde übel vor Schmerzen.
„Von hier aus wird er langsamer steigen“, verkündete die Herrscherin. „Du sollst deine Hinrichtung in vollen Zügen genießen!“ Und sie lachte vergnügt auf.
Ich schaffe es, egal was du anstellst. Ich weiß es.
Kapitel 46. Der silberne Drache.
Auf dem Hohen Berg rollte frischer Wind über die kahle Kuppe. Unzählige Sterne im klaren, endlosen Himmel blinzelten fragend auf Ian herunter. Er stand neben dem großen, flachen Stein, der die höchste Stelle kennzeichnete, lauschte dem Zirpen der Zikaden, sah angestrengt in die Dunkelheit um sich herum und rieb die alte Münze mit dem fliegenden Drachen zwischen seinen Fingern.
Auf einmal musste er an Anna denken. Ein Seufzer entwich ihm. Es war schön, neben ihr hier unter dem hohen Sternenhimmel zu sitzen und auf die Lichter im Tal zu gucken. Was treibt sie jetzt? Ich hoffe, sie hat es sich gemütlich in Alphiras Sessel gemacht und trinkt eine schöne Tasse Tee. Ian versuchte, ihre Gedanken aufzunehmen und sah sie plötzlich auf einem weitläufigen Platz, voll mit Untoten und anderen merkwürdigen Gestalten, die aus den riesigen Fässern etwas abfüllten, tranken und sich hier und dort prügelten. Manche lagen auf den Pflastersteinen und schnarchten. Die junge Frau stand in einem dickwandigen Glaszylinder, der kurz über ihrem Kopf endete. Bis zur Brust im Schlamm, mit hinter dem Rücken an einen
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